Tafel mit Gastronomie-Stellengesuchen
ORF.at/Georg Hummer
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Wirtschaft

Gastro: Personalmangel spitzt sich zu

Mehr als 2.500 freie Stellen in der Gastronomie sind derzeit beim AMS Niederösterreich gemeldet. Damit wird die Lage für viele Unternehmen immer prekärer. Die Lage sei „sehr ernst“ sagt auch Spartenobmann Mario Pulker im „NÖ heute“-Interview.

Über zu wenig Gäste kann sich Gastwirt Mathias Strunz in Ratzersdorf in St. Pölten nicht beklagen, wohl aber über zu wenig Personal: „Gäste haben wir genug, es scheitert an den helfenden Händen", erzählt er. Drei neue Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen „wären schon nicht schlecht“, wobei zwei Stellen im Service und eine in der Küche zu besetzen wären.

Zwei Drittel mehr offene Stellen als im Vorjahr

Vor einem Jahr versuchte Strunz bereits, über das AMS Personal zu suchen. Bewerbungen bekam er allerdings keine. Ein Schicksal, mit dem er nicht alleine ist. Binnen eines Jahres, seit Mai 2021, stieg die Zahl der offenen Stellen beim AMS Niederösterreich um fast zwei Drittel an. Ende Mai 2022 waren 2.502 Stellen ausgeschrieben.

Bei Mathias Strunz helfen derzeit Freunde aus, die neben ihrem Hauptberuf tageweise im Service arbeiten. Er selbst arbeite von 7.00 bis 23.00 Uhr, erzählt er. Warum sich niemand bewirbt, ist für ihn ein Rätsel: „Wir sind ein Betrieb in St. Pölten mit öffentlicher Anbindung. Wir haben sonntags zu, wir haben an Feiertagen zu.“

Trend geht in Richtung Vier-Tage-Woche

Ähnlich geht es auch Gastwirt Hans-Jörg Hinterleithner in Hofamt Priel (Bezirk Melk). Auch er sucht händeringend nach Personal und kann sich ebenfalls nicht erklären, warum er keine Angestellten findet. Im Sinne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entschloss sich Hinterleithner sogar dazu, die Vier-Tage-Woche einzuführen. Geöffnet sei nun von Mittwoch bis Samstag, damit die Angestellten auch ihr Familienleben genießen können, erzählt er. Trotzdem würden die Bewerbungen ausbleiben. Auch auf die ausgeschriebenen Lehrstellen bewerbe sich niemand.

Generell sei die Vier-Tage-Woche derzeit ein Trend, den man sehr stark merke, sagt Gastronomie-Spartenobmann Mario Pulker im „NÖ heute“-Interview. Viele Betriebe hätten diese bereits eingeführt. „Ich glaube, es braucht hier ein großes Umdenken seitens der Unternehmerinnen und Unternehmer“, so Pulker, der aber auch betont, dass die Vier-Tage-Woche nicht für alle machbar sei.

Spartenobmann: Lage ist „sehr ernst“

Wegen des Personalmangels sei die Lage mittlerweile „sehr ernst“, sagt Pulker. Viele Betriebe müssten ihre Öffnungszeiten einschränken oder sogar mehrere Tage schließen. Auch er selbst sei betroffen, erzählt er, indem er in seinem Betrieb etwa die Küchenzeiten und das Angebot auf der Speisekarte reduzieren musste.

Grund für den akuten Personalmangel ist laut Pulker unter anderem die Pandemie. Vor allem nach dem letzten Lockdown hätten sich viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umschulen lassen. Das belegen auch Zahlen des AMS. Alleine in den ersten drei Monaten des heurigen Jahres wechselten in Niederösterreich 654 Personen aus der Gastronomie in eine andere Branche.