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„Maulkorb“-Vorwurf: Landesrechnungshof beschwichtigt

Wie das Magazin „profil“ berichtet sind die Landesbeamtinnen und -beamten angewiesen worden, Unterlagen nicht mehr direkt an den Landesrechnungshof (LRH) zu übermitteln. In der Opposition spricht man von „Maulkorb“, die LRH-Präsidentin sieht es „gelassen“.

Eine Dienstanweisung vom 7. Juni 2022 an alle Landesmitarbeiterinnnen und -mitarbeiter sorgt für Aufregung bei SPÖ, FPÖ, NEOS und Grünen. Laut der Dienstanweisung seien „sämtliche Unterlagen/Stellungnahmen/Fragebeantwortungen im Zuge der Prüfung grundsätzlich nicht direkt an den Rechnungshof zu übermitteln“, sondern an die Landesamtsdirektion, konkret die Abteilung für Innenrevision, berichtet das Nachrichtenmagazin „profil“.

Verschickt wurde das Dokument laut „profil“ an alle Gruppen und Abteilungen des Landes – von der Agrarbezirksbehörde bis zur Straßenbauabteilung. Beauskunftungen und Ergänzungen von Unterlagen per E-Mail seien zwar weiterhin möglich, allerdings müssten die Fachabteilungen „jedenfalls“ die Landesamtsdirektion in Kenntnis setzen, bevor solche Informationen an die Prüfer weitergegeben werden, so „profil“. Sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter direkt von Rechnungshofprüfern kontaktiert werden, müssten sie „derartige Prüfungshandlungen unverzüglich“ der Landesamtsdirektion mitteilen.

Anweisung laut Land für Datenschutz notwendig

Von Seiten des Landes wurde am Donnerstag auf Nachfrage mitgeteilt, zuständig für die Dienstanweisung sei alleinig der Leiter der Internen Revision beim Amt der niederösterreichischen Landesregierung, Clemens Gundacker. In einer Aussendung hieß es, die Dienstanweisung sei mit 7. Juni lediglich aktualisiert worden. „Die zitierte Bestimmung kommt der Anforderung des Rechnungshofes nach, dass die elektronische Übermittlung von Prüfungsunterlagen im Rahmen der Erhebungen über den durch den Rechnungshof eingesetzten Cloud Service ,Rechnungshof-Box‘ erfolgen soll“, wird Gundacker in dieser Aussendung zitiert.

Aufgrund von Vertraulichkeit der Unterlagen solle nur ein beschränkter Personenkreis Zugang zu dem Cloud Service erhalten. Beim Amt der niederösterreichischen Landesregierung habe man sich deshalb entschlossen, die Zugänge nur für drei Mitarbeiter der Innenrevision anzufordern. In der Aussendung wurde weiters betont, man habe „hier eine Vorgangsweise festgeschrieben die im Wesentlichen in den letzten Jahren bereits gelebt wurde.“ Die Regelung Niederösterreichs, die Kommunikation mit dem Rechnungshof grundsätzlich über eine einzige definierte Stelle laufen zu lassen, sei auch nicht nur in Niederösterreich zu finden, heißt es.

Scharfe Kritik von SPÖ, FPÖ, NEOS und den Grünen

Kritik in der Sache kam von SPÖ, FPÖ, NEOS und Grüne, die auf die laufende Sonderprüfung von landesnahen und Landes-Unternehmen durch den Landesrechnungshof verwiesen. SPÖ-Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar bezeichnete die Anweisung als „Niederösterreich-Zensur“ und verlangte das „sofortige Ende“ dieser, FPÖ-Landesparteiobmann Udo Landbauer forderte von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) dafür zu sorgen, „dass der Rechnungshof in Ruhe arbeiten kann“ und aufzuhören, „Bedienstete einzuschüchtern“.

NEOS-Landessprecherin Indra Collini forderte, der Landesrechnungshof solle die Vorwürfe der illegalen Parteienfinanzierung „unbeeinflusst prüfen können“ und in seiner Arbeit nicht vom „System Volkspartei“ behindert werden. Die Grünen verlangten „volle Transparenz“, die Grüne Landessprecherin Helga Krismer ortete einen „Ausbau der Message-Control“

LRH: Keine Auswirkung auf Inseraten-Sonderprüfung

Beim Landesrechnungshof kann man die Kritik von SPÖ, FPÖ, NEOS und Grünen nicht nachvollziehen. Dort betont man, dass sich die Dienstanweisung nicht auf die laufende Sonderprüfung zur Inseratenvergabe auswirke. Seit 28. April prüft der Landesrechnungshof, ob landeseigene Unternehmen, darunter etwa EVN, Hypo oder Landesgesundheitsagentur, unzulässig Inserate in parteinahen Medien geschalten haben – mehr dazu in Inseratenprüfung durch Rechnungshof fix (noe.ORF.at; 25.04.2022).

Die Dienstanweisung gelte nur für Landesbedienstete, nicht aber für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der in der Inseraten-Sonderprüfung geprüften Landesunternehmen, erklärt Landesrechnunungshofdirektorin Edith Goldeband gegenüber noe.ORF.at. „Auf die Sonderprüfung hat die Dienstanweisung überhaupt keine Auswirkung“, so Goldeband.

Zudem lobt die Landesrechnungshofdirektion die Kooperationsbereitschaft der Landesunternehmen ausdrücklich. „Die Unternehmen haben binnen sehr kurzer Zeit große Mengen Daten elektronisch und nach den von uns geforderten Strukturen geliefert. Denen kann man wirklich nicht vorwerfen, dass sie die Prüfung verzögern möchten“, so Goldeband.

Goldeband: „Wir sehen das gelassen“

In Bezug auf alle weiteren LRH-Prüfungen, die das Amt der niederösterreichischen Landesregierung direkt betreffen, liest Goldeband die Dienstanweisung als „verfassungskonform“. „Unsere verfassungsgemäß gesicherten Prüfungsbefugnisse kann man weder mündlich noch schriftlich beschränken“, so Goldeband. In die internen Prozesse der Datenübermittlung mische man sich nicht ein, solange die Daten ohne Verzögerung übermittelt würden.

„Wir sehen das gelassen“, so Goldeband. Seit in Kraft treten der Dienstanweisung mit 7. Juni 2022 sei keine Verzögerung bei der Datenübermittlung aufgefallen. Ob es gerechtfertigt ist, dass nur drei Landesmitarbeiter Zugang zum Cloud Service des Landesrechnungshofes haben, wollte man beim LRH nicht kommentieren. Aus Datenschutzperspektive sei die Beschränkung allerdings „plausibel“, so Goldeband.