Schloss Marchegg
Rupert Pessl
Rupert Pessl
Kultur

Landesausstellung zeigt „Marchfeld Geheimnisse“

Ab Samstag ist die Niederösterreichische Landesausstellung 2022 im Schloss Marchegg (Bezirk Gänserndorf) zu sehen. Unter dem Titel „Marchfeld Geheimnisse“ sollen Interessierte zu einer Neuentdeckung der Region eingeladen werden, so die Veranstalter.

Kornkammer oder unfruchtbare Steppe? Naturraum oder Kulturland? Storchenparadies oder Erdölfeld? Das Marchfeld scheint voller Gegensätze zu sein. Auf den ersten Blick erscheint die Region zwischen Wien und Bratislava vielen Menschen vertraut zu sein, doch sie birgt so manche Geheimnisse.

„Einzigartige archäologische Funde und kulturgeschichtliche sowie naturkundliche Ausstellungsobjekte machen eine Region erlebbar, die den Menschen genauso prägt wie der Mensch die Natur“, heißt es auf der Website der Niederösterreichischen Landesausstellung. Bereits vor 30.000 Jahren hinterließen Menschen erste Spuren im Marchfeld.

Heute ist diese Region sowohl eine intensiv genützte Kulturfläche als auch ein geschützter Lebensraum für eine vielfältige, bunte Pflanzen- und Tierwelt. Aber auch wichtige Kulturdenkmäler sind Teil der Region zwischen den Metropolen Wien und Bratislava. „Genug Gründe, die Geheimnisse des Marchfelds neu zu entdecken!“

Schau über ein neues Verhältnis von Mensch und Natur

Die besondere Lage des Marchfelds "wirkte sich nicht zuletzt auf die historische Bedeutung dieser Landschaft aus: Ab der Völkerwanderungszeit trafen hier großräumige Siedlungs- und Herrschaftsbereiche aufeinander, die um die Vormachtstellung ‚ritterten‘: Im Jahr 1278 begann mit dem Sieg König Rudolfs I. von Habsburg in der Schlacht bei Dürnkrut und Jedenspeigen gegen den böhmischen König Premysl Ottokar II. die knapp 640 Jahre dauernde Herrschaft der Habsburger in Österreich.

Sie endete im März 1919 nur 45 Kilometer entfernt am Bahnhof in Kopfstetten mit der Abfahrt des letzten Kaisers Karl I. ins Schweizer Exil", schreibt Armin Laussegger, der Wissenschaftliche Leiter der Landesausstellung, im Katalog zur Ausstellung. Gemeinsam mit Laussegger kuratierten Abelina Bischof und Ronald Lintner die Landesausstellung.

Marchfeld
Rupert Pessl
Das Marchfeld wurde oft und wird noch immer als die „Kornkammer Österreichs“ und der „Gemüsegarten Wiens“ bezeichnet. Aber wie positioniert sich diese Region zwischen den Metropolen Wien und Bratislava wirklich?

Die Niederösterreichische Landesausstellung 2022 sei von hoher Aktualität und biete anhand sorgfältig ausgewählter Objekte, wissenschaftlich fundierter Erzählungen, einer stimmungsvollen Gestaltung und einer engagierten Kulturvermittlung die Möglichkeit, Neues kennenzulernen und in vielfältige Beziehungen zueinander zu stellen, so Laussegger.

Heute machen es ein hoher Lebensraum- und Artenschwund, zunehmender Ressourcenverbrauch sowie ein spürbarer Klimawandel notwendig, das künftige Verhältnis von Mensch und Natur neu zu verhandeln. „Wissenschaft und Forschung können dies unterstützen: Eine historische Rückschau kann Ereignisse und Entwicklungen nicht ungeschehen machen, aber dabei helfen, Zusammenhänge aufzuzeigen und zu verstehen, welche langfristigen Folgen menschliche Eingriffe in Naturräume haben. Zwischen den beiden Extremen ‚weiter wie bisher‘ und einem radikalen Wandel unserer Gewohnheiten gibt es viele Möglichkeiten, als Gesellschaft einen gemeinsamen Weg in die Zukunft zu finden.“

Ziel ist ein „spannender Streifzug durch die Geschichte“

Einst als Teil der Stadtbefestigung Marcheggs durch König Ottokar II. von Böhmen (1232 – 1278) errichtet, wurde das Schloss Marchegg für die Niederösterreichische Landesausstellung renoviert und barrierefrei erschlossen. „So bietet es der ganzen Familie perfekte Voraussetzungen für einen spannenden Streifzug durch die Geschichte.“ Es führt von der Sesshaftwerdung des Menschen bis in die Gegenwart und gibt spannende Ausblicke auf eine mögliche Zukunft dieses Landstrichs und seiner Naturräume.

