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Wirtschaft

Industrie: Gasembargo nicht leistbar

Die Konjunkturprognosen der Industriellenvereinigung deuten auf eine drastische Verschlechterung der Geschäftslage im nächsten halben Jahr hin. Grund seien die hohen Energiepreise, die Unsicherheit bezüglich russischem Gas und Lieferengpässe.

Die Industriellenvereinigung Niederösterreich (IV NÖ) blickt in einen konjunkturschwachen Sommer. In einer Befragung von 49 IV-NÖ-Mitgliederbetrieben im März und April sei klar geworden: „Die wirtschaftliche Erholung ist vorbei“, so IV-NÖ-Geschäftsführerin Michaela Roither. Grund für die pessimistische Einschätzung seien die Unsicherheiten im Energiesektor sowie bei den Lieferketten.

Besonders die Frage der Versorgungssicherheit mit russischem Gas führe zu großen Unsicherheiten in der Branche. IV-NÖ-Präsident Thomas Salzer stellt klar: „Wir können uns in Niederösterreich ein Gasembargo, das wir als EU aktiv begehen, schlicht nicht leisten. Das würde zum sofortigen Stillstand einiger großer Produktionsbetriebe führen.“ Entsprechende Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt seien erwartbar.

Düstere Prognose für die Industrie

Lieferengpässe und die Unsicherheit in puncto Energie führen dazu, dass die Industrie alles andere als optimistisch auf die kommenden Monate blickt. Der Präsident der Industriellenvereinigung fordert Investitionen in alternative Energieträger.

Energieinteresse über Artenschutz und Bürgern

Um langfristig Energie preiswert und unabhängig in Niederösterreich bereitstellen zu können, fordert Salzer hohe Investitionen in Solar-, Windkraft- und Biomasseanlagen. Besonders wichtig sei eine Beschleunigung der Genehmigungsprozesse, insbesondere bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, solcher Anlagen. „Leider zeigt die Bundesregierung, dass genau das Gegenteil geplant ist“, so Salzer.

Anstatt stärkere Bürgerbeteiligung zu erlauben, brauche es jetzt schnellere Verfahren für industrielle Großprojekte. „Das öffentliche Interesse, dass wir in Niederösterreich möglichst viele eigenständige Kraftwerke haben, muss über dem Individualinteresse und vielleicht auch über so mancher schützbaren Vogel- oder Lurchart stehen“, so Salzer in Richtung Energie- und Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne).

Thomas Salzer
Andi Bruckner
IV-NÖ-Präsident Thomas Salzer fordert kürzere Genehmigungsverfahren für Energiekraftwerke in Niederösterreich

Die Industriellenvereinigung rechnet zudem damit, dass die hohen Energiepreise in den kommenden Wochen und Monaten an die Konsumenteninnen und Konsumenten weitergegeben werden. „Wir haben im Moment fünf Mal so hohe Energiekosten, wie in der Vergangenheit“, so Präsident Salzer. Den Unternehmen bleibe nichts anderes übrig, als diese Kosten an die Kunden weiterzugeben. „Ansonsten müssen wir die Produktion abdrehen“, so Salzer.

Lieferengpässe wegen Pandemie und Krieg

Für Unsicherheit sorgt außerdem die unstete Situation in den Lieferketten vieler Industriebetriebe. Wegen der harten Covid-19-Politik in China könnten viele Schiffe mit in Niederösterreich benötigten Rohmaterialien nicht aus dem Hafen von Shanghai auslaufen, heißt es. Zusätzlich hätten sich die Transportwege aus Asien auch über den Luftweg verlängert, seit Transportflieger den russischen Luftraum meiden. Häufig fehlten deshalb Produkte wie Kunststoffverbindungen, Kabel oder Halbleiterelemente aus Asien, heißt es.