Frau hält Kopf in den Händen Schatten
Kittiphan – stock.adobe.com
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Soziales

Langzeitarbeitslose: AMS zahlt Psychotherapie

Langzeitarbeitslose Menschen haben oft psychische Probleme, die den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt besonders schwer machen. Bei Kassentherapieplätzen gibt es aber lange Wartelisten. Das AMS Niederösterreich finanziert den Jobsuchenden daher Psychotherapie.

Das Arbeitstrainingszentrum in Schiltern (Bezirk Krems) ist einer von fünf Standorten in Niederösterreich, wo Menschen mit psychischen Problemen auf den Wiedereinstieg in den Job vorbereitet werden. Wie etwa Josef B., der nach einem Burnout hier landete.

„Ich kann von Glück reden, dass ich heute noch da stehe. Ich könnte auch schon unter der Erde liegen. Das ist so eine Tragik, wenn man Selbstmordgedanken hat und man sich selber nicht mehr mag. Und dass man alles macht, dass man die Fassade aufrecht erhält, dass jeder glaubt, es ist alles okay“, so der Arbeitssuchende.

Wartezeiten auf Therapieplatz verlängern Leid

Herr B. hatte Glück und einen Kassentherapieplatz gefunden. Doch die Wartezeit von sechs bis zehn Monaten ist für viele zu lange. „Wir wissen auch, dass jeder zusätzliche Monat nicht nur individuelles Leid bedeutet, sondern dass das auch volkswirtschaftlich ineffizient ist und hier Ressourcen verloren gehen. Hier verfestigen sich Krankheitsbilder – in Zeiten, in denen man an der Krankheitsbehandlung arbeiten könnte und arbeiten sollte“, erklärt Sven Hergovich, Geschäftsführer des AMS Niederösterreich (AMS NÖ).

Gärtnerin im Arbeitstrainingszentrum Schiltern gießt Pflanzen
ORF/Matl
Im Arbeitstrainingszentrum Schiltern wird unter anderem ein Nutzgarten von Jobsuchenden betreut

Deswegen stellt das AMS NÖ 150.000 Euro für Psychotherapie in den Arbeitstrainingszentren zur Verfügung – ein österreichweit neuer Ansatz. Damit will man die Lücke schließen, bis die Betroffenen einen Therapieplatz über die Krankenkasse finanziert bekommen. Arbeitslose Menschen hätten ein zwei bis drei Mal so großes Risiko, psychisch zu erkranken. Deswegen sei das Projekt ein wichtiger Schritt, erklärt Karin Gutierrez-Lobos, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie.

„Gerade für diese Gruppe der arbeitslosen Menschen wird ein schneller, unbürokratischer und erleichterter Zugang zu Psychotherapie geschaffen, um sie auch schnell wieder in den Arbeitsprozess eingliedern zu können. Sie müssen nicht zu 100 Prozent geheilt sein, es geht um eine Symptomreduktion“, so die Expertin.

Projekt wird nach einem Jahr evaluiert

Nach einem Jahr Therapie kann Josef B. für sich persönlich jedenfalls eine positive Bilanz ziehen. „Die Suizidgedanken sind weg, ich bin ein fröhlicher Menschen geworden. Meine Zwangsstörungen sind zum Teil weg. Die kommen aber immer wieder. Mein großes Ziel ist, dass ich die wegbekomme“, so der Arbeitssuchende.

Das AMS NÖ rechnet mit etwa 50 Personen, die das Angebot nutzen werden. Seit Projektbeginn im Frühjahr haben sich bereits 21 Personen angemeldet. Nächstes Jahr soll dann wissenschaftlich bewertet werden, ob das Projekt tatsächlich die erhofften Ergebnisse bringt.