„Große Freiheit“ mit Franz Rogowski (l.) und Georg Friedrich
APA/Wolfgang Huber-Lang
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Kultur

Filmpreis: Zwei Gefängnisfilme Topfavoriten

Zwei Gefängnisfilme sind die Favoriten für den Österreichischen Filmpreis 2022, der Donnerstagabend in Grafenegg (Bezirk Krems) vergeben wird: „Große Freiheit“ von Sebastian Meise brachte es ebenso auf zehn Nominierungen wie Arman T. Riahis „Fuchs im Bau“.

Mit „Große Freiheit“ über die Kriminalisierung Homosexueller im Nachkriegsdeutschland, die anhand einer Liebesgeschichte im Gefängnis thematisiert wird, konnte Meise im Vorjahr bereits in Cannes reüssieren und den Jurypreis in der Reihe „Un Certain Regard“ gewinnen. Beim Filmpreis ist das Drama in fast allen Königskategorien nominiert, darunter als bester Spielfilm, für die beste Regie, das beste Drehbuch sowie zweimal für den besten Hauptdarsteller (Georg Friedrich und Franz Rogowski, im Bild oben, v.r.).

Noch breiter gestreut sind die Nennungen für „Fuchs im Bau“ über einen Gefängnislehrer in einer Jugendstrafanstalt. Der große Gewinner beim Max Ophüls Preis 2021 ist als bester Film, für Regie und Drehbuch sowie für alle Darstellerkategorien genannt – darunter die beiden Hauptdarsteller Maria Hofstätter und Aleksandar Petrović.

„Große Freiheit“, „Fuchs im Bau“ oder „Hinterland“?

Gut im Rennen ist auch Stefan Ruzowitzkys neoexpressionistischer Thriller „Hinterland“ mit sechs Gewinnchancen, bei dem sich das Team rund um den in Klosterneuburg (Bezirk Tulln) lebenden Regisseur für beste Kamera, beste Maske oder bestes Szenenbild Hoffnungen machen darf. Die ganz großen Kategorien fehlen hier allerdings, im Unterschied zur ebenfalls sechsmal nominierten Literaturverfilmung „Schachnovelle“ von Philipp Stölzl, die Birgit Minichmayr einen Preis als beste Hauptdarstellerin einbringen könnte. Weiters ist Stölzls Zweig-Adaption mit zwei Nebenrollen (Maresi Riegner, Lukas Miko) im Rennen und wurde für Kamera, Maske und Kostümbild genannt.

„Hinterland“ von Stefan Ruzowitzky
2021 SquareOne Entertainment
Stefan Ruzowitzkys „Hinterland“ spielt in Wien nach dem Ersten Weltkrieg

Den Reigen der Nominierungen für den besten Spielfilm komplettieren aber andere: Neben „Große Freiheit“ und „Fuchs im Bau“ schafften es „Me, We“ über das Zusammentreffen geflüchteter Menschen mit Ortsansässigen von Regisseur David Clay Diaz sowie „Moneyboys“ von C.B. Yi. Er nahm dafür männliche Prostitution in China als Ausgangspunkt für ein Liebesdrama und kann sich auch Hoffnungen auf Regie- sowie Drehbuch-Preise machen. Bei den Hauptdarstellerinnen ist Julia Franz Richter („1 Verabredung im Herbst“) die dritte im Bunde neben Minichmayr und Hofstätter.

Bei vielen der nominierten Filme gibt es Bezüge zu Niederösterreich. So förderte das Land Niederösterreich die Filme „Fuchs im Bau“, „Hinterland“, „Nackte Männer im Wald“ und „Sargnagel – Der Film“. Der Hauptdrehort von „Fuchs im Bau“ waren das ehemalige Bezirksgericht und Gefängnis in Stockerau (Bezirk Korneuburg), auch „Nackte Männer im Wald“ und „Sargnagel – Der Film) wurden in Niederösterreich gedreht. „Hinterland“-Regisseur Stefan Ruzowitzky lebt in Klosterneuburg, Arman T. Riahi, der Regisseur von „Fuchs im Bau“ erhielt seine Ausbildung an der Fachhochschule St. Pölten, und Julia Franz Richter (nominiert für die beste weibliche Hauptrolle, „1 Verabredung im Herbst“) wurde in Wiener Neustadt geboren.

