Konikpferde in den March-Auen
ORF / Seiser
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Umwelt & Klima

Konikpferde bringen Wildnis zurück

Das Europäische Wildpferd hat über Jahrtausende die Landschaft Mitteleuropas geprägt, heute gilt es als ausgestorben. In den March-Auen (Bezirk Gänserndorf) will man zurück Richtung Wildnis und siedelte Konikpferde an.

Strahlender Sonnenschein, saftige Wiesen, bunte Blumen – pure Idylle in den March-Auen. Ein Weißstorch landet gerade im Horst und begrüßt seine Partnerin mit einem aufgeregten Klappern. Auf den Wanderwegen sind ein paar Besuchergruppen unterwegs. In der Ferne ragt plötzlich ein Pferdekopf hinter einer Baumgruppe hervor.

Seelenruhig beißt das Tier Grasbüschel für Grasbüschel ab und schlendert voran, sodass nach und nach der gesamte Körper sichtbar wird – ein kleines, graubraunes Pferd. Immer mehr Tiere kommen hinter der Baumgruppe hervor – zwei kleine Fohlen, eine trächtige Stute, ein kräftiger Hengst, ein paar hellere und ein paar dunklere Pferde. Es ist eine von zwei Herden, die in den Unteren March-Auen leben – frei und wild, wie ihre Vorfahren vor Jahrtausenden.

Ursprüngliches Ökosystem wiederherstellen

Im Jahr 2015 startete die Umweltschutzorganisation WWF das Beweidungsprojekt. „Wir versuchen das ursprüngliche Ökosystem, wo große Weidetiere eine große Rolle spielen, wiederherzustellen“, erklärt Jurrien Westerhof, Bereichsleiter der March-Thaya-Auen beim WWF.

Lange Zeit prägten große Pflanzenfresser, wie Wildpferde, unsere Landschaft und schafften durch die Beweidung wichtige Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Nach und nach übernahmen Haustiere, wie Rinder, die Funktion und die wilden Weidetiere verschwanden – mit ihnen auch wichtige Lebensräume.

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Konikpferde in den March-Auen
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Nachwuchs bei den frei lebenden Konikpferden im Auenreservat
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Die Pferde können sich im Auengebiet völlig frei bewegen
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Durch die Beweidung schaffen die Pferde neue Lebensräume
Konikpferde in den March-Auen
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Die Landschaft verändert sich – zurück Richtung Wildnis
Konikpferde in den March-Auen
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Vom von den Pferden aufgewühlten Boden profitieren Insekten
Konikpferde in den March-Auen
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Die harten Grenzen zwischen Wald und Weide verschwinden durch die Beweidung, die Wälder werden weniger dicht

Pferdemist und Hufspuren als wichtige Lebensräume

Schon sieben Jahre nach Start des Projekts in den March-Auen schafften die Konikpferde verloren gegangene Lebensräume erneut und veränderten die Landschaft. „Ein Pferd trägt einen Halsbandsender. Dadurch wissen wir, dass die Pferde innerhalb der Weidefläche überall hingehen, wo sie hingehen können. Sie sind einmal hier, einmal da und hinterlassen ihre Spuren – in Form von Pferdemist, was für Dungkäfer total wichtig ist oder in Form von einem aufgewühlten Boden, der für viele Insektenarten wichtig ist. Dadurch, dass die Pferde diese Freiheit haben, entsteht dieses sehr reiche Ökosystem“, erklärt Westerhof.

Etwa 80 Hektar haben die Pferde zur Verfügung. Aus ursprünglich neun angesiedelten Tieren wurden mittlerweile 25, die sich in zwei Herden aufsplitteten und wild im Auenreservat leben. Sie bekommen kein zusätzliches Futter, sondern fressen, was die Natur zu bieten hat – auch dadurch entstehen wichtige Lebensräume. „Man sieht, dass die scharfen Grenzen zwischen Wald und Wiese verschwunden sind. Das sind jetzt total wilde Übergänge, wo ganz viele Sträucher und Blumen wachsen. Das ist für Insekten ganz wichtig und die ziehen wiederum Vögel an“, erklärt Westerhof.

Mutter Erde

In allen Medien des ORF wird von 17. bis 29. Mai einerseits über das Thema „Klima und Energie“, andererseits über die „Rückkehr der Wildnis“ berichtet.

Störche profitieren von Beweidung

Mehr als 80 verschiedene Vogelarten, darunter auch seltene Arten, wurden im Weidegebiet nachgewiesen. Wie wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, halten sich Weißstörche besonders gerne in der Nähe der Pferde auf. Die Anzahl der Brutpaare nahm in den vergangenen Jahren zu, der Bruterfolg ist seit Beginn des Weideprojektes sehr hoch.

Markant erweiterte sich zudem das Artenspektrum der Heuschrecken, die laut Westerhof „als Indikatorart ganz wichtig sind“. Denn: „Sie reagieren schnell auf Änderungen, sind sehr sensibel und es gibt viele, unterschiedliche Arten.“ Die March-Auen seien innerhalb weniger Jahre zum „Heuschrecken-Hotspot Niederösterreichs“ geworden, betonte der Experte. „Es gibt jetzt etwa 40 Arten. Das zeigt, dass mit einer Beweidung, wo eine sehr abwechslungsreiche Weide entsteht, Arten, die auf so etwas reagieren, sofort anspringen und in Anzahl und Artenvielfalt zunehmen.“

Die Konikpferde grasen also heute wieder – so wie ihre Vorfahren vor langer Zeit – in den March-Auen. Sie prägen und verändern das Landschaftsbild, dadurch auch die Lebensräume für die Tier- und Pflanzenwelt und bringen so ein Stück Wildnis zurück in die Gegenwart.