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Sterbeverfügung: Kritik von allen Seiten

Wenn unheilbar kranke Menschen sterben möchten, können sie sich für einen assistierten Suizid entscheiden. Möglich macht das seit 1. Jänner das Sterbeverfügungsgesetz. Weder Befürworter noch Gegnerinnen scheinen jedoch mit dem Gesetz zufrieden zu sein.

Wer unheilbar krank ist und den freien und selbstbestimmten Entschluss gefasst hat, zu sterben, der muss zunächst zwei ärztliche Aufklärungsgespräche führen. Einer der Ärzte muss eine palliativmedizinische Ausbildung haben. Drei Monate später, in Ausnahmefällen schon nach zwei Wochen, kann eine Notarin oder ein Patientenvertreter eine Sterbeverfügung errichten.

Der entsprechende Gesetzestext wird allerdings sowohl von Befürworterinnen als auch von Gegnern des assistierten Suizids kritisiert. Das zeigte sich bei einer Podiumsdiskussion, die Dienstagabend vom Verein Palliative Care des Universitätsklinkums Krems im Kino im Kesselhaus veranstaltet wurde.

Kampits: „Unglaublich viele Lücken im Gesetz“

Denn in der Praxis stelle das Gesetz sterbewillige Personen vor große bürokratische Herausforderungen, so der Philosoph Peter Kampits: „Wie soll jemand, der vollständig gelähmt ist oder sich eigentlich nicht rühren kann, das alles selber machen? Der Arzt selber wiederum steht auch vor sehr, sehr schwierigen Entscheidungen. Das Gesetz ist fürchterlich schwammig formuliert und da sind unglaublich viele Lücken drinnen, die man beheben müsste.“

Weniger Bürokratie wünscht sich auch Esther Kruikemeijer. Ihr Vater hat in Holland sein Recht auf assistierten Suizid in Anspruch genommen. Neben der Trauer hätte sie auch Verständnis für seine Entscheidung gehabt: „Die Medikamente konnten ihm die Schmerzen nicht nehmen. Er musste in der Nacht Freunde anrufen, weil er es nicht geschafft hat, auf die Toilette zu kommen. Es war für ihn erniedrigend, er wollte nicht mehr.“

DiskutantInnen und Moderator sitzen auf der Bühne
ORF
v.l.n.r.: Diemtar Weixner, Elisabeth Pittermann-Höcker, Johannes Kaup, Peter Kampits, Esther Kruikemeijer

Pittermann-Höcker: „Jedes Leben ist einzigartig“

Die Entscheidung über Leben oder Tod eines Menschen zu treffen, sei jedoch nicht Aufgabe der Palliativmedizin, sagt Dietmar Weixler, Präsident der österreichischen Palliativgesellschaft: „Wir sehen uns instrumentalisiert, jetzt das Gutachten zu machen, was völlig gegen unsere Rolle steht und gegen unsere Haltung. Und deswegen findet man auch wenige, die das machen.“ Vielmehr brauche es Palliativmedizinerinnen als beratende Instanz – für ein Leben ohne Schmerzen und Einsamkeit bis zum letzten Tag.

Die pensionierte Ärztin und Politikerin Elisabeth Pittermann-Höcker (SPÖ) spricht sich grundsätzlich gegen den assistierten Suizid aus: „Ich fürchte, dass es dadurch zu einem Dammbruch kommt. Wenn ich Achtung habe vor dem Leben, töte ich nicht. Jedes Leben ist einzigartig. Und steckt nicht hinter jedem Wunsch, zu sterben, die Angst vor dem Tod oder die Angst, andere zu belasten?“