Alois Schwarz und Robert Friess (l.)
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„Ganz persönlich“

Alois Schwarz: „Bin Bischof für alle“

Bald vier Jahre lang ist Alois Schwarz St. Pöltner Diözesanbischof. Im „Ganz persönlich“-Interview spart er nicht mit Kritik an der Aussage von Kardinal Schönborn über Impfgegner. Er sei „Bischof für alle“, sagt Schwarz.

Alois Schwarz ist seit 25 Jahren Bischof, seit Sommer 2018 St. Pöltner Diözesanbischof. Zuvor war er 17 Jahre lang Bischof der Diözese Gurk-Klagenfurt. Kurz nach seinem Wechsel nach St. Pölten erhob das Domkapitel von Gurk Vorwürfe über Schwarz’ angebliche Misswirtschaft sowie seine Amts- und Lebensführung. Dem folgten mehrere Ermittlungen, etwa wegen Untreue und Steuerhinterziehung. Im April 2022 wurde das letzte Ermittlungsverfahren eingestellt – mehr dazu in Bischof Schwarz: Keine weiteren Ermittlungen (noe.ORF.at; 15.4.2022).

Schwarz wuchs in Hollenthon (Bezirk Wr. Neustadt) auf und trat gleich nach der Matura 1970 in das Wiener Priesterseminar ein. An der Universität Wien studierte Schwarz katholische Theologie. 1976 wurde er zum Priester geweiht. Die Bischofsweihe erhielt Schwarz 1997 vom Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn. Ebendiesen kritisiert Schwarz nun im Interview wegen einer Aussage über Impfgegner.

noe.ORF.at: Seit zwei Jahren leben wir mit der Pandemie – vor zwei Jahren war zu Ostern harter Lockdown, vor einem Jahr hat es bei Messen strenge Auflagen gegeben. Die Zahlen gehen zurück, ist Ostern heute ein besonderes Fest?

Alois Schwarz: Ich hoffe, dass an diesem Osterfest viele Menschen zur Kirche kommen, aber dass sich die Menschen auch in den Familien wieder unkompliziert treffen können. Das hoffe ich, denn wir brauchen einander. Es ist gut, wenn wir aufeinander schauen, denn wenn wir miteinander Feste feiern, können wir auch gut miteinander leben. Wo nicht gefeiert wird, verkümmert das Leben, das haben wir ja gespürt in der Zeit der Pandemie.

Alois Schwarz, April 2022
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Bischof Alois Schwarz meint, dass die Kirche zu wenig darauf geachtet habe, mit allen Menschen zu reden

noe.ORF.at: Dennoch, wie sich das Coronavirus entwickelt ist unklar und auch, ob im Herbst eine weitere Welle kommt. In der Kirche ist die Impfung ebenso Thema. Kardinal Schönborn hat in der ORF-Pressestunde klare Worte zu den Impfgegnern gefunden: ‚Lieber Gott, lass Hirn regnen.‘

Schwarz: Diese Aussage hat mich persönlich erschrocken, weil ich so nicht denke. Das ist die Meinung des Kardinals, die ich respektiere. Aber ich bin als Bischof für alle da – für die, die sich impfen lassen, und die, die Gründe haben, dass sie sich nicht impfen lassen. Mir geht es darum, ein Bischof für alle zu sein. Auch die, die sich nicht impfen lassen, denken sich was dabei, haben ihre Argumente.

Es braucht ein aufmerksames aufeinander Hören, ein Respektieren und Wahrnehmen. Im Grunde geht es um die Gesundheit des Menschen. Da muss jeder Mensch für sich sorgen, aber auch für die anderen sorgen. Diesen Ausgleich kann man nur mit dem Herzen finden, wenn man gut über sich und die anderen denkt.

noe.ORF.at: Spürt man solche kritischen Aussagen auch bei den Kirchenaustritten?

Schwarz: Wir spüren das. Manche Leute schreiben uns, warum wir Bischöfe uns zum Teil so eindeutig positioniert haben. Es stimmt und da haben sie vielleicht auch recht: Wir haben zu wenig darauf geachtet, alle Menschen hereinzunehmen und mit ihnen zu reden.

„Im Grunde geht es immer um Menschen“

noe.ORF.at: Seit Ende Februar gibt es Krieg in Europa – Krieg in der Ukraine, Krieg in unmittelbarer Nähe. Was für viele kaum vorstellbar ist, ist passiert. Wie geht es der Kirche damit?

Schwarz: Die Kirche ist in Kontakt mit Menschen in der Ukraine, mit Menschen, die dort in Bedrängnis sind, aber auch mit Menschen, die zu uns kommen, die in die Flucht getrieben worden sind und bei uns Unterschlupf, Heimat, ein Zuhause suchen. Wir haben auch viele Kontakte zur ukrainischen Kirche, weil viele ukrainische Christen in Österreich leben.

noe.ORF.at: Was ist für Sie der Unterschied zur Fluchtbewegung 2015? Haben Sie das Gefühl, dass die Bereitschaft der Menschen, Flüchtlingen aus der Ukraine zu helfen, größer ist als damals?

Schwarz: Meine Beobachtung ist, dass jetzt sehr viele Frauen mit ihren Kindern kommen. Damals kamen junge Männer aus einem anderen Kulturkreis mit einer anderen Lebenseinstellung. Im Grunde geht es immer um Menschen. Es sind Menschen, die von zu Hause weggetrieben werden. Wir wissen nicht, warum sie gehen, aber der Mensch muss als Mensch behandelt werden. Das ist ja das Erschreckende am Krieg, dass Menschen mit Menschen nicht menschlich umgehen.

Alois Schwarz im Gymnasium Sachsenbrunn in den 1960er-Jahren
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Alois Schwarz kam als Zehnjähriger in das Knabenseminar nach Sachsenbrunn

„Es gibt sehr schnell Verdächtigungen“

noe.ORF.at: Sie sind seit 25 Jahren Bischof, im Sommer werden es vier Jahre in St. Pölten. Sie sind in Hollenthon aufgewachsen, als ältester Sohn eines Landwirtes. Wann ist für Sie die Entscheidung gefallen, Priester zu werden?

Schwarz: Ich bin mit zehn Jahren in das Knabenseminar nach Sachsenbrunn (Bezirk Neunkirchen; Anm.) gekommen, war im Internat und habe mich dann mit 18 Jahren entschieden, dass ich in das Priesterseminar eintrete. Mit 24 Jahren bin ich zum Priester geweiht worden. Das ist etwas, wo man nicht nur selber entscheidet, sondern wo man das Gefühl hat, Gott führt einen.

noe.ORF.at: Nach Ihrem Wechsel nach St. Pölten hat es zahlreiche Misstöne gegeben. Die Staatsanwaltschaft hat wegen Steuerhinterziehung ermittelt, das wurde mittlerweile eingestellt. Und es wurde Ihnen ein Nahverhältnis zu einer Mitarbeiterin unterstellt. Wie sind Sie damit umgegangen?

Schwarz: Wichtig ist mir dabei das Gespräch. Es gibt sehr schnell Verdächtigungen, ohne dass man die Hintergründe kennt. Ich bedauere das sehr, dass sich das Ganze nach meinem Weggang zugetragen hat und ich bedauere das auch für meine Mitarbeiterin oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dadurch in Bedrängnis geraten sind. Das ist eigentlich sehr schade, weil alle sich bemüht haben, die Kirche und das Land Kärnten christlich und von der Kirche her liebevoll und gut zu gestalten.