Mari Lang
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„Ganz persönlich“

Mari Lang dreht „Männern den Spieß um“

Gleichberechtigung ist ein Herzensthema von ORF-Sportmoderatorin Mari Lang. In ihrem Podcast „Frauenfragen“ konfrontiert sie prominente Männer mit Fragen, die sonst nur Frauen gestellt werden. Ein Interview über Bügeln, Feminismus und den Frauentag.

Mari Lang ist Journalistin, Autorin, TV-Moderatorin und Mutter von zwei Töchtern. Nach ihren Anfängen im ORF-Radio bei Ö1 und FM4 ist sie seit 2015 Gastgeberin der aktuellen Sportberichterstattung im ORF-Fernsehen. Vor zwei Jahren startete Lang in Eigenregie als glühende Feministin ihren Podcast “Frauenfragen. Männer antworten". Dafür lädt sie bekannte Männer zu einem Gespräch und spricht mit ihnen über Themen, die normalerweise mit Frauen besprochen werden. Aus diesen Interviews wurde auch die Idee zu einem Buch geboren, das vergangenen Herbst veröffentlich wurde. Der Podcast wurde 2021 zum besten feministischen Podcast Österreichs gewählt.

Mari Lang ist gebürtige Burgenländerin und wuchs in Bruck an der Leitha auf, wo sie auch maturierte. Heute lebt sie mit ihrem Ehemann und ihren zwei Kindern in Wien. Dass sie – wie viele Frauen – nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefragt wird, ärgert sie. Im Interview mit noe.ORF.at erklärt sie, warum und was ihr Podcast daran verändern soll.

noe.ORF.at: Finden Sie es gut, wenn man Sie als Feministin bezeichnet?

Mari Lang: Total! Ich bin Feministin und ich bekenne mich auch dazu. Ich finde, jede Frau sollte eigentlich von sich mit Stolz sagen können: „Ich bin Feministin."

noe.ORF.at: Wie sind Sie auf die Idee Ihres Podcasts gekommen, Männern typische Fragenbeispielsweise zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder zu Mode zu stellen?

Lang: Das war eigentlich aus einer Notsituation heraus: Als die Pandemie losgegangen ist, wurde ich ein halbes Jahr in Kurzarbeit geschickt. Das war schwierig für mich, weil ich gern arbeite. Außerdem meinte mein Chef, ich könne mich dann den Kindern widmen. Da haben dann bei mir die Alarmglocken zu schrillen begonnen und sind sehr laut geworden. Nach acht Jahren Mutterschaft habe ich das da zum ersten Mal gespürt.

Diese ganz Kinderthematik wird einfach den Frauen umgehängt und ab dann war ich vor allem Mutter und nebenbei halt auch noch berufstätig und auch Journalistin. Mein Mann hingegen wurde nie gefragt, wie er Kinder und Beruf unter einen Hut bekommt. So kam dann eines zum anderen und ich begann zu recherchieren und bin daraufgekommen, dass Frauen in Interviews auch immer wieder so typische Frauenfragen gestellt werden. Und ich habe den Spieß dann einfach umgedreht.

noe.ORF.at: Wie haben die Männer reagiert?

Lang: Männer empfinden das überhaupt nicht als problematisch, wenn man sie auf ihr Äußeres reduziert. Ich bin ja dann sehr weit gegangen und habe versucht, das Ganze zu überhöhen oder zu überspitzen und habe dann auch peinliche Komplimente gemacht, wie „Wow, die Ohrringe stehen Ihnen aber gut.“ Männer haben das auch als erfrischend empfunden, weil sie ja sonst nicht darauf reduziert werden.

Die Frage, die mir sehr wichtig ist, war die mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist tatsächlich etwas, wonach Männer nicht gefragt werden – egal in welcher Situation. Egal ob Politiker oder Manager: Sie können fünf Kinder haben und niemand wundert sich, wie sich das denn ausgehen kann. Sobald eine Frau in eine Spitzenposition kommt, wird sie das sofort und immer gefragt.

noe.ORF.at: Haben Sie auch Absagen bekommen?

Lang: Ja, aber kaum. Ich habe allerdings gemerkt, dass vor allem Männer aus dem Wirtschaftsbereich und Manager, die sich nach außen sehr über ihre Funktion definieren, nicht über private Dinge reden wollen. Aber natürlich sind das sehr private Fragen und wir wissen, dass das Private politisch ist. Die eine oder andere Absage war jedenfalls dabei. Andreas Gabalier zum Beispiel wollte nicht kommen.

noe.ORF.at: Aus Ihrem Podcast ist ja auch ein Buch entstanden.

Lang: Die Thematik war mir wahnsinnig wichtig. Ich musste das unbedingt schreiben, weil ich mit dem Podcast und dem Zuspruch, den ich bekommen habe, und mit dem ich nicht gerechnet hatte, bemerkt habe, dass das ein Thema ist, das unter der Oberfläche brodelt. Es betrifft so wahnsinnig viele Menschen. Ich habe es als Auftrag gesehen, um weiterzumachen. Aber natürlich war es eine Herausforderung, in drei Monaten ein 200-seitiges Buch zu schreiben.

Mari Lang im Sportstudio
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Bekannt ist Mari Lang aus Radio und Fernsehen. Seit fast sieben Jahren moderiert sie aktuelle ORF-Sportsendungen

noe.ORF.at: Sie sind beim ORF Sportmoderatorin. Ist die Sportredaktion eher männerdominiert? Nehmen Sie das so wahr?

