Blasmusik
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Kultur

Klingendes UNESCO-Kulturerbe wieder zu hören

Die Trachtenkapelle Brand der Ortschaft Brand-Nagelberg (Bezirk Gmünd) ist seit November 2021 immaterielles UNESCO-Kulturerbe. Pandemiebedingt konnte die Blaskapelle ihren Kulturerbe-Status aber erst jetzt mit dem Publikum feiern.

Kaum einen Kilometer Luftlinie entfernt von der Ortschaft Brand-Nagelberg liegt die tschechische Grenze. Vor fast 100 Jahren entwickelte sich in der Zwischenkriegszeit eine enge Verbindung zwischen der Trachtenkapelle Brand und den Blaskapellen jenseits der Grenze. Man half einander mit Musikern und Musikerinnen beim Gestalten von Begräbnissen oder Konzerten und tauschte Musikstücke aus. Daraus formte sich langsam eine gemeinsame Musiziertradition im Klangbild der südböhmischen Blasmusik.

Wesentliches Kennzeichen der südböhmischen Blasmusik ist, dass die Melodien vorwiegend von den tieferen, weicher klingenden Blechblasinstrumenten getragen werden, also von den Flügelhörnern und den Tenorhörnern. Das Schlagzeug wird dezenter und swingender eingesetzt. Die Melodien sind in ausladenden, weiten Bögen gespannt, weil es oftmals auch einen tschechischen Liedtext dazu gibt.

„Unsere Musiktradition der südböhmischen Spielweise ist eher langsam, man könnte auch sagen gemütlich und lyrisch. Die Stücke haben oftmals auch einen Liedteil in tschechischer Sprache oder in deutscher Übersetzung. Die Liedtexte handeln zumeist von Liebe, Sehnsucht und von Landschaften und Flüssen, die hier in unserer Umgebung zu finden sind“, erzählte Jürgen Uitz, der Obmann am Rande des Frühlingskonzerts.

Gemeinsame Tradition über den Stacheldraht hinweg

„Die Südböhmische Blasmusik in Brand-Nagelberg ist eine Musiktradition, die sich durch den engen musikalischen Austausch mit tschechischen Musikerinnen und Musikern bildet. Diese grenzüberschreitende, bis heute anhaltende Zusammenarbeit führte auch zur Entstehung einer eigenen Spielweise und trug zur Verbreitung des bis heute weit verwendeten Liedgutes wie der bekannten „Südböhmischen Polka“ bei, so lautete im November 2011 die Begründung der österreichischen UNESCO-Kommission.

Selbst der Kalte Krieg konnte der gemeinsamen, grenzüberschreitenden Musikbeziehung nur wenig anhaben. Wichtig war 1968 die persönliche Beziehung zum tschechischen Komponisten Ladislav Kubes Senior, der mehr als 400 Kompositionen, Walzer, Polkas und Lieder im Stil seiner Heimat geschrieben hat.

Kulturerbe: Trachtenkapelle Brand

„Ich habe vor 55 Jahren begonnen, in der Kapelle mitzuspielen. Damals hat unser Kapellmeister Adolf Zeller Herrn Kubes kennengelernt und so sind wir zu neuen südböhmischen Stücken gekommen. Wir können uns glücklich schätzen, nun sehr, sehr viele Noten in Originalhandschrift von Herrn Kubes bei uns im Archiv zu haben“, erzählte der heutige Ehrenobmann Karl Porod.

Ausreise und Gage mit Tricks und Listigkeit erreicht

So wurde beispielsweise ein Ehrenmitglied oft abgestellt, um die mitgereisten tschechischen Mitarbeiter der Staatssicherheit mit Alkohol zu beschäftigen. Auch die KPÖ-Bezirksvertretung Oberes Waldviertel wurde eingeschaltet. Sie sorgte dafür, dass die tschechischen Musikanten eingeladen wurden. Ohne diese Garantie war kein Durchkommen.

Die tschechischen Musikanten durften keine Gage bekommen und so wurden Dinge des täglichen Bedarfs, die es hinter dem Eisernen Vorhang nicht gab, vor der Rückreise in Absprache mit den tschechischen Musikerinnen und Musikern in deren Instrumentenkoffer versteckt.

UNESCO-Status sorgt für Aufschwung

Die Musik verbreitet gute Laune und macht sie so auch für den Nachwuchs anziehend. „Ja, da können wir mitsingen und das Publikum auch. Die Zuhörer und Zuhörerinnen tanzen, singen und klatschen zu unseren Darbietungen, das ist wunderbar“, freute sich Nadine Zemann, die zur Zeit auch eine Kapellmeister-Ausbildung durchläuft.

Die Aufnahme in die Liste des UNESCO-Kulturerbes hat auch dazu beigetragen, dass jetzt mehr Musikerinnen und Musiker bei der Trachtenkapelle mitspielen. Die nächste große Veranstaltung der Trachtenkapelle Brand ist der „böhmische Traum“ zu Pfingsten 2022. Seit dem Jahr 2010 gibt es dieses Fest. Dort feiern, lachen und musizieren Musikerinnen und Musiker aus allen Ecken Europas gemeinsam in Brand-Nagelberg.