Biogasanlage Hummel, Waldkirchen an der Thaya
Robert Salzer, noe.orf.at
Robert Salzer, noe.orf.at
Wirtschaft

Biogas: Vom Sorgenkind zum Hoffnungsträger

Der Krieg in der Ukraine zeigt, wie abhängig Österreich von russischem Erdgas ist. Eine Alternative ist Biogas – ausgerechnet jene Branche, die noch vor kurzem als Auslaufmodell galt. Was aber über Jahrzehnte versäumt wurde, lässt sich nicht einfach nachholen.

Vor wenigen Jahren waren viele Biogasanlagen konkursreif, weil die Förderungen ausgelaufen waren und der Marktpreis dreimal so hoch war wie jener für russisches Erdgas – mehr dazu in 70 Biogasanlagen stehen vor dem Aus (noe.ORF.at; 27.1.2017). Viele Anlagen wurden geschlossen, österreichweit gibt es nur noch 280. Diese werden nun plötzlich zu Hoffnungsträgern für die Zukunft.

Biogas als heimische Alternative aber hat Grenzen, quantitativ und technisch. Denn faktisch alle Biogasanlagen erzeugen derzeit elektrischen Strom, berichtet Norbert Hummel, der Obmann für Biogas im Kompost- und Biogas-Verband Österreich (KBVÖ). Der Anlagenbetreiber aus Waldkirchen an der Thaya (Bezirk Waidhofen an der Thaya) spricht von einer grundsätzlichen Umstellung, die nötig sei.

Biogasanlage Margarethen am Moos
APA/Hans Klaus Techt
Der Biogas-Ausbau ist nicht unproblematisch

„In den vergangenen 20 Jahren wurde in unseren Anlagen Strom erzeugt, jetzt ist das große Thema die Einspeisung von Gas. Wir stehen vor einem Neubeginn“, so Hummel. Ein Drittel der Anlagen – jene mit größerer Dimension – stehe in der Nähe von Gasnetzen, „die können umrüsten“, sagt der Experte. Noch viel mehr Potenzial würden aber neu zu bauende Anlagen bergen: „Die werden dann schon beim Gasnetz und den Rohstoffaufkommen gebaut.“

Potenzial: Ein Drittel des Verbrauchs

Dieses Potenzial wird bis 2030 auf zehn Prozent des derzeitigen Gasverbrauchs geschätzt, bis 2040 auf ein Drittel. Immer auf Basis der Verwendung von landwirtschaftlichen Abfällen wie Maisstroh, Mist oder Gülle, aber auch des Bioanteils am Hausmüll. Was fehle, so die Anlagenbesitzer, sei eine gesetzliche Sicherheit.

Die Abnahme des Gases im Inland müsse auf 15 Jahre garantiert werden, meint Norbert Hummel dazu: „Als das Ökostromgesetz entstand, wurden auch Ökostromanlagen gebaut, weil der Rechtsrahmen da war. Wenn wir jetzt ein Erneuerbares-Gas-Gesetz bekommen, ist der Rechtsrahmen da und es entstehen die neuen Anlagen.“ Hummel spricht von milliardenschweren Investition.

Langfristige Absicherung nötig

Landwirtschaftskammer-Präsident Johannes Schmuckenschlager stellt sich hinter diese Forderung der Biogaserzeuger. Gerade im Biogasbereich habe es in den vergangenen zehn Jahren einen Stillstand gegeben, „weil die langfristige Planbarkeit aufgrund der gesetzlichen Lage nicht gegeben war“. Investitionsfreudige Betriebe müssten langfristig abgesichert sein.

„Wir wissen, irgendwann wird auch der Ukraine-Konflikt zu Ende sein und dann sind wir wieder damit konfrontiert, dass einheimisch produzierte Energie vielleicht teurer ist als die importierte, dann kommt man wieder in einen Wettbewerb und in wirtschaftliche Probleme.“ Es müsse gesichert sein, langfristig wieder die Kosten der Investition zurückzubekommen.

Kurzfristig hilft nur, den Gasverbrauch zu senken

Auch bei Umweltschutzorganisationen wie Global2000 sieht man Biogas als langfristige Alternative positiv, solange damit nur Abfälle verwertet werden. Würden landwirtschaftliche Erzeugnisse – respektive Lebensmittel – dazu verwendet, sehe man das kritischer, sagt Johannes Wahlmüller, Sprecher für Klimapolitik und Energiewende von Global2000.

Der Ausbau von Biogas sei eine langfristig wirkende Alternative, kurzfristig aber müssten andere Maßnahmen wirken, sagt Wahlmüller: „Das Wichtigste aus unserer Sicht ist, wie wir aus Gasanwendungen herauskommen, etwa durch das Umstellen von Heizungen von Gas auf Pellets, sowie Fernwärme oder Wärmepumpen, wo es eben geht – eben alle Anstrengungen, damit wir den Gasverbrauch insgesamt reduzieren können.“