Stefanie Werger Sängerin
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„GANZ PERSÖNLICH“

Stefanie Werger: Abschied mit viel Wehmut

Bei Liedern wie „Stoak wie a Felsen“ von Stefanie Werger können wohl viele mitsingen. Nach mehr als 40 Jahren nimmt Werger nun aus gesundheitlichen Gründen Abschied von der Bühne. Es ist ein Abschied mit Wehmut, wie sie im ganz persönlichen Interview sagt.

Stefanie Werger wurde am 2. Juli 1951 in Maria Lankowitz in der Steiermark als Tochter einer Bergarbeiterfamilie geboren. Ihr Musikdebüt „Die Nächste bin i“ 1982 war ihr Durchbruch auf dem deutschen Popmarkt. Es folgten elf Studioalben und zahlreiche Auszeichnungen. Werger hat auch zahlreiche Bücher geschrieben, unter anderem die Bestseller „Am Anfang war die Liebe“ und „Wer spricht hier von Diät“. Sie ist verheiratet und lebt in Graz.

noe.ORF.at: Sie stecken mitten in Ihrer Abschiedstour. Wie groß ist denn die Wehmut?

Stefanie Werger: Die Wehmut ist immer groß. Jedes Mal, wenn ich zum Schluss mein Abschiedslied singe, dann drückt es mich immer. Auch im Publikum sieht man so manches Taschentuch. Aber es ist die richtige Entscheidung. Ich möchte gehen, wenn die Häuser noch voll sind und nicht, wenn nur mehr ein paar Hanseln aus Mitleid mitklatschen und es geht auch nicht mehr. Eine Tournee ist so anstrengend, nicht die Bühne, sondern alles rund herum.

noe.ORF.at: Fürchten Sie sich vor dem Moment, in dem das allerletzte Lied, die allerletzte Zugabe verklungen ist?

Stefanie Werger: Fürchten tu ich mich nicht, aber ich werde vielleicht auch ein paar Tränchen zerdrücken. Aber es ist ja nicht so, dass ich aus der Welt bin. Erstens hinterlasse ich Tonspuren und Textspuren und die kann man immer wieder hören und zweitens fällt mir ja noch etwas ein, vielleicht schreibe ich ein Buch, mal sehen.

noe.ORF.at: Wir haben uns in einem Hotel getroffen, wo Sie wegen Ihrer Konzerte derzeit schlafen. Sie wollen sich möglichst wenig bewegen, Sie sind gesundheitlich angeschlagen und haben Bandscheibenprobleme.

Werger: Auf der Bühne bewege ich mich ganz schön, obwohl ich im Sitzen singe, aber da geht schon der ganze Körper mit. Es war einmal so arg, in Graz sind die Leute Kopf gestanden und haben mich sozusagen derart aufgegeilt, dass ich mich bewegt habe wie eine Irre. Am nächsten Tag hatte ich Schmerzen, also eigentlich die nächsten zwei Tage, aber es war legendär. Ich muss einfach schauen, dass ich meine Pausen habe. Auf der Bühne steht auch immer eine Couch, sodass ich mich immer wieder auch hinlegen kann.

noe.ORF.at: Die Tournee war ja eigentlich vergangenes Jahr geplant. Aus Gesundheitsgründen haben Sie die Tournee aber verschoben. Sie haben gesagt, dass Sie das letzte Jahr am liebsten abhaken möchten?

Werger: Ja, ich weiß jetzt was echte Schmerzen sind. Es war grauenhaft, wirklich grauenhaft. Ich will darüber gar nicht weiter sprechen. Mir geht es jetzt wieder so einigermaßen gut. Wenn ich jetzt wirklich noch leiden würde, würde man das sehen.

Stefanie Werger Eva Steinkellner-Klein
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Stefanie Werger (li.) spricht mit Eva Steinkellner-Klein über ihre Karriere und was sie nach dem Abschied machen möchte

noe.ORF.at: Ihr Durchbruch ist Ihnen mit „Die Nächste bin i“ gelungen – ausgerechnet mit diesem Titel. Wie fällt Ihre Bilanz aus, nach 40 Jahren Bühne?

Werger: Es war eine wundervolle Karriere. Ich bin voller Demut und Dankbarkeit. Das hat nicht jeder. Ich habe mich langsam gesteigert. Ich war nicht gleich da. Der Umstand, dass ich als Frau in diese Szene gekommen bin, das hat Aufsehen erregt und der Titel „Die Nächste bin i", das war ja auch frech.

noe.ORF.at: Der Mut hat Sie ja nie verlassen. Sie sind jahrelang durch die Gegend getingelt und es ist nichts passiert, und dann erst kam der Durchbruch.

Werger: Es war auch eine wichtige Zeit, das war meine „Steh-Gerade-Zeit“. Zehn Jahre, die ich getingelt bin. Das steht man ja nur als Junger durch. Wir haben viel angestellt, wir haben viel Gaude gehabt, aber es wurden auch viele Tränen vergossen, weil es oft anstrengend war.

noe.ORF.at: Ein ganz berühmtes Lied von Ihnen ist „Stoak wie a Felsen“. Haben Sie sich immer so wahrgenommen? Waren Sie immer stark?

