Prüfungsauftrag des Landtags an Rechnungshof
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Politik

Wie der Rechnungshof Inserate prüfen wird

Der Landesrechnungshof wird landesnahe und landeseigene Unternehmen prüfen. Konkret geht es um Ausgaben für Inserate, Werbung, Spenden und Sponsoring. Landesrechnungshof-Direktorin Edith Goldeband erklärt im Interview, wie die Prüfung abläuft.

Die Landtagsabgeordneten von SPÖ, FPÖ und NEOS hatten sich vergangene Woche auf einen Prüfungsantrag geeinigt. Auch die Grünen unterstützen die Sonderprüfung. Obwohl die ÖVP Niederösterreich nicht Untersuchungsgegenstand ist, vermuten die anderen Parteien Umgehungskonstruktionen, die dazu führen, dass die ÖVP von Inseraten landesnaher und landeseigener Unternehmen profitiert – mehr dazu in Inseratenprüfung durch Rechnungshof fix (noe.ORF.at; 25.4.2022).

Geprüft werden die Ausgaben von Unternehmen wie der EVN oder der HYPO NOE Landesbank zwischen März 2017 und April 2022 – also etwa fünf Jahre. noe.ORF.at hat mit Landesrechnungshof-Direktorin Edith Goldeband über das weitere Vorgehen gesprochen. Sie bezeichnet den Prüfungsauftrag als einen der umfangreichsten, die es je in Niederösterreich gegeben hat.

noe.ORF.at.: Frau Goldeband, wie groß ist denn der Umfang dieser Sonderprüfung überhaupt?

Edith Goldeband: Wir bekommen sehr selten Prüfungsaufträge vom Landtag, wir stellen das Prüfungsprogramm eigentlich eigenständig. Wir sind ja ein unabhängiges Kontrollorgan des niederösterreichischen Landtags. Dieser Prüfungsauftrag ist schon sehr umfangreich. Er umfasst vier große Unternehmungen: die HYPO NOE Landesbank, die ecoplus, die EVN AG und Tochtergesellschaften sowie die Landesgesundheitsagentur. Das sind vier einzelne Aufträge und dann gibt es noch einen fünften.

Edith Goldeband, Mai 2022
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Landesrechnungshof-Direktorin Edith Goldeband

Dieser umfasst sechs kleinere Unternehmungen, darunter die Familienland GmbH, die niederösterreichische Energie und Umweltagentur, die Radland GmbH, die NÖVOG und die niederösterreichische Regional GmbH sowie die Natur im Garten. Da gehört zum Beispiel die Garten Tulln dazu. Es ist ein sehr umfangreicher Prüfungsauftrag.

Etwa zehn Prüfer arbeiten an Auftrag

noe.ORF.at.: Gab es schon mal einen ähnlich großen Auftrag? Wie viele Mitarbeitende werden denn da beschäftigt sein?

Goldeband: In meiner Amtszeit – das sind immerhin zwölf Jahre – habe ich keinen derartig umfangreichen Auftrag bekommen. Ein Prüfungsteam hat mindestens zwei Personen wegen des Vier-Augen-Prinzips und der Objektivität. Wir werden das so einteilen, dass wir Prüfer, die erfahren sind im Unternehmensbereich, für diese Sonderprüfung einsetzen. Also fünf Prüfungsteams, aber bei 20 Mitarbeitern insgesamt ist da schon die Hälfte der Prüfer damit beschäftigt.

noe.ORF.at.: Wie kann man sich den Arbeitsablauf vorstellen? Erteilen Sie einen Auftrag an die Unternehmen, dass sie bestimmte Daten liefern müssen bis zu einer Deadline?

Goldeband: Wir haben uns intern zusammengesetzt und den Auftrag analysiert – welche Fragestellungen das sind oder ob wir überhaupt zuständig sind. Dann bilden wir die Prüfungsteams und machen einen Fragebogen, der an die Unternehmen übermittelt wird , mit dem Hinweis, dass dieser Prüfungsauftrag vom Landtag erteilt wurde. Und man möge uns diese Fragen gegliedert in Jahre und Förderungen, Inserate usw. beantworten und in einer elektronisch verarbeitbaren Form zur Verfügung stellen. Natürlich setzen wir eine Frist und suchen auch das Gespräch mit den zu überprüfenden Stellen.

noe.ORF.at.: Wie lange ist die Frist, um die Daten zu übermitteln?

