Am Dienstag war ein Maschinenkran der ÖBB im Einsatz, um die beiden umgestürzten „Ventus“-Wagen der Raaberbahn zu bergen und die vier anderen wieder in die Gleise zu hieven. Beamte des Landeskriminalamtes Niederösterreich, Ermittlungsbereich Leib/Leben und Assistenzbereich Tatort, haben mit Mitarbeitern der ÖBB und des Verkehrsministeriums noch am Montagabend die Ermittlungen zum Hergang des Unfalls aufgenommen. Ein 25-jähriger Burgenländer kam dabei ums Leben.
Bei der Raaberbahn geht man inzwischen von „menschlichem Versagen“ aus, sagte die stellvertretende Generaldirektorin, Hana Dellemann, im „Burgenland heute“-Interview am Dienstag – mehr dazu in Zugunglück wahrscheinlich „menschliches Versagen" (burgenland.ORF.at; 10.5.2022). Vermutungen und Gerüchte, dass Bahnweichen falsch gestellt wurden, wollte Dellemann nicht bestätigen. „Die Untersuchungen laufen noch, es ist ein Sachverständiger beauftragt, der genau diese Überprüfungen macht.“ Die Strecke und die Züge seien noch nicht komplett automatisiert, in der Zukunft wolle man hier einen höheren Grad der Automatisierung erreichen, hieß es.
Weitere Erkenntnisse soll der Fahrtenschreiber des Zuges bringen, der laut Polizeisprecher Stefan Loidl auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt zur Auswertung sichergestellt wurde. Darin sind wie bei einer Blackbox im Flugzeug verschiedene Daten, etwa zur Geschwindigkeit, mit der der Zug unterwegs war, gespeichert. Zudem wurde ein Sachverständiger zur Klärung der Unfallursache bestellt.
Am Dienstagabend ging man bei der ÖBB davon aus, dass erste Reparaturarbeiten am Mittwoch abgeschlossen sein würden und die Pottendorfer Linie ab 18.00 Uhr vorläufig eingleisig wieder befahrbar sein werde. Derzeit gibt es für die Zugreisenden einen Schienenersatzverkehr zwischen Achau (Bezirk Mödling) und Wampersdorf (Bezirk Baden). Mit der Instandsetzung des zweiten Gleises und damit des gesamten Streckenabschnitts rechnet die ÖBB zwischen Freitag und Sonntag.
Laut ÖBB-Sprecher Christopher Seif dürften die Masten der Oberleitung ebenso beschädigt sein, wie eine Weiche, auch die Gleise und der Oberbau müssen repariert werden. Das gesamte Ausmaß der Schäden könne aber erst beurteilt werden, wenn die Garnituren der Raaberbahn abtransportiert worden sind.
In einer Aussendung der Raaberbahn wurde zudem mitgeteilt, dass Züge nach betrieblichen Möglichkeiten über Gramatneusiedl (Bezirk Bruck an der Leitha) und der Güterverkehr großräumig umgeleitet würden. Reisenden steht die Servicenummer der Raaberbahn (Tel.: 0501611) zur Verfügung.
Nur ein Zug in Unfall involviert
Parallel dazu laufen die Ermittlungen zur Unfallursache. Nach wie vor ist nicht bekannt, warum der Zug am frühen Montagabend auf dem Weg Richtung Wien entgleist ist. Laut Polizei gab es keinen Zusammenstoß mit einem anderen Zug und es soll auch nichts auf der Strecke gelegen sein, hieß es am Dienstag.
Noch in der Nacht hatten sich Ermittler des Landeskriminalamtes sowie Mitarbeiter des Innenministeriums und der ÖBB ein Bild von der Unfallstelle gemacht, informierte Polizeisprecher Stefan Loidl gegenüber noe.ORF.at.
Werner Fetz (ORF Niederösterreich) berichtet vom Unglücksort
Bei dem Unglück kam ein 25-Jähriger aus Eisenstadt ums Leben, berichtete die Landespolizeidirektion Niederösterreich. Er war dem Bezirksfeuerwehrkommando Mödling zufolge unter dem Zug eingeklemmt worden. Der eingeschlossene Triebwagenführer, nach Polizeiangaben ein 52-jähriger ungarischer Staatsbürger, musste von den Einsatzkräften mit hydraulischem Rettungsgerät befreit werden. Ebenfalls schwer verletzt wurden eine 35-Jährige aus Wien-Floridsdorf und ein 78-Jähriger aus Wien-Landstraße.
Der 25-Jährige, der bei dem Zugsunglück starb, hatte als Violinist in der Eisenstädter Dommusik St. Martin fungiert. Die Diözese Eisenstadt bekundete am Dienstagnachmittag in einer Aussendung ihre Trauer – mehr dazu in burgenland.ORF.at. Bei dem Vorfall erlitten zumindest zehn weitere Fahrgäste der Polizei zufolge leichte Verletzungen. Die Blessuren der österreichischen und ungarischen Staatsbürger wurden in Landeskliniken ambulant behandelt.
Das Unglück hatte sich auf einem geraden Streckenabschnitt ereignet. An Bord des Zuges, der auf dem Weg von Deutschkreutz nach Wien-Hauptbahnhof war, hatten sich der Landespolizeidirektion Niederösterreich zufolge neben dem Triebwagenführer etwa 70 Passagiere befunden. Unverletzt gebliebene Fahrgäste wurden im nahen Katastrophenhilfezentrum Münchendorf des Roten Kreuzes Niederösterreich betreut und versorgt.
Zumindest zehn weitere Fahrgäste, bei denen es sich um österreichische und ungarische Staatsbürger handelt, erlitten leichte Verletzungen und wurden in den umliegenden Landeskliniken ambulant behandelt, teilte die Landespolizeidirektion in einer Aussendung mit. Zum Zeitpunkt des Vorfalles befanden sich etwa 70 Fahrgäste in der Zuggarnitur.
Hana Dellemann (Raaberbahn) zum Zugsunglück
Die Generaldirektor-Stellvertreterin über mögliche Ursachen für das Zugsunglück
Die unverletzten Passagiere wurden im Logistikzentrum für Großunfälle und Katastrophenhilfe NÖ Süd erstversorgt und betreut – mehr dazu in Zug entgleist: Ein Toter, mehrere Verletzte (noe.ORF.at; 9.5.2022).