Katrin Neudolt mit Silber
Neudolt
Neudolt
Sport

Doppelter Erfolg bei Deaflympics

Bei den 24. Deaflympics haben sich die Niederösterreicher Katrin Neudolt aus Maria Enzersdorf und Christopher Krämer aus Guntramsdorf (beides Bezirk Mödling) mit Medaillen gekrönt. Die Gehörlosensportler zeigten ihre Klasse.

In Caxias do Sul (Brasilien) konnten sich Katrin Neudolt Silber (Badminton) und Christopher Krämer Bronze (Tischtennis) holen. Erstmals in der Geschichte darf sich Österreich über Medaillen in diesen Sportarten freuen.

Die 33-jährige Neudolt wurde 2018 Europameisterin und 2019 Vize-Weltmeisterin im gehörlosen Badminton. Sie ist auch Staatsmeisterin in der allgemeinen Klasse. Der 27-jährige Christopher Krämer, der auch in der Tischtennis-Landesliga für Gumpoldskirchen-Mödling spielt, feiert mit dem Gewinn der Medaille den größten Erfolg seiner Karriere. noe.ORF.at hat mit den beiden über ihre Erfolge und kommende Herausforderungen gesprochen.

Neudolt: „Behinderung stand nie im Vordergrund“

noe.ORF.at: Was bedeutet Ihnen dieser Erfolg und welchen Stellenwert hat die erste Deaflympics-Medaille für eine Vize-Welt- und Europameisterin?

Katrin Neudolt: Trotz der geringen finanziellen Mitteln ist die harte Arbeit belohnt worden. Mein Team und ich haben gemeinsam Erfolgreiches geschafft. Meine Behinderung stand nie im Vordergrund. Sicherlich war mein Ziel, zu gewinnen, um den Deaflympics die Aufmerksamkeit zu bringen, die Paralympics und Olympische Spiele bekommen.

noe.ORF.at: Ihre Silbermedaille ist ein großes Ausrufezeichen für den heimischen Badmintonsport. Wie sehen Sie ihrer Rolle im ÖBV (Österreichischer Badminton Verband) als Leistungsträgerin über alle Klassen hinweg?

Neudolt: Für mich steht die Gehörlosigkeit gar nicht so sehr im Vordergrund, sondern, wie alle von mir lernen, mit mir zu kommunizieren und die nonverbale Kommunikation bewusst einzusetzen. Denn davon profitierten alle im Team und in der Badminton Community. Inklusion wird somit aktiv gelebt, wenn auch nicht perfekt, aber es wird sehr wertgeschätzt. Ich hoffe, meine Medaille ist für alle Athleten ein Ansporn, alles zu geben, um seine Ziele zu erreichen, egal welche Behinderungen/Barrieren am Weg liegen.

noe.ORF.at: Was sind Ihre nächsten Ziele? Sind die Olympischen Spiele in Paris 2024 ein Thema?

Neudolt: Die Qualifikation für Paris 2024 ist extrem hart und erfordert ein großes finanzielles Budget. Eine sehr große Herausforderung für mich und mein Team. Solche Herausforderungen liebe ich und außerdem gibt es keine bessere Werbung für den Sport, als sich als erste Gehörlose im Badminton zu qualifizieren, oder?

Aktuell stehen im Herbst die gehörlosen Europameisterschaften in Litauen an, nächstes Jahr die gehörlosen Weltmeisterschaften in Brasilien und die European Games (nicht-behinderten) 2023 in Polen. Dies wären die ersten Schritte, bevor die Qualifikation für die Olympischen Spiele Paris startet. Es ist noch nicht entschieden, ob ich es machen werde. Jedoch ist es schon ein großer Wunsch von mir.

Christopher Krämer mit seiner Tischtennis Bronze-Medaillen
Krämer
Von links: Obmann vom ATUS Gumpoldskirchen-Mödling Tischtennis Rudolf Reitner, Christopher Krämer, Lukas Krämer

Krämer: „Das Gefühl ist einzigartig“

noe.ORF.at: Wie fühlt sich das an, bei so einem Großereignis eine Medaille zu gewinnen? Was bedeutet Ihnen dieser Meilenstein?

Christopher Krämer: Das Gefühl ist einzigartig! Ich hoffe, mit dem Gewinn der Medaille die Aufmerksamkeit auf den hörbeeinträchtigten Sport in Österreich zu lenken und jungen Spielern und Spielerinnen die Motivation für die Ausübung der spannenden Sportart Tischtennis geben zu können.

noe.ORF.at: Hat Sie die Medaille überrascht? Mit welcher Zielsetzung sind Sie denn nach Brasilien gefahren? Warum hat’s so gut funktioniert?

Krämer: Die Medaille war schwierig zu erreichen, aber ich kämpfte um die Chance. Die Zielsetzung war es, nachdem wir fünf Jahre an keinem Turnier teilnehmen konnten (coronabedingt), unsere momentane Spielstärke gegenüber anderen Ländern zu vergleichen. Im Doppel mit meinem ebenfalls gehörlosen Bruder Lukas schafften wir das Viertelfinale und mussten uns leider gegen ein Doppel aus der Ukraine geschlagen geben. Im Team (zusammen mit unserem dritten Mann Erwin Stürmer) erreichten wir unter der schwierigen Auslosung den 7. Platz.

Im Einzelbewerb startete ich mit vier Siegen in der Vorrunde und erreichte somit den Gruppensieg. Danach stieg ich voll motiviert in den Hauptbewerb in die K.O.-Runden ein. Die Bedingungen waren echt schwierig: In der Halle war es kalt (10 Grad) und feucht. Aber die mentale Einstellung und die perfekte Zusammenarbeit in unserem Team, angefangen mit den beiden Trainern Martin Schuster und Johann Weitlaner und unserem Physio Stefan Ernhofer, wurde ich bis ins Semifinale gegen Korea gepusht.

noe.ORF.at: Wie beeinflusst Ihre Gehörlosigkeit Ihr Spiel? Wie kompensieren Sie mögliche Nachteile?

Krämer: Das Gehör spielt natürlich eine große Rolle, weil dadurch die unterschiedliche Rotationsgeschwindigkeit nicht hörbar ist. Außerdem ist der Gleichgewichtsinn stark reduziert, da dieser im Innenohr liegt. Dadurch wird vielmehr mit den Augen kompensiert. Der große Vorteil: Ich habe fast keine Störgeräusche!