Wirtschaft

Borealis-Deal: Beschwerde an EU-Behörde

Mit einer Beschwerde an die EU-Wettbewerbsbehörde möchte der niederösterreichische Bauernbund den Verkauf der Borealis-Düngemittelsparte verhindern. Befürchtet werden Preissteigerungen. Der Mutterkonzern OMV sieht keine negativen Marktauswirkungen.

Eigentlich ist der Deal schon fix: Für 810 Mio. Euro möchte der tschechische Agrarkonzern Agrofert die Düngemittelsparte des österreichischen Chemieunternehmens Borealis übernehmen. Im Herbst soll der Verkauf abgewickelt werden. Der niederösterreichische Bauernbund möchte den Millionendeal allerdings auf den letzten Metern verhindern.

Durch die Übernahme sei die Versorgungssicherheit mit Düngemitteln, und in der Folge somit mit Lebensmitteln, nicht mehr gewährleistet, fürchten Bauernbund-Obmann Stephan Pernkopf (ÖVP) und Bauernbunddirektor Paul Nemecek. Zudem erhalte der Agrofert-Konzern eine Monopolstellung. Anfang Juli beauftragte der Bauernbund deshalb eine deutsche Anwaltskanzlei mit der Prüfung der Übernahme – mehr dazu in Bauernbund lässt Boralisdeal rechtlich prüfen (noe.ORF.at; 2.07.2022).

Die beauftragte Kanzlei Hausfeld Rechtsanwälte LLP übermittelte die Befürchtungen des Bauernbundes nun in einer Beschwerde an die EU Wettbewerbsbehörde in Brüssel. In dem Dokument, das noe.ORF.at in Auszügen vorliegt, wird die EU Kommission aufgefordert, den Deal kritisch zu prüfen.

Furcht vor stark steigenden Düngerpreisen

Konkret geht es um die Versorgung mit sogenannten Stickstoffeinzeldüngern auf Basis von Kalkammonsalpeter (KAS). Rund 80 Prozent des eingesetzten Düngers in Österreich entfällt auf KAS-Dünger, heißt es. „Es ist zu erwarten, dass der Zusammenschluss zu einem Marktanteil des fusionierten Unternehmens auf dem österreichischen Markt für KAS in der Größenordnung von 70 bis 80 Prozent oder sogar mehr führen wird, was eindeutig eine marktbeherrschende Stellung darstellt“, so die Anwaltskanzlei in der Beschwerde.

Weil die nächstkleineren KAS-Produzenten entweder in Russland ansässig, von russischen Unternehmen kontrolliert oder ihren Sitz in der Ukraine haben, habe sich der Zugang zum EU-Markt für diese Unternehmen deutlich erschwert. Die Kanzlei halte es für „wahrscheinlich“, dass Agrofert nach der Übernahme „die allgemeine Marktlage ausnutzen und die KAS-Preise weiter erhöhen“ werde. „Der Zusammenschluss würde daher zu erheblichen Preissteigerungen führen, die über das bereits erreichte Niveau hinausgehen“, heißt es in der Beschwerde. Die befürchteten Preiserhöhungen würde sich in der Folge direkt auf den Lebensmittelpreis auswirken.

OMV: Düngemittel-Versorgung gestärkt

Bei der OMV, deren Tochter die Borealis ist, sieht man keine Nachteile für die Düngemittel-Markstruktur. Dünger sei nicht länger Teil der strategischen Ausrichtung von Borealis, so OMV-CEO Alfred Stern. Stattdessen freue man sich in Agrofert einen europäischen Käufer gefunden zu haben, der die Produktion weiter entwickeln könne. „Der Düngemittelmarkt ist ein Markt mit sehr großer Wettbewerbsintensität, die Größe eines Unternehmens spielt dabei eine Rolle, um Größenvorteile ausnutzen zu können.“

Weil Agrofert auf Düngemittel spezialisiert sei, böten sich neue Möglichkeiten für die Düngerproduktion. „Das wird eine gute und interessante Entwicklung sein, nicht nur für den Standort, sondern auch für die weitere Düngemittel-Versorgung“, entgegnet Stern den Sorgen des niederösterreichischen Bauernbundes.