Politik

Mikl-Leitner: „Darf keine Denkverbote geben“

„Es darf keine Denkverbote geben“, mit diesen Worten hat Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Montag ihre Forderung eines Energiepreisdeckels erneuert. Sowohl die Kritik der Oppositionsparteien als auch den Finanzminister konterte sie.

Mit ihrem Vorstoß, man solle über einen Deckel bei den Energiepreisen nachdenken, sorgte Mikl-Leitner am Wochenende für Aufsehen, auch deshalb, weil sie sich mit der Forderung gegen Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) stellte. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) bezeichnete die Forderung am Sonntag als „nachvollziehbar“, verwies aber darauf, dass dieses Thema auf europäischer Ebene diskutiert werden müsste – mehr dazu in Brunner bremst bei Debatte über Preisdeckel (news.ORF.at; 10.7.2022).

Am Rande einer Pressekonferenz am Montagvormittag setzte Mikl-Leitner nun nach. Selbstverständlich sei eine europäische Lösung „gut, wichtig und richtig“, so die Landeshauptfrau, aber sie gehe davon aus, „dass auf europäische Ebene eine derartige Lösung nicht so schnell realisierbar ist“. Deshalb müsse man „bei uns nachdenken“, und da dürfe es „keine Denkverbote geben“.

Mikl-Leitner erwartet sich „Themenführerschaft“

Von der Bundesregierung erwarte sie „Themenführerschaft“, so Mikl-Leitner, vom gesamten Parlament „Zusammenstehen und Zusammenhalten“. „Und nicht, dass man sich permanent damit beschäftigt, andere zu beleidigen oder zu beflegeln“, so die Landeshauptfrau in Richtung Oppositionsparteien. Diese hatten die Landeshauptfrau am Wochenende für ihre Forderung teils heftig kritisiert – mehr dazu in Preisdeckel: Lob und Kritik für Mikl-Leitner (noe.ORF.at; 9.7.2022).

Unterdessen werden die Rufe nach einer Deckelung der Strompreise auch innerhalb der ÖVP lauter. Nach Mikl-Leitner können sich auch der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler und sein oberösterreichischer Amts- und Parteikollege, Thomas Stelzer, eine solche Maßnahme vorstellen – mehr dazu in Stelzer kann sich Strompreisdeckel vorstellen (ooe.ORF.at; 11.7.2022).

Rückendeckung bekam Mikl-Leitner am Montag auch von Wirtschaftslandesrat Jochen Danninger (ÖVP). Der vorgeschlagene Strompreisdeckel sei „nicht nur gerechtfertigt, sondern auch notwendig“, sagte er bei einer Pressekonferenz. „Ich bin ein glühender Verfechter der ökosozialen Marktwirtschaft, aber wir müssen in dieser Zeit nachdenken, zeitlich befristet korrigierend in den Markt einzugreifen“, so Danninger, der „rasches Handeln“ forderte.

Die Grünen NÖ bezeichneten Mikl-Leitners Forderung in einer Aussendung am Montag als „plumpes Punktesammeln an der Populismusfront“. Ein Preisdeckel sei „das falsche Signal und lenkt von der eigenen Verantwortung ab“, sagte Landessprecherin Helga Krismer und forderte Mikl-Leitner zum Handeln auf.

Von „kontraproduktiv“ bis „sinnvoll“: Das sagen Ökonomen

Ökonomen bewerten einen Energiepreisdeckel unterschiedlich. Jan Kluge vom Institut Agenda Austria hält diesen etwa für wenig zielführend und das falsche Signal, wie er gegenüber Ö1 sagt. Denn durch eine staatliche Stützung würde der Anreiz, Energie zu sparen, verringert: „Da wäre ein Preisdeckel natürlich kontraproduktiv“, so Kluge. Anders sieht das Oliver Picek vom Momentum Institut. Er hält einen Gaspreisdeckel für sinnvoll, „weil uns die Gaspreise im Moment die gesamten Strompreise nach oben treiben“, wie er sagt.

Hintergrund ist, dass in der EU das „Merit-Order-Prinzip“ herrscht, dass vereinfacht gesagt dazu führt, dass sich der Strompreis nach den teuren Gaskraftwerken richtet. In der Schweiz sei das anders, sagt Picek: „Dort wird einem als Kunde der Strommix verrechnet. Da gibt es dann günstige Wasserkraft.“ Beispiele für einen Gaspreisdeckel sind etwa Spanien und Portugal. Davon profitiere vor allem die Industrie, sagt Picek im Gespräch mit Manuel Marold im Ö1-Mittagsjournal, da diese näher am Großhandelspreis ist.

Wifo-Chef schlägt Gutschrift bei Stromrechnung vor

Um Privathaushalte zu entlasten, schlug Wifo-Chef Gabriel Felbermayr am Sonntagabend in der ZIB2 eine Art Gutschrift für die Stromrechnung vor. Auch er vertritt die Meinung, dass ein Strompreisdeckel die Notwendigkeit, Energie einzusparen, konterkarieren würde. Ein gewisses Ausmaß an Freistrom, wie er es nannte, würde die Preisexplosion abschwächen, ohne dass Sparanreize verloren gehen.

WIFO-Chef über Energie-Preisdeckel

Was sagen die Wirtschaftsexpertinnen und -experten zum staatlichen Eingriff bei den Energiepreisen? WIFO-Chef Gabriel Felbermayr nimmt in der ZIB2 dazu Stellung.

Bei jeder Unterstützungsmaßnahme müsse man aber auch auf die Verhältnismäßigkeit achten, sagt Ökonom Kluge. Ein Negativbeispiel sei Frankreich. Der dort eingeführte Preisdeckel habe dazu geführt, dass man nun einen der großen Stromkonzerte verstaatlichen müsse. „Dieses Geld hätte man deutlich besser verwenden können, um es den Privathaushalten zu geben“, so Kluge.