Fotostrecke mit 16 Bildern

Landwirtschaftlicher (Kulturtechnischer) Wasserbau
Landessammlungen NÖ
Be- und Entwässerung spielten in der Landwirtschaft im Marchfeld immer eine große Rolle – dieses Bild aus dem Jahr 1932 trägt den Titel „Landwirtschaftlicher (Kulturtechnischer) Wasserbau“
Bohrturm bei Guerthal
Landessammlungen NÖ
Auch die Erdölgewinnung hatte in der Region einen hohen Stellenwert
Herbst, Öl auf Leinen von Carl Rudolf Huber 1890
Landessammlungen NÖ
Herbst, Carl Rudolf Huber, Öl auf Leinen, 1890
Kultivierte Weintraubenkerne
Landessammlungen NÖ
Kultivierte Weintraubenkerne
Trabharnisch: Rüstung des Andreas Teufel, Freiherr von Guntersdorf und auf Bockfl
Kunsthistorisches Museum Wien, Hofjagd- und Rüstkammer/KHM Museumsverband
Ein Trabharnisch, Teil der Rüstung des Andreas Teufel, Freiherr von Guntersdorf und auf Bockfließ
Vogelschnepper, Leichte Armbrust um 1600
Land Niederösterreich/Landessammlungen NÖ
Vogelschnepper (leichte Armbrust), um 1600
Römischer Reisewagen, Modell im Maßstab M 1:8
Landessammlungen NÖ
Römischer Reisewagen, Modell im Maßstab 1:8
Mahrenbergschrein, Sarg Seifrieds von Mahrenberg
UMJ/Museum für Geschichte/Kulturgeschichte/Universalmuseum Joanneum/N.Lackner
Mahrenbergschrein, Sarg Seifrieds von Mahrenberg
Luchs
Landessammlungen NÖ
Luchs
Modell eines Urzeitkrebses
Land Niederösterreich/Landessammlungen NÖ, Foto: Klaus Leitl
Modell eines Urzeitkrebses
Geweihhammer
Landessammlungen NÖ/Foto: Felix Ostmann, ÖAI/ÖAW
Geweihhammer
Zikadenfibel aus Silber
Land Niederösterreich/Landessammlungen NÖ
Zikadenfibel aus Silber
Schloss Marchegg
Rupert Pessl
Schloss Marchegg ist der Schauplatz der Niederösterreichischen Landesausstellung 2022
Schloss Marchegg
Rupert Pessl
Pferde im Marchfeld
Rupert Pessl
Sujet Landesausstellung Marchfeld Geheimnisse
NÖ Landesausstellung 2022/Grafik: Kratkys.net, Illustrationen: Bernd Ertl
„Geheimnis Marchfeld“ kann von 26. März bis 13. November 2022 besucht werden

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die enge Beziehung zwischen Mensch und Natur im Laufe der Geschichte, insbesondere die Verwandlung des Naturraumes Marchfeld in eine Kulturlandschaft. Die Bewirtschaftung der Region durch den Menschen wird genauso greifbar wie das Zeitalter des Barock, der industriellen Revolution oder der Energiewende.

Ausstellungshinweis

Niederösterreichische Landesausstellung „Marchfeld Geheimnisse“, von 26. März bis 13. November 2022, Schloss Marchegg, täglich von 9.00 bis 18.00 Uhr. Zur Ausstellung ist ein Katalog (428 Seiten, 29 Euro) erschienen.