Lang: Das war sicher sehr lange so. Aber zu dem Zeitpunkt, als ich vor sechs bis sieben Jahren dazugestoßen bin, gab es einen großen Umbruch. Es gab vor allem in der Chefetage das Bewusstsein, dass es Bereiche im Journalismus gibt, die Frauen vorenthalten sind. Daraus entstand eine Offensive, vermehrt Frauen in wichtige Positionen zu bringen, was viel verändert hat. Vor allem merke ich, dass es jüngere Frauen motiviert, auch Teil dieses Berufsfeldes sein zu wollen. Sehr viel funktioniert über Vorbilder.

noe.ORF.at: Machen Sie selbst gern Sport?

Lang: Ja, sehr gerne! Ich gehe gerne Laufen, ich mache gerne Yoga und gehe gerne Mountainbiken. Was ich hasse – da werde ich mich jetzt bei vielen unbeliebt machen, weil man das in Österreich lieben muss – ist Skifahren und Wintersport allgemein.

noe.ORF.at: Haben Sie in Ihrem Berufsleben schon einmal diskriminierende Sprüche zu hören bekommen?

Lang: Ja, natürlich!

noe.ORF.at: Halten Sie das bei Frauen für alltäglich?

Lang: Ja! Problematisch ist ja, dass diese Sprüche lustig gemeint sind. Wenn man sich dann beschwert, ist man diejenige, die keinen Spaß versteht und unlocker ist.

noe.ORF.at: Wie sind Sie zum Journalismus gekommen?

Lang: Ganz klassisch: Ich glaube, es liegt in meinem Naturell, dass ich den Dingen auf den Grund gehen will. Ich bin neugierig und will die Welt ergründen. Ich finde, dass es auch das ist, was man als Journalist oder Journalistin mitbringen sollte. Ich habe dann Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert, weil es noch keine Fachhochschulen gab und über diverse Praktika bin ich dann in den Journalismus hineingeraten und habe beim ORF begonnen – und bin geblieben.

Mari Lang im Interview mit Eva Steinkellner-Klein
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Mari Lang (li.) zufolge habe die Pandemie aufgezeigt, dass Pflege- und Familienarbeit aufgewertet werden müsse

noe.ORF.at: Sie sind in Bruck an der Leitha aufgewachsen. Wollten Sie schon als Kind die Welt ergründen?

Lang: Ja, ich glaube, das hat auch mit meiner Biographie zu tun. Meine Mutter ist in Budapest geboren und ich war als Kind sehr viel bei meinen Großeltern in Ungarn. Daher war es für mich immer so klar, dass die Welt nicht nur Bruck an der Leitha ist, sondern viel größer und dass es da noch so viele spannende Dinge zu erleben gibt, vor allem auch kulturell, die ich noch ergründen möchte.

noe.ORF.at: Kürzlich war internationaler Frauentag. Glauben Sie, dass man diesen Tag noch braucht?

Lang: Ja, unbedingt! Ich finde ja auch, dass die Pandemie gezeigt hat, wie schnell es gehen kann, dass Errungenschaften, die für uns Frauen mittlerweile eine Selbstverständlichkeit sind, zu bröckeln beginnen. Da hat man gesehen, dass alles, was mit Pflegearbeit oder mit Familienarbeit zu tun hat, selbstverständlich den Frauen umgehängt wird und auch von ihnen erwartet wird. Mit meinem Podcast will ich erreichen, dass diese Arbeit aufgewertet wird. Man muss weggehen von der Forderung, dass Frauen in erster Linie erwerbstätig sein sollen. Es ist zwar wahnsinnig wichtig, finanziell eigenständig zu sein, aber es geht auch darum, Care-Arbeit aufzuwerten. In der Pandemie haben wir alle gesehen, wie wichtig diese Arbeit ist.

noe.ORF.at: Sie haben zwei Kinder, Sie sind verheiratet. Wie läuft es denn bei Ihnen in puncto Gleichberechtigung?

Lang: Da ist natürlich eine klassische Frauenfrage, die aber aufgelegt ist. Ja, es ist nicht einfach. Jede und jeder, der oder die sagt, das ist kein Problem, lügt. Es ist ein ständiger Spagat, ein ständiges Nachjustieren. Am wichtigsten ist, dass man im Gespräch bleibt. Als ich die Kinder bekommen habe, war ich ein Jahr in Karenz und da war es total klassisch. Ich war da wirklich in einer Situation, in der ich mir immer gedacht habe, dass das mir nie passieren wird. Plötzlich war ich für Kind und Haushalt verantwortlich, plötzlich sitzt man in zwei unterschiedlichen Welten und versteht nicht mehr, wie es sein kann, dass der Partner nach Hause kommt und sagt, er sei müde, und ich habe gekocht und will dass er die Küche aufräumt. Jetzt haben wir das gut hingekriegt. Nur muss ich dazusagen, dass ich dieses Beharren auf 50:50 schwierig finde. Ich hasse zum Beispiel Bügeln. Wenn mein Mann das gerne macht, dann soll er doch bitte Bügeln. Man muss also nicht alles aufteilen.

noe.ORF.at: Sie haben zwei Töchter. Was wollen Sie Ihren Kindern unbedingt mitgeben?

Lang: Am wichtigsten ist mir, dass sie verstehen und bewusst mitbekommen, dass man okay ist, so wie man ist. Wenn man die Entwicklungen in der Welt anschaut, in der momentan viele Machtverhältnisse schieflaufen, glaube ich aus meiner Nähkästchenphilosophie heraus, dass sehr viel damit zu tun hat, dass das alles Kinder sind, die irgendwann das Gefühl bekommen haben, dass sie nicht in Ordnung sind, so wie sie sind und jetzt einen Weg suchen, endlich zu diesem Gefühl zu kommen, dass sie jemand sind. Mir ist also wichtig, dass sich die Mädchen angenommen und geliebt fühlen und dass sie niemals das Gefühl haben, aufgrund ihres Geschlechts irgendetwas nicht machen zu können. Das wäre mein Wunsch.