Chronik

Stärke von 5,3: Großes Erdbeben jährt sich

Vor 50 Jahren, am 16. April 1972, wurde bei Seebenstein (Bezirk Neunkirchen) eines der stärksten heimischen Beben registriert. Erdstöße in ähnlicher Stärke seien auch in Zukunft möglich, warnt die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik.

Das Beben bei Seebenstein 1972 hatte eine Magnitude von 5,3 auf der Richterskala. Damit war es mehr als 500 Kilometer weit zu spüren – auch in Deutschland, der damaligen Tschechoslowakei sowie Ungarn. In Österreich gab es zahlreiche Gebäudeschäden.

Um 11.10 Uhr seien damals Tausende Österreicher in Schrecken geraten, „als in ihren Wohnungen Wände schwankten, Türen aufsprangen, Fenster klirrten, Luster zu schwingen begannen und Bücher und andere Gegenstände von Kästen und Regalen fielen“, berichtete die Austria Presse Agentur (APA) am selben Tag.

Erdbebenschäden in Wien
ORF
Auch in Wien kam es damals zu Schäden

„Mit Ausnahme einer Verletzten, die in einer Kirche in Wien-Döbling von den etwas in Panik geratenen Gläubigen niedergerannt wurde, kam es glücklicherweise, soweit bekannt, zu keinen Personenschäden, der Sachschaden ist hingegen beträchtlich. In den östlichen Bundesländern stürzten zahlreiche Rauchfänge ein, es bröckelten Mauerstücke von den Fassaden ab und beschädigten dabei teilweise abgestellte Personenkraftwagen. In den Wänden vieler Häuser traten Risse auf, auf Kirchtürmen wurden Kreuze aus ihrer Verankerung gerissen. Schwer betroffen wurde die Pfarrkirche von Seebenstein in Niederösterreich, die teilweise einstürzte. Verschiedentlich fiel die Stromversorgung vorübergehend aus“, hieß es im Bericht der APA.

1.500 Meldungen an die ZAMG

„Dieses Erdbeben zählt mit den Beben von Schwadorf (Bezirk Bruck an der Leitha) 1927 und Namlos (Tirol) 1930 zu den stärksten in Österreich im 20. Jahrhundert“, sagt Maria-Theresia Apoloner, Seismologin an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), heute. Die Epizentralintensität, welche die Auswirkungen des Bebens beschreibt, lag bei sieben bis acht Grad, was teils schwere Gebäudeschäden bedeutet. Selbst im mehr als 60 Kilometer entfernten Wien kam es zu Schäden. In den folgenden Tagen erreichten mehr als 1.500 Meldungen die ZAMG.

Schäden nach Erdbeben in Seebenstein
Ingrid und Wilhelm Milik
In vielen Orten Ostösterreichs wurden 1972 Gebäude beschädigt

Dem Haupt- folgten ein Nachbeben mit einer Magnitude von 4,0 sowie etwa zehn weitere spürbare Nachbeben mit einer Magnitude über 2,0. Zusätzlich konnten etliche schwächere Erschütterungen an der Messstation in Wien registriert werden. Auf der Hohen Warte waren die Erschütterungen des Hauptbebens derart stark, dass ein Seismograph die Schreibnadel abwarf. Ein anderer versetzte diese um einige Zentimeter.

In Wien musste die Feuerwehr mehr als 400 Mal ausrücken, um etwa eingestürzte Kamine und herabgefallene Dachziegel zu beseitigen oder Häuser als sicher zu erklären. Besonders betroffen waren der zweite, der neunte und der 20. Bezirk. An der Universität stürzten 20 Meter der Balustrade herab. Glücklicherweise wurde niemand verletzt, da es Sonntag und dementsprechend ruhig war.

Schäden nach Erdbeben in Seebenstein
Josef Wagner

Prognose weiterhin kaum möglich

„Auch in Zukunft kann es in Österreich zu ähnlich starken Beben wie 1972 kommen“, sagte Apoloner. Beispielsweise gab es 2021 zwei Beben um die Magnitude 4,5 bei Neunkirchen. Sie waren etwa 30-mal weniger energiereich als das Beben bei Seebenstein 1972 und betrafen daher einen wesentlich kleinerer Bereich – mehr dazu in 2021: Außergewöhnlich viele starke Erdbeben (noe.ORF.at; 30.12.2021).

Auch heute ist es technisch nicht möglich, das nächste Beben zu prognostizieren. Die Spannungen im Boden bauen sich über Jahrzehnte und Jahrhunderte auf und entladen sich in einem kurzen Moment, der nicht vorhersagbar ist.

Die ZAMG arbeitet aber an sehr kurzfristigen Warnungen. So könnten etwa bei der ersten gemessenen Welle eines Erdbebens, die noch keinen Schaden anrichtet, automatisch Kraftwerke abgeschaltet oder Brücken per Ampel gesperrt werden. Die Vorlaufzeit beträgt nur Sekunden, kann aber helfen, Schäden zu reduzieren. Langfristig und als Gesellschaft sei es wichtig, die Erdbebengefährdung in Baunormen zu berücksichtigen, damit im Fall des Falles weniger Schäden auftreten.