Molkerei NÖM Außeneinstellung
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Wirtschaft

Molkerei NÖM kündigt Lieferstopps an

Weil die Energie- und Rohstoffversorgung aufgrund des Ukraine-Krieges derzeit unsicher ist, kündigt die Molkerei NÖM mit Sitz in Baden vorsorglich Lieferstopps an. Erdbeer- und Himbeerjoghurt könnten etwa im Sommer ausgehen, heißt es.

Die NÖM warnt vor stark steigenden Preisen bei Milch und Milchprodukten. Der Preis für einen Liter Rohmilch sei bereits um mehr als 10 Cent gestiegen. Das sei ein Kostenanstieg um 30 Prozent, teilte Vorstand Alfred Berger mit. Gegenüber dem Lebensmittelhandel kündigte er daher „vorsorglich Lieferstopps von bestimmten Produkten“ an. Welche Produkte das sind, ließ NÖM offen.

Berger berichtete aber von Engpässen bei Verpackungsmaterialien und Fruchtzubereitungen. Bei letzteren ist Agrana Marktführer. Solche Fruchtzubereitungen finden sich etwa in Joghurts. Der Erdbeeranbau in Niederösterreich decke gerade einmal sechs Prozent des Eigenbedarfs. Weil es der Konsument aber gewohnt sei, das ganze Jahr Erdbeeren zu essen, wird der Großteil importiert, etwa aus China und Ägypten, aber auch aus Polen – und dort fehlen heuer die Erntehelferinnen und Erntehelfer, die aus der Ukraine kommen.

Engpässe bei Himbeeren und Joghurtdeckeln

Ähnlich sei es bei Himbeeren. Himbeeren würden das Drei- bis Fünffache kosten, es gebe aber keine Garantie für die Ware. Das sei für alle Beteiligten ein neues Spiel, betonte Berger. Und es werden Lieferschwierigkeiten erwartet, weil die Lkw-Fahrer fehlen, so der Vorstand.

Engpässe gebe es auch bei der Lieferung von Platinen, die wiederum für die Herstellung der Joghurtdeckel nötig sind. Laut NÖM sei daher davon auszugehen, dass es gewisse Erdbeer- oder Himbeerjoghurtprodukte ab Sommer nicht geben werde. Man habe noch gewisse Mengen eingefroren, aber was danach sei, könne man derzeit nicht vorhersagen.

Dazu komme, dass Angebote oft nur eine Gültigkeit von wenigen Tagen hätten. „Diese Anspannung überträgt sich weiter auf unsere Handelspartner, die einen professionellen Umgang von uns gewohnt sind. Eine Ankündigung eines möglichen Lieferstopps bei einzelnen Produkten bleibt damit unumgänglich“, so Berger.

Gesamter Markt in Bewegung

Die Nervosität im Lebensmittelhandel ist derzeit hoch. Durch die steigenden Preise und die unterschiedlich starken Verhandlungspositionen entlang der Wertschöpfungskette ist der gesamte Markt in Bewegung geraten. Ein Lebensmittel-Produkt geht durch viele Hände bis es im Supermarktregal landet.

Die daran beteiligten Unternehmen – vom Bauern bis hin zu den verarbeitenden Unternehmen, den Großhändlern und den Supermärkten – versuchen alle ihre Marktanteile und Handelsspannen trotz höherer Kosten zu halten. Teils bleiben Regale in den Supermärkten auch leer, um Druck auszuüben.

NÖM von Erdgas abhängig

Die hohen Energiepreise schlagen sich in der Lebensmittelproduktion auch unterschiedlich stark nieder – etwa durch Düngemittel, Transporte oder in der Verarbeitung. Die NÖM setzt für die Pasteurisierung der Milch beispielsweise Erdgas ein. „Die Steigerung der Energiepreise, besonders bei Gas, sind enorm. Diese nehmen Dimensionen an, die in keinem Plan eingepreist sind und zu harten Maßnahmen, und damit in letzter Konsequenz zu Veränderungen im Sortiment, führen“, schilderte Berger. Die NÖM sei zu 100 Prozent von Gas abhängig. Würde der Gashahn abgedreht, stehe der Betrieb still und es könnte auch keine Rohmilch von den Bauern abgeholt werden.

Allein wegen des Anstieg des Milchpreises um über 10 Cent pro Liter Rohmilch rechnet die NÖM heuer mit mehr als 40 Millionen Euro an Mehrkosten. Das dürften auch die Konsumentinnen und Konsumenten zu spüren bekommen: Der Preisanstieg wirkt sich auf verschiedene Milchprodukte unterschiedlich aus. Besonders betroffen sind Käse und Butter. Für einen Kilo Hartkäse braucht man zwischen 10 und 15 Liter Rohmilch, für einen Kilo Butter sind es rund 20 Liter Rohmilch.