Benjamin Karl
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„GANZ PERSÖNLICH“

Benjamin Karl: „Noch lange nicht Schluss“

Snowboard-Ass Benjamin Karl sagt auch nach 22 Jahren im Weltcup: „Ich glaube, da ist noch lange nicht Schluss.“. Der Unfall, weswegen er sich im April vor Gericht verantworten muss, „war erschreckend und prägend“, meint er im noe.ORF.at-Interview.

Bei den Olympischen Spielen in Peking erfüllte sich Benjamin Karl einen Lebenstraum. Er holte Gold im Parallel-Riesentorlauf. Aufhören will der 36-jährige Snowboarder deswegen aber nicht, im Gegenteil. Er glaubt daran, dass noch lange nicht Schluss ist, wie er im Interview mit ORF-NÖ-Redakteur Robert Friess betont.

Zudem spricht er über seine Familie, sein Privatleben und den tragischen Unfall im vergangenen Jahr. Karl prallte mit seinem Wagen gegen einen entgegenkommenden Pkw. Dessen 70-jähriger Lenker kam ums Leben.

noe.ORF.at: Knapp eineinhalb Monate sind seit dem Triumph vergangen, noch einmal herrscht großer Trubel um deine Person in Wilhelmsburg, wie geht’s dir damit?

Benjamin Karl: Es waren jetzt am vergangenen Wochenende die letzten Weltcuprennen. Jetzt, nach der Saison, kann man das schön langsam genießen. Natürlich gibt es Termine, aber ich kann zumindest sportlich ein bisschen kürzer treten, alles mehr genießen. Ich mache nur das, was mich freut. Gestern war ich im Mostviertel wieder Rad fahren, das vermisse ich vor allem im Frühjahr und Herbst. Schön langsam kann man die Medaille und alles was passiert ist, einfach genießen.

noe.ORF.at: Dein Lebensmittelpunkt ist in Osttirol. Wie viel Zeit bleibt da für Wilhelmsburg, deine Mutter und deine Familie?

Karl: Wenn du meine Mutter fragst, natürlich immer zu wenig. Es ist auch schwierig, wenn ich im Sommer zurückkomme, – das passiert so ein-, zweimal im Monat – denn dann wollen mich meine Freunde sehen, meine Mutter, sie wollen am Berg gehen und mit mir Sport machen. Es bleibt dann nicht viel Zeit. Mit der Familie in Lienz ist es natürlich auch schwierig, ich kann mich schwer lösen und die Kinder wieder alleine lassen. Es ist ein bisschen ein Zwiespalt, aber ich bin immer wieder gerne in Niederösterreich.

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Benjamin Karl (l.) im Gespräch mit Robert Friess

noe.ORF.at: Silber in Vancouver, Bronze in Sotschi, jetzt Gold. Du bist jetzt 36. Wie geht es weiter?

Karl: Ich habe halt sehr früh angefangen zu gewinnen und bin halt immer noch da. Bei uns sind Leute wie Roland Fischnaller oder Andreas Prommegger. Die sind 41, haben heuer Weltcuprennen gewonnen und fahren vorne mit. Ich glaube, da ist noch lange nicht Schluss.

noe.ORF.at: Das heißt, bis zu den Olympischen Spielen 2026 in Mailand?

Karl: So weit will ich nicht vorausdenken, die letzten drei Spiele waren in Asien. Es wäre schön. Die Vorstellung, dass Freunde und Falilie hinkommen und das Ganze mehr oder weniger vor der Haustüre stattfindet, ist eine schöne Vorstellung, aber wie es dann kommt, kann ich noch nicht sagen.

noe.ORF.at: Wie wichtig war deine Mutter für dich und für deine Karriere?

Karl: Extrem wichtig. Bis 15 war ich unter ihren Fittichen. Die Jahre waren geprägt von meiner Mutter, sie war alleinerziehend. Ich habe noch einen Bruder, der sechs Jahre jünger ist. Wir sind jede Minute Ski fahren und Snowboarden gewesen. Ich wollte das immer. Ich bin als Vierjähriger auf einem Dreitausender gewesen. Das hat sie mir alles mitgegeben – inklusive Werte und Familienleben.

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Benjamin Karl als Kind. Das Weihnachtsgeschenk: Natürlich ein Snowboard.

noe.ORF.at: Du bist 22 Jahre im Weltcup, wie motiviert man sich da, Jahr um Jahr?

Karl: Motivation ist die größte Triebfeder, die der Mensch besitzt, man muss sich immer wieder neu erfinden, man muss sein Training umstellen, neue Anreize finden. So habe ich jetzt etwa eine neue Brettmarke, die noch nie im Weltcup vorne war. Es sind immer wieder Aufgaben, die mich extrem fordern und dementsprechend motivieren.

noe.ORF.at: Ein halbes Jahr vor Olympia ist es zu einem Ereignis gekommen, dass dein Leben verändert hat, ein Verkehrsunfall im Eisregen, bei dem ein 70-Jähriger ums Leben gekommen ist.

Karl: Wie der Unfall passiert ist, als ich hingelaufen bin und den Leuten helfen wollte und gesehen habe, dass sich da nicht mehr viel tut, das war extrem erschreckend und prägend. Ich glaube, ich habe das ganz gut verkraftet. Das Leben geht weiter. Ich bin bei weitem nicht der Einzige, den so etwas trifft. Es gibt jeden Tag Autounfälle. Man ist einfach nicht alleine und es hat mir sehr geholfen, dass das zum Leben dazu gehört. Gott sei Dank dank einer starker Familie, tollen Kindern, meiner tollen Frau und professioneller Hilfe haben wir es geschafft, dass wir es durchstehen.

noe.ORF.at: Du bist jetzt 36 Jahre alt, wie schaut das Leben des Benjamin Karl nach dem Snowboarden aus?

Karl: Das kann ich heute noch nicht sagen, da gibt es viele Ideen und Träume, aber nichts, was ich heute schon aussprechen möchte.