Schwarzes Meer im Landestheater Niederösterreich mit Julia Kreusch und Mikis Kastrinidis
Alexi Pelekanos
Alexi Pelekanos
Kultur

Theater: „New York Times“ lobt „Schwarzes Meer“

In einem Artikel über Europas Theaterszene findet die US-Tageszeitung „New York Times“ lobende Worte für Frank Castorfs „Schwarzes Meer“ am Landestheater Niederöstererich in St. Pölten. Das Stück sei eine „überraschende Produktion“.

Der renommierte „New York Times“-Journalist A. J. Goldmann bespricht in seinem Artikel „On European Stages, Myths and Memories Merge“ („Auf Europas Bühnen vermengen sich Mythen und Erinnerungen“) europäische Erinnerungskultur und ihre Darstellung in zeitgenössischer Bühnenkultur. Erwähnung findet darin neben dem von Krzysztof Warlikowski am Schauspiel Stuttgart inszenierten „Odyssey. A Story for Hollywood“ auch „Schwarzes Meer“ am Landestheater Niederösterreich, das im Jänner uraufgeführt wurde.

„Schwarzes Meer“ erzählt die Geschichte der griechischstämmigen Elefteria auf ihrer Odyssee durch Europa mit dem Ziel, das Rätsel ihrer Herkunft zu lösen. Die schweizerisch-griechische Autorin Irina Kastrinidis schickt die Protagonistin darin zurück in die Wirren des Griechisch-Türkischen Krieges der 1920er Jahre im Pontos, der Südküste des Schwarzen Meeres. Das vom deutschen Starregisseur Frank Castorf inszenierte Stück feierte am 29. Jänner seine Weltpremiere im Landestheater Niederösterreich.

Überraschend weit weg vom traditionellen Castorf

Goldmann, der schon in der Vergangenheit lobende Worte für Inszenierungen am Landestheater Niederösterreich fand – mehr dazu in New York Times: St. Pölten bestes Theater (noe.ORF.at, 20.12.2019) –, beschreibt „Schwarzes Meer“ als „überraschende Produktion“, da Castorf bisher eher für seinen zerstörerischen Ansatz gegenüber Klassikern bekannt sei.

Schwarzes Meer im Landestheater Niederösterreich mit Julia Kreusch und Mikis Kastrinidis
Alexi Pelekanos
„Schwarzes Meer“ im Landestheater Niederösterreich mit Julia Kreusch (l.) und Mikis Kastrinidis

Neu sei am Landestheater eine für Castorf überraschend sensible Darstellung weiblicher Protagonistinnen, so Goldmann. „Die Kammeraufführung dieses brandneuen Werks ist ein Tempowechsel für den mittlerweile 70-jährigen Castorf. Seine klassischen Produktionen, im Grunde Kunststücke theatralischer Marathons, nahmen sich extreme Freiheiten am Originalstoff heraus und waren damit häufig strapaziös für Schauspieler wie Zuschauer“, so Goldmann.

In „Schwarzes Meer“ dagegen finde man überraschend wenige Kennzeichen dieses traditionellen Castorfs, insbesondere, da er sich in weiten Teilen an Kastrinidis Originaltext halte. „Schwarzes Meer“, so endet Goldmann, sei letztlich ein „artistischer Aushub des Erinnerungstheaters“. Die Themen Entwurzelung und Exil fänden in der auffallenden neuen Produktion Niederschlag als fundamentale Elemente moderner menschlicher Lebensbedingungen.