Werger: Ich bin schon durch Wände auch gegangen. Mit der Zeit habe ich auch geschaut, ob es ein Türchen gibt, oder ich habe untergraben (lacht). Ich habe schon geschaut, dass ich an mein Ziel komme. Ich habe mir oft die Gurke angehaut (lacht).

noe.ORF.at: Was waren die größten Hindernisse?

Werger: Die Nicht-Akzeptanz. Dass ich als Frau meine Lieder selbst schreibe, das war für die meisten nicht zu glauben. Heute muss ich niemandem mehr etwas beweisen und mittlerweile habe ich die Anerkennung aller. Am Anfang hat es auch getuscht, da war ich wenig diplomatisch, wenn mir etwas nicht gepasst hat. Dann haben mich die Bandmitglieder ausgerichtet, wenn die das nicht so gemacht haben, wie ich das wollte. Aber ich habe mir da eben oft ein bestimmtes Arrangement vorgestellt und wollte das auch so umgesetzt haben. Ich habe gesagt: Ich bin der Chef.

noe.ORF.at: So werden Sie ja auch wahrgenommen. Als Vorbild für Frauen, die stark und selbständig sein wollen.

Werger: Man darf keine Schwäche zeigen, sonst ist man unterbuttert und zwar ganz schnell. Vielleicht war ich manchmal ein bisschen zu sehr Kampfhenne. Ich habe dann irgendwann gelernt, dass es auch so etwas wie Diplomatie gibt.

noe.ORF.at: Sind Sie altersmilde geworden?

Werger: Die Altersmilde ist an mir vorübergegangen. Ich will mich jetzt auch nicht mehr ändern, das zahlt sich nicht mehr aus (lacht).

noe.ORF.at: Ganz große Erfolge haben Sie mit Liedern über Liebeskummer und Sehnsucht gefeiert. Waren sie oft verliebt?

Werger: Ja, ich war oft verliebt, leidenschaftlich und brennend. Ich wurde oft enttäuscht. Ich habe mir immer zu viel erwartet. Aber so ist das Leben, ich war ja auch oft gemein, ich habe ja auch ein paar verjagt (lacht).

noe.ORF.at: Ihre große Liebe, Ihren Ehemann, haben Sie relativ spät kennengelernt.

Werger: Man muss auf die guten Sachen warten können. Letzte Woche haben wir den 16. Hochzeitstag gehabt.

noe.ORF.at: Sie singen nicht nur Lieder, sondern Sie haben auch Bücher geschrieben – zwei davon über ihr Gewicht. Da haben Sie immer öffentlich darüber geredet.

Werger: Man wollte immer mit mir darüber reden. Ich wollte gar nicht so viel über das Gewicht reden. Das war so: Ich habe die Trennkost praktiziert und habe viel abgenommen, aber man hat mich lange nicht gesehen und dann gab es zu Silvester eine Sendung und dort ist allen aufgefallen, dass ich abgenommen habe. Dann wollten alle wissen, wie ich das gemacht habe. Ich dachte daher, ich schreibe eine kleine Fibel und daraus ist ein riesiger Erfolg geworden. Es ist ja nicht lustig ist, wenn man fett oder blad ist. Aber man hat ja auch viele Nachteile, im Flieger, es ist überall zu eng. Man wird angeschaut, es ist nicht so schön, wie wir behaupten. „Rund na und“ oder „rund und g’sund“ – das sind ja Trotzreaktionen. Man will ja nicht immer auf sein Gewicht reduziert werden, das ist klar.

Stefanie Werger Sängerin
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Stefanie Werger kann trotz der jüngsten gesundheitlichen Probleme über vieles lachen, das ihre langjährige Karriere geprägt hat

noe.ORF.at: Werden Sie den Applaus vermissen?

Werger: Der ist so gewaltig jetzt und das hallt noch ein paar Jahrzehnte nach. Aber natürlich vermisst man vieles. Das heißt jedoch nicht, dass ich aufhöre zu leben, mein Hirn schicke ich ja nicht in Pension. Die Kreativität wird noch da sein.

noe.ORF.at: Worauf freuen Sie sich denn jetzt nach der Abschiedstournee?

Werger: Nach der Abschiedstournee werde ich nach Jahren wieder ein bisschen Urlaub machen, wenn uns nicht wieder das Virus ins Hirn pinkelt. Man weiß es ja nicht. Ich bin hocherfreut, dass ich nicht in tausend Masken schauen muss. Die Leute strahlen und singen mit, das ist schön. Ich passe auf wie ein Haftlmacher. Denn wenn ich mich jetzt anstecke, und sei es nur die Grippe, dann muss ich die Abschiedstour abbrechen.

noe.ORF.at: Gehen Sie dann in Pension? Man sagt ja eigentlich, kreative Menschen gehen nicht in Pension.

Werger: Kreative gehen nicht in Pension. Die sind dann Kult (lacht).