Politik

Teuerung: Weitere Entlastungen kommen

Neben dem „Strompreisrabatt“ soll es in Niederösterreich weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Teuerung geben. So sollen im Herbst erhöhte Heizkostenzuschüsse ausbezahlt werden, dazu kommen Änderungen für Pendlerinnen und Pendler und bei der Wohnbeihilfe.

Fünf konkrete Maßnahmen seien bei der Sitzung der Landesregierung am Donnerstag beschlossen worden – einstimmig, wie Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) betonte: „Wir in Niederösterreich wissen ganz genau, dass die Teuerung die Menschen trifft, in alle Lebensbereiche eingreift, deshalb ist es wichtig, dass es nicht nur eine Maßnahme gibt.“ Es gehe darum, den Menschen „Ängste zu nehmen“ und ihnen das Leben „leichter und leistbar zu machen“. 312 Millionen Euro umfasst das Paket laut Mikl-Leitner.

„Strompreisrabatt“

  • für alle Menschen mit Hauptwohnsitz in Niederösterreich (Stichtag 1.7.)
  • Rabatt orientiert sich an der Anzahl der Personen im Haushalt
  • gefördert werden 80 Prozent des durchschnittlichen Energiebedarfs (Grundlage ist Berechnung der E-Control)
  • auch für Nicht-EVN-Kundinnen und -Kunden gültig
  • Antrag ab 1. September möglich, Auszahlung monatlich ab Oktober

Der „Strompreisrabatt“ war bereits am Mittwoch bekannt geworden, auf ihn entfällt mit 250 Millionen Euro der höchste Anteil des Paketes. Die Unterstützung sollen alle Menschen erhalten, die zum 1. Juli ihren Hauptwohnsitz in Niederösterreich gemeldet hatten. Je nach Anzahl der Personen wird demnach eine bestimmte Anzahl an Kilowattstunden gefördert. So soll weiterhin ein Anreiz zum Energiesparen erhalten bleiben – mehr dazu in Niederösterreich führt „Strompreisrabatt“ ein (noe.ORF.at, 20.7.2022).

Bei der Pendlerhilfe werden die Einkommensgrenzen angehoben, sodass auch bei einer inflationsbedingten Anpassung von Einkommen die Pendlerhilfe weiterhin bezogen werden könne. Das entspreche bei Einpersonenhaushalten einer Erhöhung um ein Fünftel, bei Mehrpersonenhaushalten einer Erhöhung um acht Prozent. Auch bei der Wohnbeihilfe werden die Einkommensgrenzen angepasst, dadurch komme es auch zu einer Erhöhung der Zuschüsse. Hier sind knapp 15 Millionen Euro budgetiert.

Beim Heizkostenzuschuss wird die bisherige Förderung deutlich erhöht. Zusätzlich zu der Zahlung von 150 Euro für die Heizperiode von Oktober 2022 bis März 2023 kommen 150 Euro Sonderförderung. „Bisher haben wir 13 Millionen Euro dafür ausgegeben, heuer werden wir bei 26,4 Millionen Euro landen“, sagte dazu Mikl-Leitner. Laut Angaben des Landes gebe es mehr als 80.000 Anspruchsberechtigte, gut die Hälfte davon Pensionistinnen und Pensionisten. Beim bereits früher angekündigten Schulstartgeld hingegen werden alle Schülerinnen und Schüler sowie Lehrlinge mit einem Betrag von 100 Euro unterstützt – mehr dazu in Land kündigt „blau-gelbes Schulstartgeld“ an (noe.ORF.at; 27.6.2022).

Finanzierung aus mehreren Quellen

Finanzlandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) nannte bei der Pressekonferenz mehrere Finanzierungsquellen. Erstens handle es sich dabei um „zukünftige Ausschüttungen an Beteiligungen des Landes“, also etwa am Energieversorger EVN, zum Zweiten werde das Paket aus dem laufenden Budget finanziert, zum Dritten auch aus Schulden. „Wenn wir Schulden machen müssen, dann werden wir das auch tun“, meinte Schleritzko dazu.

