Landhausschiff in St. Pölten im Juli 2020
ORF/Pöchhacker
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Politik

Verkauf von Wohnbaudarlehen verringerte Minus

Das Land weist im Rechnungsabschluss 2021 einen Nettofinanzierungssaldo von minus 170 Mio. Euro aus. Dass 411 Mio. Euro weniger Schulden als veranschlagt gemacht wurden, liegt laut ÖVP vor allem an der Verwertung von Wohnbauförderdarlehen.

Ein Nulldefizit sei coronavirusbedingt frühestens 2027 in Sicht, sagte Finanzlandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) am Donnerstag bei einer Pressekonferenz vor Journalisten in St. Pölten. Die Teuerung bringe „neue Herausforderungen“. Der Schuldenstand des Landes sei um 200 Millionen auf 6,9 Milliarden Euro gestiegen.

Im Februar sei er noch „vorsichtig optimistisch“ gewesen, nun müsse man sowohl mit der globalen Pandemie als auch mit dem Ukraine-Krieg und der Teuerungswelle umgehen, sagte der Finanzlandesrat. Inflation bringe dem Land heuer 40 Millionen an Mehreinnahmen, aber gleichzeitig 100 Millionen Euro an zusätzlichen Kosten, etwa für Energie und Winterdienst.

Schleritzko: „Covid hat zwei Milliarden Euro gekostet“

„Covid hat das Land Niederösterreich 2020 und 2021 viel Geld gekostet“, blickte Schleritzko zurück. Die Pandemie führte demnach zu 915,6 Millionen Euro an tatsächlichen neuen Schulden und sei eine „große budgetäre Herausforderung“ gewesen. Berücksichtigt man auch Mindereinnahmen etwa durch die schlechtere wirtschaftliche Entwicklung, habe die Pandemie das Land zwei Milliarden Euro gekostet. Die höchsten Summen fielen für Impfungen, Testungen, die Landeskliniken und Wirtschaftshilfen an. Ein Teil der CoV-Ausgaben wird vom Bund refundiert.

Buchhaltungsdirektor Jürgen Reichholf, Finanzlandesrat Ludwig Schleritzko, Finanzdirektor Georg Bartmann und Budgetdirektor Franz Spazierer (v.l.)
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Sie präsentierten mit Finanzlandesrat Ludwig Schleritzko (2.v.l.) den Rechnungsabschluss: Buchhaltungsdirektor Jürgen Reichholf, Finanzdirektor Georg Bartmann und Budgetdirektor Franz Spazierer (v.l.)

Durch den „strategisch klugen Verkauf der Wohnbaudarlehen“ mit 419 Millionen Euro Einnahmen, also zu einem Nominalwert von 103,4 Prozent, habe man den negativen Saldo reduzieren können und Covid-Mehrkosten abgefedert, sagte der Finanzlandesrat. Die für heuer geplante zweite Tranche in der Verwertung von Wohnbauförderungsdarlehen wurde allerdings ausgesetzt. Durch den Krieg in der Ukraine würde man im Moment laut Schleritzko aufgrund des verschlechterten Umfelds nicht die geforderten 90 Prozent des Nominalwerts erreichen.

Land sei „relativ gut durch die Krise gekommen“

Mit dem „All Time Low“ beim Nettofinanzierungssaldo von minus 745 Millionen Euro wurde im Jahr 2020 wegen des Coronavirus der Budgetpfad verlassen, erinnerte der Landesrat. „Ich bin 100 Prozent überzeugt, dass wir 2021 eine schwarze Null geschrieben hätten, wenn Covid nicht gewesen wäre“, sagte der ÖVP-Politiker. „Wir wollen den Pfad Richtung Nulldefizit in der nächsten Legislaturperiode fortsetzen“, betonte er. Die schwarze Null werde aus heutiger Sicht im Jahr 2027 oder 2028 erreicht. Die Ratingagenturen Moody’s und Standard & Poor’s würden Niederösterreich „ein gutes Zeugnis“ ausstellen, von S&P gebe es beispielsweise AA mit einem stabilen Ausblick.

Der Rechnungsabschluss sei trotz Herausforderungen und Schwierigkeiten „durchaus positiv“, meinte Schleritzo. Das Land sei „relativ gut durch die Krise gekommen“, der Schuldenstand sei trotz Pandemie „nicht wesentlich gestiegen“. Der Rechnungsabschluss 2021 wurde am Dienstag von der Landesregierung beschlossen und wird in der nächsten Landtagssitzung am 15. Juni debattiert. Ein neuer Voranschlag wird heuer nicht beschlossen, da im Vorjahr erstmals ein Doppelbudget für 2022/2023 verabschiedet wurde.

SPÖ, NEOS und Grüne kritisieren den Rechnungsabschluss

Einzig und allein der Einmaleffekt von verkauften Wohnbauförderungsgeldern der Häuslbauer rette das Land vor einem desaströsen Rechnungsabschluss, reagierte die SPÖ. Landtagsabgeordneter Gerhard Razborcan bezeichnete die Finanzpolitik als „eine in Zahlen gegossene Visionslosigkeit“. Es gebe keine Lösungen für Jungfamilien in puncto Kinderbetreuung, keine Lösungen, um endlich die massiven Probleme im Pflegebereich unter Kontrolle zu bringen und aktuell auch nicht die Bereitschaft, den Menschen im Kampf gegen die Teuerung zu helfen, kritisierte der SPÖ-Mandatar.

Die langfristigen Bankschulden seien mit 6,4 Milliarden Euro praktisch gleich geblieben, während das Gesamtvermögen des Landes um weitere 420 Millionen Euro gesunken sei, hielt Helmut Hofer-Gruber (NEOS) fest. „Ich sehe hier eine hauptsächlich negative Entwicklung, die man nicht der Pandemie in die Schuhe schieben kann. Die war 2021 nämlich bereits einkalkuliert“, so der NEOS-Landtagsabgeordnete.

Die Aussendung der Grünen mit einem Statement von Landessprecherin Helga Krismer war kurz: „Schnelles Geld durch Verkauf von Wohnbaudarlehen hatte für ÖVP nur dieses Ziel: Grinsefotos vor der Landtagswahl mit getuntem Rechnungsabschluss.“