Szene aus „Die Möwe“ in Reichenau
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Kultur

Zwiespältiger Start in neue Festspiel-Ära

Mit Tschechows Drama „Die Möwe“ hat am Samstagabend die neue Ära der Festspiele Reichenau unter der Leitung von Maria Happel begonnen. Laut APA-Kritik ein zwiespältiger Start, der um Kontinuität bemüht war und eine eigene Handschrift nur andeutete.

„Hast Du Angst vor dem Krieg?“ – Mit dieser Frage lässt Regisseur Torsten Fischer das Stück beginnen. Die Bühne, entworfen von Herbert Schäfer, ist in Nebel getaucht, aus dem sich allmählich ein großer Vollmond schält. Später sorgt eine Spiegelwand für reizvolle Perspektiven und optische Verdoppelungen.

Das Leben auf dem Lande, Hitze, Liebe, gepflegte Langeweile, alle philosophieren, niemand tut etwas: Diese für Tschechow typische Ausgangssituation wird von Irina (sehr mondän mit Sonnenbrille unterwegs: Sandra Cervik) auf den Punkt gebracht. Ihren Bruder gibt der einzigartige, 84-jährige Martin Schwab, der von Beginn an – mit einem köstlich ironischen Einleitungsdialog – das eigentliche Zentrum des Ensembles bildet. Auch Dunja Sowinetz, Markus Kofler, Claudius von Stolzmann oder Günter Franzmeier haben bereits Reichenau-Erfahrung.

Festspiele Reichenau vor neuer Ära

Die Festspiele Reichenau starten in eine neue Ära. Zwei Jahre lang war das traditionsreiche Theaterfestival in Niederösterreich CoV-bedingt geschlossen, dann hat das Gründer-Ehepaar Loidolt nach Kritik um intransparente Finanzgebarung die Intendanz zurückgelegt. Nun schlägt Burgtheaterstar Maria Happel als Direktorin mit der heutigen Premiere von Anton Tschechows „Die Möwe“ ein neues Kapitel auf.

Happel setzt auf junge Kräfte

Happels Absicht, junge Kräfte einzubeziehen, ist gleich einmal am Einsatz der eigenen Tochter Paula Nocker erkennbar, die schon als Kind in Reichenau auf der Bühne stand, mittlerweile dem Josefstadt-Ensemble angehört und nun die Rolle der Gutsbesitzerstochter Nina mit der adäquaten Naivität einer jungen Schauspielanwärterin versieht. Nils Arztmann, Studierender am Max Reinhardt Seminar, fällt als Irinas Sohn Konstantin anschaulich der Verzweiflung anheim.

Insgesamt kein Paukenschlag, aber der deutliche, wenn auch allzu konventionell gebliebene Versuch, an die Loidolt-Zeit anzuknüpfen. Da gibt es allerdings noch einige Luft nach oben, schreibt APA-Journalist Ewald Baringer in seinem Bericht, der sich auf die Hauptprobe vom 1. Juli bezieht. Anton Tschechows „Die Möwe“ ist in Reichenau noch bis 6. August zu sehen.