Der Arbeits- und Sozialrechtler Wolfgang Mazal von der Universität Wien nannte die Maßnahmen „sozial treffsicher“ und „administrativ sparsam“. Menschen mit geringeren Einkommen würden davon mehr profitieren als Besserverdienerinnen und -verdiener. Außerdem knüpfe man an bereits bestehende Systemen an, etwa dem Heizkostenzuschuss. Hier gebe es bereits Datenbanken, „und man kann automatisiert vorgehen“. Auch das Vorgehen beim Strompreisrabatt begrüßte Mazal, da sich dieser am Normverbrauch orientiere und keinen generellen Deckel der Energiekosten vorsieht. Zudem handle es sich um Einmal- und nicht Dauerleistungen, hob Mazal positiv hervor.

SPÖ: Lob und Änderungsanträge

Weitgehende Zustimmung zu dem Paket gab es nicht nur seitens der Volkspartei, sondern auch bei den anderen Mitgliedern der Landesregierung. „Alles, was dazu beiträgt, dass das Leben leistbar bleibt, ist gut“, sagte Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl (SPÖ). Es sei von seiner Seite „richtig und wichtig“ gewesen, „das Thema immer wieder zu adressieren“.

Besonders gut finde Schnabl den Energiesparansatz: „Wenn ich nur 70 Prozent des Energievolumens verbrauche, würde sich die Förderung weiter erhöhen.“ Es brauche aber bei dem Paket noch einige Anpassungen – immerhin werde dadurch kein Preis direkt gesenkt. Derartige Änderungen wolle man bei der Landtagssitzung am kommenden Montag einbringen.

FPÖ: „Aus Dauertiefschlaf erwacht“

„Das Land kann nicht alles machen, aber es ist eine große Freude, diese Punkte dort zu beschließen, wo wir die Möglichkeit dazu haben“, sagte Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ). Die Bürgerinnen und Bürger interessiere am meisten, ob sie im Herbst ihre Stromrechnung bezahlen können. Das vorliegende Paket sorge hier für Abhilfe, Sorgen würden sich die Bürgerinnen und Bürger aber weiterhin machen.

„Nach zehn Monaten Nichtstun“ erwache die ÖVP „aus dem Dauertiefschlaf“, stellte Waldhäusls Parteifreund, der FPÖ-Landesparteichef Udo Landbauer, in einer Aussendung fest. „Der massive Druck von uns Freiheitlichen und die schlechten Umfragewerte vor dem herannahenden Wahltag“ würden die Volkspartei zum Handeln zwingen. Die Förderungen für ärmere Menschen seien richtig, es brauche aber mehr Unterstützung für den Mittelstand, so Landbauer.

NEOS: Nicht alle Maßnahmen sinnvoll

NEOS-Landessprecherin Indra Collini erkannte am Donnerstag in einer Aussendung eine „Mischung aus sinnvollen Schritten gegen die Teuerung und Gießkannenpolitik auf Kosten der Jungen“. Die Verdoppelung des Heizkostenzuschusses etwa sei ein sinnvoller Schritt. Wenn sie aber selbst als Landtagsabgeordnete vom Schulstartgeld genauso profitiere wie Menschen an der Armutsgrenze, „ist das genau das Gegenteil von sozial treffsicher“. Außerdem müsse die Politik auch bei sich selbst sparen, etwa bei der Parteienförderung.

Grüne warnen vor Strompreis-Förder-Fleckerlteppich

Die Grüne Landessprecherin Helga Krimser warnte in einer Aussendung vor einem „Strompreis-Förder-Fleckerlteppich“, stattdessen brauche es nach dem Vorbild von Niederösterreich eine bundesweite Lösung. Dass die ÖVP-Landesregierung das Stromkosten-Stützungsmodell – eine Idee der Grünen und des Wifo (Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, Anm.) – de facto 1:1 umsetzen will, sei „ein wichtiger Schritt in eine richtige Richtung“, so Krismer, bei dem es aber eines zu beachten gelte: „So wie das Wifo warnen auch wir davor, dass da jetzt jedes Bundesland sein eigenes Süppchen kocht – und ein unübersichtlicher, ineffizienter ‚Länderfleckerlteppich‘ entsteht.“