Überall im Marchfeld finden sich Spuren der langen Historie dieses Landstrichs, daher rückt dessen Geschichte in den Fokus der Ausstellung: von bedeutsamen Schlachten über die erste dampfbetriebene Eisenbahn Österreichs bis zum Aufstieg und Fall der Habsburger.

Auch die Natur soll entdeckt werden

Rund um das Schloss geht das Entdecken weiter. Die „Storchenstadt“ Marchegg beherbergt die größte, auf Bäumen brütende Weißstorch-Kolonie Mitteleuropas. Die Störche machen es sich in den alten Baumbeständen des vom WWF bewirtschafteten Naturreservats March-Auen gemütlich.

Die umliegende Aulandschaft führt mitten in den Lebensraum von Biber, Eisvogel und Rotbauchunke – mit etwas Glück begegnet man hier auch einer Herde wildlebender Konik-Pferde. Diese urtümliche und robuste Pferderasse lebt ganzjährig im Auenreservat und ist perfekt an das Leben in der Natur angepasst. Rundwege führen zu den „steinernen Zeugen der Vergangenheit“ an der Stadtmauer vorbei zur Kirche, zum historischen Ungartor und wieder zurück zum Schloss.

Niederösterreichische Landesausstellung 2022 im Schloss Marchegg
Rupert Pessl
Die Landesausstellungen sollen kontinuierlich einen Scheinwerfer auf die Kultur, die Geschichte und die Regionen des Landes richten und einem breiten Publikum die vielen Schätze aus diesen Bereichen näherbringen, so die Veranstalter

Neun Themenbereiche führen durch die Ausstellung

Die Niederösterreichische Landesausstellung 2022 „Marchfeld Geheimnisse“ im Schloss Marchegg ist in neun Themenbereiche bzw. Schwerpunkte gegliedert. Das Verhältnis von Mensch und Natur steht im Mittelpunkt, finde man hier doch neben intensiv genützten Kulturflächen auch bedeutende und geschützte Lebensräume für eine vielfältige Pflanzen- und Tierwelt sowie wichtige Kulturdenkmäler auf engstem Raum, so die Veranstalter.

Kräfte der Natur. Anhand verschiedener Exponate werden die Entstehung des Marchfelds und dessen geologische Besonderheiten nachgezeichnet. Die Landschaft des Marchfelds glich bereits sehr früh einem vielfältigen Mosaik. Aufgelockerte Wälder wechselten sich mit offenen, nicht bewaldeten Flächen, Sümpfen und Salzsteppen ab. Aber auch die tierischen Bewohner des Marchfelds hatten einen großen Einfluss auf die Entwicklung dieser Landschaft.

Fotostrecke mit 15 Bildern

Niederösterreichische Landesausstellung 2022 im Schloss Marchegg
Rupert Pessl
Ein erster kurzer Rundgang durch die Niederösterreichische Landesausstellung
Niederösterreichische Landesausstellung 2022 im Schloss Marchegg
Rupert Pessl
Niederösterreichische Landesausstellung 2022 im Schloss Marchegg
Rupert Pessl
Niederösterreichische Landesausstellung 2022 im Schloss Marchegg
Rupert Pessl
Niederösterreichische Landesausstellung 2022 im Schloss Marchegg
Rupert Pessl
Niederösterreichische Landesausstellung 2022 im Schloss Marchegg
Rupert Pessl
Niederösterreichische Landesausstellung 2022 im Schloss Marchegg
Rupert Pessl
Niederösterreichische Landesausstellung 2022 im Schloss Marchegg
Rupert Pessl
Niederösterreichische Landesausstellung 2022 im Schloss Marchegg
Rupert Pessl
Niederösterreichische Landesausstellung 2022 im Schloss Marchegg
Rupert Pessl
Niederösterreichische Landesausstellung 2022 im Schloss Marchegg
Rupert Pessl
Niederösterreichische Landesausstellung 2022 im Schloss Marchegg
Rupert Pessl
Niederösterreichische Landesausstellung 2022 im Schloss Marchegg
Rupert Pessl
Niederösterreichische Landesausstellung 2022 im Schloss Marchegg
Rupert Pessl
Niederösterreichische Landesausstellung 2022 im Schloss Marchegg
Rupert Pessl

Erste Spuren in der Landschaft. Vor etwa 7.500 Jahren ließen sich die ersten Ackerbauern und Viehzüchter nieder. Die Sesshaftwerdung markierte einen der bedeutendsten Umbrüche im Verhältnis von Mensch und Natur. Die Bewohner verwandelten die Natur- in eine Kulturlandschaft, kultivierten Getreidesorten wie Emmer, Einkorn oder Nacktweizen, bauten Linsen sowie Schlafmohn an und domestizierten erste Wildtiere.