Verena Altenberger: „Filme können die Welt verändern“

Wer schlussendlich eine Trophäe entgegennehmen darf, darüber entscheiden die etwa 600 Mitglieder der Akademie des Österreichischen Films. Die große Gala findet heuer in Grafenegg statt, das sich im jährlichen Wechsel mit der Bundeshauptstadt die Ausrichtung teilt. Für die Inszenierung des Abends zeichnet Regisseurin Clara Stern verantwortlich, die „All Together Now“ als Motto gewählt hat.

Arash T. Riahi und Verena Altenberger
Robert Newald
Die Schauspielerin Verena Altenberger und der Regisseur und Produzent Arash T. Riahi sind seit November 2021 die Präsidenten der Akademie des Österreichischen Films

„Es wird so, wie eine Freundin mich beschrieben hat: Sehr ernst manchmal, aber mit einem großen Bedürfnis, Spaß zu haben und Blödsinn zu machen“, versprach sie. Ein Wiedersehen mit den Gewinnern ist überdies im Herbst geplant, wenn bei der Aktion „Filmpreis on Tour“ in ausgewählten Programmkinos die Preisträger in den Kategorien Spielfilm, Dokumentarfilm und Kurzfilm gezeigt werden.

Vielfach wurde bei der Präsentation der Nominierten Anfang Mai auf die finanzielle Situation der Branche hingewiesen. Von Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) über Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer bis zum Vorstand der Filmakademie war man sich einig, dass es nicht zuletzt ein Incentive-Modell in Österreich brauche. Schauspielerin Verena Altenberger, die seit November gemeinsam mit Regisseur Arash T. Riahi die Präsidentschaft der Filmakademie bildet, betonte: „Ich bin davon überzeugt, dass Filme die Welt verändern und verbessern können. Genau deshalb brauchen wir den österreichischen Film.“

VALIE EXPORT und der von ihr gestaltete Österreichische Filmpreis
eSel
VALIE EXPORT gestaltete die Preisskulptur des Österreichischen Filmpreises

Rot-weiß-rotes ORF-Programm zum Filmpreis 2022

Wenn am Donnerstag in Grafenegg zum zwölften Mal die Austro-Oscars verliehen werden, steht auch das Programm des ORF – diesmal mit 46 Nominierungen für 13 Filme im Rennen – ganz im Zeichen des Österreichischen Filmpreises. Die Verleihung wird als Live-Stream via ORF-TVthek übertragen. Der ORF Niederösterreich berichtet multimedial über die Verleihung. Den begehrten Austro-Oscars widmen sich ebenso die ORF-Radios, das ORF.at-Netzwerk, der ORF TELETEXT und Flimmit.

Das Publikum von ORF 1, ORF 2, ORF III und 3sat erwarten außerdem auch diesmal wieder umfassende Berichterstattung und ausgezeichnete Kino-Highlights – u. a. am Samstag auch im Zuge einer „Langen Nacht des österreichischen Films“ inklusive Sondersendung „Heim-Kino – Neues vom österreichischen Film“. In der mehrfach ausgezeichneten Tragikomödie – zu sehen als ORF-1-Premiere am Samstag um 22.45 Uhr – nimmt Drehbuchautorin und Regisseurin Johanna Moder die Generation Y aufs Korn und zeigt die Grenzen der Wohlstandsgesellschaft auf. Die „Lange Nacht des österreichischen Films“ beschließen die Spielfilm-Dacapos von „Das finstere Tal“ (0.20 Uhr) und „Ich seh ich seh“ (2.10 Uhr).