Gericht

Waldhäusl-Prozess: „Einwohner hatten Ängste“

Im Prozess wegen Amtsmissbrauchs gegen FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl sind am Freitag der damalige Bürgermeister und Gemeindearzt von Drasenhofen befragt worden. Sie hätten Waldhäusl Bedenken wegen des Asylquartiers mitgeteilt, sagten sie.

Der damalige ÖVP-Bürgermeister hatte laut seiner Aussage wenige Tage vor Inbetriebnahme Ende November 2018 vom Betreiber erfahren, dass unbegleitete Minderjährige in dem Quartier untergebracht werden sollten. „Bei mir ist das Telefon heißgelaufen“, schilderte der 62-Jährige: „Die Bevölkerung hat Ängste gehabt“, Eltern hätten sich Sorgen um ihre Töchter gemacht.

Der Gemeindechef war in der Eröffnungswoche „auf gut Glück“ zur Unterkunft gefahren und hatte Waldhäusl, der gerade die Einrichtung besuchte, die Bedenken mitgeteilt. Die Antwort war laut dem inzwischen pensionierten 62-Jährigen, dass die politische Entscheidung für den Standort bereits gefallen sei.

Gemeindearzt: „Entrische Stimmung“

Der Gemeindearzt beschrieb die Stimmung an Ort und Stelle aufgrund des regnerischen Herbstwetters als „entrisch“. Der 57-Jährige hatte laut seinen Angaben Waldhäusl während des Besuchs Bedenken der Bevölkerung mitgeteilt, wenn „auffällig gewordene“ Flüchtlinge bzw. Unruhestifter in dem Quartier untergebracht werden. Auch seine Sorgen als Vater einer minderjährigen Tochter hatte er geäußert. Waldhäusl hatte dem Zeugen zufolge daraufhin auf das Betreuungskonzept und Sicherheitsmaßnahmen wie Begleitung der Jugendlichen beim Verlassen des Quartiers verwiesen.

Der Zaun mit Stacheldraht war sowohl dem Bürgermeister als auch dem Mediziner beim Betreten des Areals aufgefallen. Vom Inneren hatten die beiden kaum einen Eindruck bekommen.

Gottfried Waldhäusl mit Anwalt Manfred Ainedter
ORF/Robert Friess
Gottfried Waldhäusl (l.) am Freitag am Rande des Prozesses mit seinem Anwalt Manfred Ainedter

Die Vorwürfe im Prozess gegen Waldhäusl und eine frühere Landesbedienstete stehen in Zusammenhang mit der Verlegung von Minderjährigen in das Flüchtlingsquartier Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) 2018, das mit Stacheldraht umzäunt war. Die Schöffenverhandlung hatte Anfang Februar begonnen. Am Freitag fand der siebente Prozesstag am Landesgericht St. Pölten statt. Weitere Termine sind am 23. August und 23. September vorgesehen.

Angeklagte bekennen sich nicht schuldig

Waldhäusl und die frühere Landesbedienstete sollen laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zumindest 14 jugendliche Flüchtlinge durch die Verlegung in das Quartier Drasenhofen in ihrem Recht auf Grundversorgung und Unterbringung in einer geeigneten Unterkunft geschädigt haben. Damit sollen die Minderjährigen der Anklage zufolge einer „ihre Persönlichkeitsentwicklung destabilisierenden Maßnahme unterworfen“ worden sein.

Der ehemaligen Landesbediensteten wird auch Fälschung eines Beweismittels und Verleumdung vorgeworfen, weil sie im Ermittlungsverfahren eine E-Mail unvollständig vorgelegt und so den Verdacht auf ihren Vorgesetzten gelenkt haben soll. Die beiden Angeklagten haben sich nicht schuldig bekannt.