Hinter jeder Ecke Litschaus kann einem quasi ein Theaterstück begegnen. 140 Veranstaltungen zählt das Theaterfestival an nur zwei Wochenenden (12. bis 14. August sowie 19. bis 21. August): von der Lesung in einer privaten Küche, über die nächtliche Diskussion am Lagerfeuer bis zum Theateryoga am Herrensee.
Das große Angebot an Theater kann überfordernd wirken: „Es geht um punktuelles Eintauchen in dramatisches Geschehen und um viel Austausch über das Erlebte“, heißt es in einer Festivalbeschreibung. Theater so, wie man es in klassischen Häusern eben nicht erlebt. In Litschau wird ausgelotet, was Theater kann und nicht kann.
Festivalgründer und -intendant Zeno Stanek bezeichnet Hin&Weg mittlerweile auch als Theaterlabor: „Durch die forcierte Einbindung von jungen Theatermacher*innen in das Programm hat sich ganz von selbst ein Festival der jungen Szene, der zukünftigen Bühnenstars, des zeitgenössischen Diskurses und der Entwicklung neuer Formen ergeben.“ Die künstlerische Leitung liegt bei Schauspielerin Katharina Stemberger und Schriftsteller sowie Liedermacher Ernst Molden. Dramaturgin in Residence ist Magdalena Marszałkowska, Musiker in Residence Anna Anderluh und Fabian Bachleitner.
Überholtes hinter uns lassen
Das Thema „Vorfahren!“ soll dazu anregen, „endlich Überholtes zu überholen und die Welt für eine lebenswerte Zukunft aktiv zu gestalten“, so die Beschreibung. So präsentiert das Südböhmische Theater am Eröffnungswochenende „Atmen / Lungs“, einen zeitlich verschachtelten Dialog über die Frage, ob in diese Welt noch ein Kind geboren werden darf oder gerade deshalb werden soll. „Du bist nicht allein“ von Alexander Braunshör, Alexander Martos und Mara Mattuschka ist hingegen eine One-Man-Show, die das Selbstoptimierungsgebot unterläuft, aber an dem Versuch, sich dem zu entziehen, spektakulär scheitert.
Die Anzahl der Nationalitäten steigt an den Festivalwochenenden in der 2.140-Einwohner-Gemeinde rasant an: Künstlerinnen und Künstler aus Tschechien, Slowenien, Deutschland und der Schweiz werden erwartet. Vertreten sind ebenso zahlreiche heimische Theaterhäuser, etwa das Schauspielhaus Salzburg, das TAG und das Schubert Theater aus Wien oder das Theater am Lend aus Graz. Musikalisch bespielt wird auch das Herrenseetheater. Ernst Molden kuratierte die Konzertreihe, zu der u.a. Paul Plut, Belle Fin im Duo, Carlotta oder das Gabriele Muscolino Quartett kommen.
Wie wird es 2122 in Niederösterreich aussehen?
Anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums des Bundeslands Niederösterreich widmen sich einige Produktionen der Geschichte des Landes sowie der Ortsgeschichte Litschaus. Ein Stationentheater der Theaterkollektive wohingenau und kollekTIEF führt dafür quer durch die nördlichste Stadt Österreichs. Wie Niederösterreich „Vorfahren!“ – gemäß dem Festivalmotto – kann, diskutieren u.a. Altlandeshauptmann Erwin Pröll, Heide Warlamis vom Kunstmuseum Schrems, Bernhard Lehr vom Verein „Freunde der alten Heimat“ und Herbert Frantes von der Waldviertelbahn.
Zum Diskutieren in verschiedenen Formaten kommen u.a. Coronavirus-Experte und Wissenschaftler Martin Moder, Philosophin Lisz Hirn oder der Schriftsteller Philipp Blom. Letzterer widmet sich bei einem nächtlichen Feuergespräch dem Thema „Niederösterreich in 100 Jahren“.