Goldeband: Wir werden eine angemessene Frist setzen. Bei der EVN, wo die Tochtergesellschaften dabei sind, wird das länger sein. Bei kleineren Unternehmungen, wo nicht so viele Ausgaben für Inserate und Förderungen getätigt worden sind, wird es eine kürzere Frist sein. Ich würde sagen Minimum 14 Tage.

Edith Goldeband und ihr Stellvertreter im Mai 2022
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Edith Goldeband und ein Team von Prüferinnen und Prüfern kümmern sich um den Prüfungsauftrag

„Wir verifizieren die Antworten“

noe.ORF.at.: Die Parteien rechnen ja mit Ergebnissen Ende September. Ist das realistisch?

Goldeband: Ich kann das noch nicht beurteilen, weil ich noch nicht weiß, wie lange die Unternehmungen brauchen, um die Daten zu liefern. Es gibt keine Möglichkeit, dem Landesrechnungshof eine Frist zu setzen. Die einzige Frist, die die Verfassung vorsieht, ist die Stellungnahmefrist. Die Unternehmungen haben die Möglichkeit, zum vorläufigen Prüfungsergebnis eine Stellungnahme abzugeben, und dafür haben sie zehn Wochen Zeit.

Außerdem ist mir die Qualität der Prüfung wichtig. Es geht nicht nur um das Abfragen der Daten. Wir schauen stichprobenartig vor Ort, ob die Daten richtig und vollständig sind, wie die Verträge sind. Das muss man sich schon genauer anschauen. Das ist ja das Wesen einer Prüfung. Wir fragen nicht nur nach Daten, wir verifizieren auch die Antworten.

noe.ORF.at.: Wie lange wird es denn erfahrungsgemäß dauern, bis Sie einen ersten Überblick haben?

Goldeband: Das werden wir dann wissen, wenn wir die Fragebögen ausgeschickt haben und die Rückmeldungen von den Unternehmungen bekommen bzw. ist es auch so, dass man ein Antrittsgespräch führt. Das heißt, das Prüfungsteam meldet sich dort an und geht den Fragebogen und den Ablauf durch und erklärt, wie das Verfahren läuft. Dann werden wir mehr wissen.

„Objektivierung in Diskussion bringen“

noe.ORF.at.: Bei vielen blieb hängen, dass man sich da speziell die Inserate in Richtung ÖVP oder ÖVP-nahen Publikationen ansieht. Das Ziel ist aber an sich ein offenes. Was ist das Ziel aus der Sicht des Landesrechnungshofs?

Goldeband: Das Ziel ist, eine Objektivierung in die öffentliche Diskussion zu bringen – dem Landtag objektive, belastbare Entscheidungsgrundlagen zu liefern. Auch in den Motiven des Antrags steht drinnen, die anonymen Behauptungen abzuklären und den Landtag darüber zu informieren.

noe.ORF.at.: Also es wird nicht gegen jemanden konkret ermittelt, sondern man schaut überhaupt, ob die Behauptungen auf die Parteien zutreffen – egal welche Partei?

Goldeband: Das ist sicher einer der wichtigsten Aspekte. Der Rechnungshof prüft die Gebarung, das heißt die Geschäftstätigkeit. In diesem Fall geht es um die Ausgaben für Marketing, Spenden, Sponsoring und Förderungen. Und wir überprüfen nicht einzelne Personen.

Außerdem sind wir verpflichtet, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren, wenn wir berichten. Uns gegenüber sind alle Daten offenzulegen, aber der Landesrechnungshof selbst ist in seiner Berichterstattung verpflichtet, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse – das können etwa Kostenkalkulationen sein – so weit vertraulich zu behandeln, dass der Landtag trotzdem noch in der Lage ist, seine Kontrollaufgaben und sein Budgetrecht wahrzunehmen.