Gericht

Multiversum: Ein Schuldspruch, neun Freisprüche

Das Großverfahren um mutmaßlichen Förderbetrug rund um die Mehrzweckhalle Multiversum in Schwechat (Bezirk Bruck a.d. Leitha) ist am Freitag zu Ende gegangen. Das Ergebnis: ein Schuldspruch und neun Freisprüche.

Lediglich der ehemalige Geschäftsführer vom Multiversum, der damals auch zeitgleich stellvertretender Schwechater Stadtamtsdirektor war, wurde wegen rechtswidrigerweise vergebenen Darlehen wegen Untreue sowie wegen Urkundenfälschung zu 18 Monaten bedingter Haft schuldig gesprochen.

Er hatte sich als einziger im Vorfeld teilweise schuldig bekannte. Von dem Betrugskomplex wurde er hingegen genauso freigesprochen wie alle anderen Angeklagten. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der ehemalige Multiversum-Chef erbat sich ebenso drei Tage Bedenkzeit wie die Oberstaatsanwältin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA).

Mildernd wurden sein bisheriger ordentlicher Lebenswandel, sein Geständnis, die lange Verfahrensdauer sowie seine Schadenswiedergutmachung gewertet. Er hatte von dem Schaden in der Höhe von rund einer Million Euro das meiste zurückbezahlt. Er muss nun noch an die Multiversum Schwechat Betriebs GmbH noch 32.000 Euro zahlen. Sämtliche anderen Ansprüche von Multiversum, der Stadt Schwechat sowie des Landes Niederösterreich wurden auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Ein Amtsverlust wurde ihm bedingt nachgesehen. Erschwerend waren das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen.

Multiversum-Prozess in Wien
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Der Prozess ging am Freitag nach mehreren Monaten zu Ende

Das „umfangreiche Beweisverfahren“ habe am Ende ein „recht eindeutiges Bild“ gezeigt, sagte die Vorsitzende des Schöffensenats, Claudia Moravec-Loidolt. Ein „Täuschungsvorsatz und Betrugsvorsatz“ habe nicht vorgelegen, sagte die Richterin in der einstündigen Urteilsbegründung.

Komplexe Anklage gegen Schlager & Co.

In dem Prozess hatten sich zunächst zwölf Personen wegen Verdachts auf Untreue und schweren Betrug verantworten müssen, darunter der frühere Tischtennisweltmeister Werner Schlager und der ehemalige Schwechater Bürgermeister und Nationalratsabgeordnete Hannes Fazekas (SPÖ). Zwei Beschuldigte wurden im Laufe des Verfahrens aufgrund einer Coronavirus-Erkrankung ausgeschieden. Lediglich ein Angeklagter, der ehemalige Multiversum-Geschäftsführer, der damals auch zeitgleich stellvertretender Schwechater Stadtamtsdirektor war, bekannte sich teilweise schuldig. Alle anderen Beschuldigten wiesen die Vorwürfe zurück.

Nach 16 Verhandlungstagen dürfte die Causa zumindest vorläufig ein juristisches Ende erreichen. In dem Fall ermittelte nicht nur die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), sondern auch die Staatsanwaltschaft Korneuburg. Da es bei den Vorwürfen jedoch mehrere Überschneidungen gab, wurde das Verfahren zusammengelegt und der Prozess am Wiener Straflandesgericht durchgeführt.

Große Hoffnungen in damaligen Tischtennisstar

Nachdem Schlager im Jahr 2003 in Paris Weltmeister im Tischtennis-Einzel geworden war, sollte in Schwechat die Werner Schlager Academy als internationales Tischtennis- und Trainingszentrum aufgebaut werden. Angedacht war die Academy als Teil der Veranstaltungs- und Sporthalle Multiversum, wobei die Akademie mit zehn Prozent zur Auslastung beitragen sollte. 50 Prozent sollten allgemeine Sportveranstaltungen, 40 Prozent kulturelle Events beisteuern.

