Friseur mit FFP2-Maske beim Haareschneiden
APA/ROLAND SCHLAGER
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Umwelt & Klima

Haare schneiden und Ozeane reinigen

In landesweit etwa zehn Friseursalons wandern abgeschnittene Haare seit Kurzem nicht mehr in den Müll. Stattdessen werden sie an ein deutsches Start-up weitergeben, wo sie zu Haarfiltern für die Reinigung von Gewässern weiterverarbeitet werden.

Haare besitzen die Eigenschaft, viel Öl aufnehmen zu können. Auch nach dem Schneiden geht ihnen diese Fähigkeit nicht verloren. Das deutsche Start-up „Hair Help the Oceans“ – zu Deutsch: „Haare helfen den Ozeanen“ – weiß das zu nutzen.

Seit dem heurigen Jahr werden deshalb abgeschnittene Haare gesammelt, die dem Start-up Partner-Friseursalons aus zahlreichen europäischen Ländern zur Verfügung stellen. Am Standort im deutschen Bückeburg werden die Haare dann zu Haarmatten verfilzt und in strumpfhosenartige Schläuche gesteckt. Mit diesen sollen im Ernstfall Öl, Benzin und Sonnencremereste aus Gewässern gefischt werden. Im Wasser zeigen die Haare dann ihre Kräfte. Mit einem Kilogramm Haare können laut Angaben des Unternehmens bis zu acht Kilogramm Öl herausgefiltert werden.

Niederösterreichische Friseure bei Aktion dabei

Bereits mehrere niederösterreichische Friseursalons haben sich dieser Aktion angeschlossen, unter anderem jener von Romana Neuhauser in Seebenstein (Bezirk Neunkirchen). „Als Friseur hat man prinzipiell ein schlechtes Gewissen, weil man sehr viel Müll produziert. In dem Fall macht es auch mal richtig Spaß, was Gutes für die Umwelt zu tun“, erklärt Neuhauser die Gründe, warum sie sich der Aktion angeschlossen hat. Außerdem sei es sehr gut für das Marketing. „Die Leute reden sehr viel darüber und sind begeistert“, so die Friseurin. Viele würden sich sogar noch mehr Haare abschneiden lassen als geplant, um zum Umweltschutz beitragen zu können.

Um Teil von „Hair Help the Oceans“ zu werden, müssen sich Friseure auf der Homepage registrieren und einen monatlichen Mitgliedsbeitrag von rund 25 Euro zahlen. Mit diesem sollen die Kosten für Logistik, Transport und Verarbeitung gedeckt werden. Nach der Anmeldung kann es bereits losgehen.

„Man sammelt die Schnitthaare. Egal ob gefärbt oder ungefärbt, ob dauergewellt oder glatt, dünn, dick, hell, dunkel. Man sammelt alle Haare in einem Papiersack, der dann abgeholt wird“, sagt Neuhauser. Die Abholung wird von dem Start-up organisiert. Abgeholt werden tatsächlich nur Haare bei registrierten Friseuren, wie das Unternehmen im Gespräch mit noe.ORF.at betont.

Fotostrecke mit 5 Bildern

Deutsches Start-up, das mit Haarabfällen Filter baut
Hair Help the Oceans
Die Haare von Friseuren aus mehreren Ländern kommen bei dem Start-up in Deutschland an
Deutsches Start-up, das mit Haarabfällen Filter baut
Hair Help the Oceans
Dort werden sie weiterverarbeitet…
Deutsches Start-up, das mit Haarabfällen Filter baut
Hair Help the Oceans
…zu Schläuchen
Deutsches Start-up, das mit Haarabfällen Filter baut
Hair Help the Oceans
In diesem Zustand sind sie einsatzbereit…
Deutsches Start-up, das mit Haarabfällen Filter baut
Hair Help the Oceans
…etwa durch die Feuerwehr, hier ebenfalls in Deutschland

Kunden unterstützen die Aktion ebenfalls

Auch die Haarreste aus dem Salon von Regina Schöfmann in Mistelbach werden für diese Aktion verwendet. „Wir sammeln die Haare in einem Karton. Den Karton heben wir auf, wenn Produkte geliefert werden und verwenden ihn dann gleich für die Haare. Da gehen ungefähr drei bis vier Kilo Haare hinein und insgesamt schicken wir ein bis zwei Kartons im Monat weg“, so Schöfmann. Auch in ihrem Salon unterstützen die Kunden die Aktion. „Wir haben bei der Kassa eine Spendenbox stehen und die Abholung wird fast ausschließlich von dieser Box finanziert“, sagt Schöfmann.

Als Vorbild für „Hair Help the Oceans“ dient übrigens der französische Verein „Coiffeure Justes“ („Faire Friseure“). Deren Haarfilter waren unter anderem im Sommer 2020 vor Mauritius im Einsatz. Dort war ein Frachter verunglückt, mehrere Tausend Tonnen Öl flossen ins Meer. Die Schläuche des deutschen Start-ups werden derzeit erst im Mittellandkanal – dem größten künstlichen Wasserkanal Deutschlands – getestet. Künftig sollen die Schläuche aber auch Feuerwehren für den Ernstfall zur Verfügung gestellt werden.