Raffinerie Schwechat
ORF.at/Christian Öser
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Wirtschaft

OMV-Unfall: Experte ortet „ernstes Problem“

Nach dem Unfall in der Raffinerie in Schwechat spricht Energieexperte Johannes Benigni von einem „ernsten Problem für die OMV“. Die Reparaturarbeiten könnten monatelang dauern. Dass die OMV am Weltmarkt zukaufen müsse, führe zu enormen Kosten.

Am 3. Juni kam es laut dem renommierten österreichischen Energieexperten Johannes Benigni genau im Herzstück der Raffinerie in Schwechat (Bezirk Bruck/Leitha), dort wo das Rohöl aufbereitet wird, zum folgenschweren Unfall. Zwei Mitarbeiter wurden damals leicht verletzt. Laut Polizei war ein Riss in einem Silo die Ursache – mehr dazu in OMV-Unfall offenbar durch Riss in Silo (noe.ORF.at, 18.6.2022).

Energieexperte Johannes Benigni im Interview
ORF
Johannes Benigni gilt als renommierter Energieexperte. Für noe.ORF.at schätzte er die Lage bei der OMV ein: Er spricht von einem „ernsten Problem“ für das Unternehmen.

Seit dem Unfall läuft bei der OMV die Schadensanalyse, eine Reparaturstrategie gibt es bis dato aber noch nicht. Laut Benigni ist der ganze Vorfall für die OMV eine sehr unangenehme Situation. „Anstatt dass man jetzt Produkte verkaufen kann, mit denen man jetzt doch anständig Geld verdienen kann, muss man am Markt zukaufen.“

Dazu kommt, dass dieser Markt momentan nichts hergibt. „Wir sind aufgrund der Sanktionen in einer Situation, in der wir Russland als Hauptlieferant für Diesel in Europa quasi nicht wollen“, sagt Benigni. Man müsse daher woanders zukaufen. „Indien, der Mittlere Osten und Asien liefern uns jetzt Diesel. Das ist nicht so einfach zu bekommen und das Ganze kostet deutlich mehr“, so der Experte gegenüber noe.ORF.at. Für die OMV entstehen also zusätzliche Kosten.

Reparatur der Anlage könnte Monate dauern

In Schwechat ist die Produktion derzeit auf 20 Prozent der Gesamtkapazität reduziert. Laut dem Energieexperten wird der Zwischenfall das Unternehmen OMV noch lange beschäftigen. „Dieser Schaden kann bedeuten, dass die Raffinerie längere Zeit ausfällt. Es würde mich auch nicht wundern wenn das ein paar Monate dauert.“

Die Konsumentinnen und Konsumenten sollen laut dem Experten in Summe nichts bemerken, weil die OMV eben am Markt tätig wird. „Aber es ist ein ernstes Problem für die OMV, weil das den Profitmargen des Unternehmens zusetzen wird“, so Benigni.

Raffinerie-Einkaufspreise derzeit so hoch wie nie

Weltweit gibt es derzeit aufgrund des Ukrainekrieges die höchsten Raffinerie-Einkaufspreise aller Zeiten. Über die möglichen Kosten, die aufgrund des Unfalls auf die OMV zukommen, möchte der Experte nicht spekulieren. Im Interview nennt er deshalb keine Zahlen, sondern sagt nur so viel: „Wenn man heute Produkte hat, kann man als Raffinerie anständig Geld machen, ansonsten wird man aktuell zum Händler.“

Die Raffinerie Schwechat wird umgebaut
© OMV Aktiengesellschaft

OMV arbeitet an Zeitplan und Reparaturkonzept

Von Seiten der OMV hält man sich heute bedeckt. In einer schriftlichen Stellungnahme des Konzerns heißt es: „Am Reparaturkonzept und am Zeitplan wird gearbeitet. Sobald es dazu weitere Informationen gibt, wird dies kommuniziert.“

Mit den Demontage- und Vorbereitungsarbeiten sowie mit den Materialbestellungen für die Reparatur sei unmittelbar nach dem Vorfall begonnen worden. „Da der Schaden im unteren Bereich der Destillationskolonne aufgetreten ist, ist die Schadenstelle schwierig zugänglich. Wir gehen mit hohem Fokus auf die Sicherheit der Arbeiter vor“, heißt es weiter in der OMV-Stellungnahme.

Für den Energieexperten Benigni ist es recht klar, warum die OMV nicht sofort jedem mitteilen möchte, wie es tatsächlich aussieht. „Das würde die Situation der OMV auch beeinträchtigen“, meint er. „Man hat immer eine andere Situation, wenn man als Käufer gesehen wird, der unbedingt kaufen muss. Ich glaube, dementsprechend ist die Taktik, dass man hier die Informationen zurückhält, verständlich.“