Multiversum-Prozess in Wien
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Auch der ehemalige Spitzensportler Werner Schlager (l.) musste sich vor Gericht verantworten

Im Februar 2008 erfolgte der Spatenstich für das Großprojekt, doch wie die WKStA ausführte, habe bereits wenige Monate nach der Eröffnung eine große Finanzierungslücke bestanden. Man habe daher um Mittel aus der Bundessportförderung für die Tischtennis- und Mehrzweckhalle angesucht. Dabei habe in Wahrheit gar keine „Förderfähigkeit“ bestanden, so der Vorwurf.

Der damalige Schwechater Bürgermeister Fazekas, sein stellvertretender Stadtamtsdirektor und ein weiterer Proponent der Gemeinde Schwechat sollen im Zusammenhang mit dem Förderansuchen Werner Schlager und dessen früheren Geschäftspartner dazu gebracht haben, tatsachenwidrig die 70-prozentige Nutzung der Halle vorzugeben, wofür von der Sportsektion im Bundesministerium, später vom Ministerium für Sport Millionen begehrt und – so der Tenor der Anklage – erschlichen wurden.

Vorwürfe gegen Mitarbeiter des Ministeriums

Als Tatzeitraum sind die Jahre 2007 bis 2013 inkriminiert, neben den drei Gemeindevertretern, Schlager und seinem Ex-Partner mussten sich auch Mitarbeiter des Sportministeriums verantworten, die unter dem damaligen Minister Norbert Darabos (SPÖ) für die Vergabe beziehungsweise die Kontrolle der Bundessportförderung zuständig waren. Sie sollen laut Anklage in „vorauseilendem Gehorsam“ die „politische Befürwortung des Bundesministers“ umgesetzt haben, obwohl die rechtlichen Voraussetzungen nicht vorlagen. Die Ermittlungen gegen Darabos wurden 2020 eingestellt. Mitangeklagt wurden eben auch die beiden ehemaligen Multiversum-Geschäftsführer.

Multiversum Schwechat
ORF
Rund um das defizitäre Schwechater Multiversum soll es auch zu strafrechtlich relevanten Handlungen gekommen sein

Das Land Niederösterreich hatte für die Halle zunächst eine Subvention in Höhe von 2,8 Mio. Euro gewährt. Das reichte nicht aus, also wurde versucht, den Bund „anzuzapfen“. Es wurden mehrere Subventionsanträge gestellt, die laut WKStA aber unrichtige Darstellungen enthielten. So wurde etwa behauptet, die Stadt Schwechat habe sich an der Errichtung beteiligt, es gebe eine weit höhere Landesförderung und es existierten überdies beträchtliche Eigenmittel.

Die WKStA bemängelte weiters ein fehlendes wirtschaftliches Gesamtkonzept der Mehrzweckhalle, fehlende Gemeinderatsbeschlüsse und fehlende Haftungs- und Verpflichtungserklärungen. Die Förderansuchen bezogen sich insgesamt auf 7,8 Mio. Euro. 2,9 Mio. Euro wurden tatsächlich ausbezahlt, laut Staatsanwaltschaft ohne Vorliegen der Fördervoraussetzungen.

Anklage: 400.000 Euro nicht verrechnet

In einem weiteren Fakten-Komplex geht es und die Finanzgebarung der Multiversum BetriebsgmbH. Unter anderem sollen der Werner Schlager Academy Betriebskosten in Höhe von rund 400.000 Euro nicht verrechnet und externe Kosten auf Basis von Scheinrechnungen ohne Gegenleistung abgegolten worden sein. Ein Sportverein soll rechtswidrigerweise üppige Darlegen erhalten haben.

Dass einer der beiden Geschäftsführer zugleich stellvertretender Schwechater Stadtamtsdirektor war, erleichterte ihm laut WKStA entsprechende Malversationen. Er soll wiederholt die Unterschrift von Bürgermeister Fazekas eingescannt und damit gefälschte Urkunden produziert haben.

Das Multiversum wurde 2020 von der Stadt Schwechat um kolportierte 20 Mio. Euro an eine Immobilien-Investment-Gruppe verkauft. Über einen Pachtvertrag hat Schwechat Gemeindeangaben zufolge die Möglichkeit, mindestens zehn eigene oder gewünschte bzw. unterstütze Veranstaltungen abzuhalten.