Die Grand Hotels am Semmering erwachen wieder und sind Bühne für Kultur mit Verdrängungsfaktor. Der Dirigent und Pianist Florian Krumpöck hatte seinen Kultur.Sommer.Semmering für das Südbahnhotel – wo er in den vergangenen Jahren stattfand – fertig konzipiert, konnte sich aber mit den neuen Besitzern nicht einigen und war im Herbst plötzlich auf Herbergssuche.
Wenige Wochen später und wenige hundert Meter weiter wurde er aufgenommen – im Hotel Panhans, wo mit dem neuen Kulturpavillon eine zusätzliche Spielstätte zur Verfügung steht. Krumpöck: „Eine kurzfristige Notsituation, die wir versucht haben zu nützen, um langgehegte Pläne umzusetzen.“ Das betrifft vor allem das Platzangebot, das in der zusätzlichen Spielstätte im Pavillon vorhanden ist.

Das Panhans wird nach wie vor renoviert und öffnet nur für die Kultur seine Türen. Bis 4. September werden hier 80 Veranstaltungen mit Größen des Schauspiels und der Musik geboten, etwa mit Josef Hader und Alfred Dorfer, Michael Schade, Adele Neuhauser, Lars Eidinger und Senta Berger. Den Anfang machte Klaus Maria Brandauer mit zwei Lesungen.
Wettbewerb wird unterschiedlich gesehen
Auch das Südbahnhotel ist Baustelle, es soll bis 2025 fertig renoviert und eröffnet werden. Aber schon jetzt ist ein neuer Kulturbetrieb eingezogen. Das Geschäftsführerduo Ingrid Skovhus und Stefan Wollmann arbeitet unter anderem mit der Musik-Universität Wien, den Philharmonikern, der Volksoper und dem Burgtheater zusammen und startet am Samstag, 16. Juli, mit einem Stationentheater durch das ganze Haus ein ganzjähriges Programm.
Eine Konkurrenzsituation sieht die künstlerische Leiterin Skovhus nicht: „Das ist keineswegs ein Wettbewerb mit dem Panhans. Es verträgt sich sicher beides, ab September sind wir mit unserem Ganzjahresprogramm alleine hier, wir arbeiten an einem Programm für den Winter, das wird auch etwas anders konzipiert werden, aber es verträgt sich.“
Kultur am Semmering
Schon um die Jahrhundertwende übte die niederösterreichische Naturkulisse am Semmering vor den Toren von Wien eine magnetische Anziehungskraft auf Künstler, Komponisten und Literaten aus. Nun sind in zwei Hotels, nur wenige hundert Meter entfernt, gleich zwei Kulturfestivals beheimatet.
Krumpöck ist da anderer Ansicht: „Nein, das glaube ich nicht, denn ich glaube, dass es nur eine bestimmte Anzahl an interessierten Menschen gibt, die ein hochwertiges Kulturprogramm mit Sommerfrische verbinden. Wo ich aber eine hervorragende Synergie sehe, ist mit den Festspielen Reichenau, mit denen wir auch ein sehr freundschaftliches und partnerschaftliches Verhältnis haben.“
„Es kann nicht genug Kultur geben“
Ein scheinbares Überangebot – belebend oder blockierend? Für Klaus Maria Brandauer keine Frage: „Nein, nein, es kann nicht genug Kultur geben. Und solange – wie man auch hier und etwa in Reichenau sieht – sich die Menschen um die Karten geradezu reißen, ist das phantastisch.“

Aus welchem Blickwinkel man es auch betrachtet, es ist ein mehr als spannender Kultursommer, der hier am Semmering begonnen hat.