Smartmeter
ORF/Koppensteiner
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Wirtschaft

Digitale Stromnetze sollen Blackout verhindern

Stromnetze müssen intelligenter, digitaler und flexibler werden, um auch in Zukunft Blackouts zu verhindern – davor warnt die EVN-Tochter Netz Niederösterreich. Die Umrüstung auf Smart Meter soll bis Jahresende abgeschlossen sein.

In vielen Bezirken des Landes sind derzeit Techniker der Energieversorger im Einsatz. Sie tauschen die herkömmlichen Stromzähler gegen neue, „intelligente“: die sogenannten Smart Meter. Nach Jahren der Verzögerungen geht der Ausbau in Niederösterreich nun rasch voran.

Bei der EVN-Infrastruktur-Tochter Netz Niederösterreich liegt der Anteil der neuen Zähler bereits bei 84 Prozent, noch heuer soll das Umrüstungsprojekt abgeschlossen sein. Das ist alleine aus rechtlichen Gründen dringend notwendig, denn die Europäische Union schreibt Smart Meter schon länger vor.

Smartmeter
Netz NÖ / Rumpler
Ein Smart Meter der EVN-Tochter Netz Niederösterreich

Der intelligente Zähler steht für einen Umbruch am Strommarkt. „Energiesysteme haben sich verändert“, sagte Werner Hengst, Geschäftsführer von Netz Niederösterreich, bei einer Veranstaltung des „Forums Versorgungssicherheit“ am Donnerstag. Stromsysteme seien komplexer als früher: Statt in großen Erzeugungsanlagen wird Strom heute immer häufiger dezentral produziert, etwa mit Windrädern.

Der Haushalt als Konsument und Produzent

Photovoltaik-Anlagen auf privaten Dächern würden die Grenzen zwischen Verbraucher und Erzeuger verwischen, „Consumer“ würden zu „Prosumern“. Dadurch entstünden ganz neue Lastenflüsse. Zusätzlich steige der Stromverbrauch, beispielsweise durch E-Autos und Wärmepumpen. Natürliche Schwankungen in der Stromproduktion bei alternativen Energieträgern wie Wind und Sonne müssten zudem ausgeglichen werden.

Um unter diesen Bedingungen die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und Stromnetze effizienter zu machen, sei es notwendig, Energiesysteme digital zu überwachen und den Verbrauch intelligent zu steuern, so Hengst. Dazu seien große Datenmengen in hoher Qualität notwendig: „Wir sind weltweit dabei, zusätzliche Daten von unseren Netzen zu erheben. Wir brauchen diese Daten in hoher Quantität, guter Qualität und guter Verfügbarkeit“, sagte Hengst.

Hengst forderte auch dynamische Netztarife: Schonende Netznutzung solle dabei mit einem günstigeren Tarif belohnt werden, „und wenn jemand sein E-Auto mit hoher Leistung laden will, dann soll er auch dafür bezahlen“, so der Netz-Niederösterreich-Chef. Dadurch würden Anreize für netzschonenden Verbrauch gesetzt und der weitere Ausbau der Netze wäre erst später notwendig.

Voraussetzung für neue Energiegemeinschaften

Ein zusätzliches Argument für den Tausch der klassischen Stromzähler bilden jedenfalls die neuen Energiegemeinschaften. Dabei schließen sich Haushalte zusammen, von denen manche Solarstrom produzieren und andere nur verbrauchen. Für diese ist ein intelligenter Stromzähler Grundlage und Voraussetzung.

Hauptgrund für die Entscheidung der Europäischen Union für Smart Meter sei gewesen, „dass der Kunde ein aktiver Teilnehmer in der Energiezukunft sein soll“, sagte Hengst. Haushalte, die etwa Kunden der EVN sind, können nun in drei Stufen wählen, ob ihr Stromzähler den Verbrauch jährlich, täglich oder viertelstündlich misst. Das jährliche Intervall gilt als „Opt-Out-Variante“, etwa jeder und jede Zwanzigste nimmt dies hierzulande in Anspruch.

Für eine Energiegemeinschaft braucht es allerdings die viertelstündliche Ablesung. Das Interesse daran ist offenbar groß – aus Oberösterreich heißt es, dass momentan besonders viele auf Smart Meter umsteigen wollen, nur um einer Energiegemeinschaft beizutreten zu können.

Für PV-Industrie ist der Ausbau zu langsam

Die Interessensvertretung der Photovoltaik- und Speicherindustrie PV Austria beklagte unterdessen am Donnerstag in einer Aussendung, dass der Ausbau des Stromnetzes zu langsam vorangehe: „Das Stromnetz wird zum Flaschenhals der Energiewende.“ Derzeit sei es nicht einfach, nachzuvollziehen, ob sich die Anschaffung einer PV-Anlage überhaupt auszahlt. Der Verband forderte eine Modernisierung des Strommarktgesetzes, in dem Transparenz über den Zustand des Stromnetzes, ein öffentlich zugänglicher Ausbauplan und ein klar geregelter Netzzutritt verankert werden.