Am Schnittpunkt von March & Donau. Die Flüsse Donau und March umfließen das Marchfeld südlich und östlich. Südlich von Marchegg, vor der Hainburger Pforte, treffen beide zusammen. Die Flusslandschaften weisen für Mitteleuropa einzigartige Lebensräume mit einer enorm vielfältigen Pflanzen- und Tierwelt auf. Erste Siedler machten sich dies zunutze und gebrauchten die Flüsse als Nahrungsquelle, als natürliche Barriere und praktischen Transportweg.

Aufschwung und Niedergang einer Kulturlandschaft. Ab 976 begann sich der Landstrich zu stabilisieren und immer mehr Menschen, die Fläche für Siedlungen, Felder und Weiden benötigten, siedelten sich an. Bis ins Jahr 1300 wurden rund 100 Siedlungen gegründet. Der Bauboom, die intensive Waldnutzung und damit der Rückgang der Vegetation hatten weitreichende Folgen für Mensch und Natur.

Niederösterreichische Landesausstellung 2022 im Schloss Marchegg
Rupert Pessl
Auerochsen, Wildpferde und Elche schufen nach der letzten großen Eiszeit vor 12.000 Jahren durch ihren gesunden Appetit offene Weidelandschaften. Das bedeutete Lebensraum für weitere Tiere wie Wölfe, Luchse und Bären – und damit Jagdbeute für die ersten Menschen.

Vom Schlachtfeld … zur höfischen Spielwiese. Für die Habsburger spielte das Marchfeld eine entscheidende Rolle. Hier begann ihr Einfluss – und hier endete er auch. Während seiner 640 Jahre dauernden Herrschaft erbaute das Adelshaus viele repräsentative (Jagd-)Schlösser und herrschaftliche Sommerresidenzen mit opulenten Gartenanlagen.

Neue Formen der Energiegewinnung. Mit dem Beginn der Industriellen Revolution startete die Regulierung der Flüsse und deren Ausbau als Wasserstraßen für die großen Dampfschiffe der 1830er-Jahre. Die Industrialisierung begann im Marchfeld mit der Eröffnung der Kaiser Ferdinands-Nordbahn 1837 – der ersten dampfbetriebenen Eisenbahnlinie der Monarchie. Mit der Anbindung an das Bahnnetz siedelten sich viele Fabriken im Marchfeld an.

Fruchtbarer Boden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die landwirtschaftliche Produktivität im Marchfeld. Weil die Region zu einer der trockensten Landschaften Österreichs gehört, waren aufwändige Bewässerungen notwendig, um die Erträge zu sichern. Heute deutet die Wertschätzung von Lebensmitteln und die Hinwendung zu saisonalen und regionalen Produkten auf einen neuerlichen Wandel der Landwirtschaft hin.

Fließende Grenze. Die March war geschichtlich gesehen vor allem verbindendes Element. Zur Staatsgrenze im modernen Sinn wurde sie erst 1918 mit der politischen Zäsur. Ab 1949 trennte der Fluss das Marchfeld als Teil des „Eisernen Vorhangs“ für mehrere Jahrzehnte von der naturräumlich und kulturell eng verbundenen Záhorie ab. Heute ist die March wieder wichtiges Verbindungsglied.

Von der Natur zur Umwelt. Der letzte Themenschwerpunkt widmet sich der Frage, wie der Mensch den Lebensraum Marchfeld bestmöglich schützen kann. Mit dem Beitritt Österreichs zur EU gewann der Naturschutz an Bedeutung. Wichtige Impulse für den Naturschutz folgten und zahlreiche Initiativen für mehr Arten- und Lebensraumschutz, ganz besonders auch im Marchfeld, entstanden.