Aufgeschoben ist nicht aufgehoben – das gilt auch für die Passionsspiele in Kirchschlag (Bezirk Wr. Neustadt). Eigentlich hätten diese 2020 über die Bühne gehen sollen, die Pandemie hat jedoch einen Strich durch die Rechnung gemacht. Heuer werden die Aufführungen nachgeholt. Die Vorbereitungen laufen seit Oktober.
Im Vergleich zum ursprünglichen Aufführungstermin haben sich zahlreiche Laiendarsteller auch äußerlich verändert. „Seit Oktober haben sich viele ihren Bart nicht mehr rasiert. Manche haben schon 2020 angefangen, die haben jetzt einen ganz langen“, erzählt Pfarrer Thomas Marosch. Er hat nicht nur die Leitung der Passionsspiele in Kirchschlag inne, sondern ist auch selbst auf der Bühne zu sehen. „Ich spiele den Malchus. Mir wird 27-mal das Ohr abgehackt, aber dankenswerterweise von Jesus auch wieder angeheilt“, so Marosch.
In Zeiten großer Not gestartet
Den Anfang nahmen die Passionsspiele in Kirchschlag bereits im Jahr 1932, zu einer Zeit hoher Jugendarbeitslosigkeit. Der damalige Pfarrer Franz Füssl motivierte die jungen Menschen, gemeinsam das Leben und Sterben Jesu darzustellen. Daraus wurde eine Tradition: Alle fünf Jahre finden die Passionsspiele seither in Kirchschlag statt, das sich mittlerweile auch über den Ruf „Passionsspielstadt“ freuen darf.
Zu diesem Titel gehört auch ein Passionsspielhaus – in Kirchschlag wurde dieses 1959 erbaut, es bietet Platz für rund 800 Zuseherinnen und Zuseher. Die Sitzplätze sind laut Marosch übrigens „so bequem wie im Theater“. Auch Emmerich Voith, Obmann der Passionsspiele, hebt die Vorteile im eigenen Haus hervor. „Was den Besuchern so gefällt, ist die Nähe zur Bühne. Man sitzt toll und hat eine sehr gute Sicht – und man fühlt sich hineingezogen in das Spiel. Wenn man in der ersten Reihe sitzt, geht Jesus beim Kreuzweg nur ein paar Zentimeter entfernt vorbei“, erklärt Voith.
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Während zu Anfangszeiten vor allem die Jugendlichen beschäftigt wurden, sind unter den rund 500 Mitwirkenden inzwischen Menschen aller Generationen vertreten. „Meine Tochter und meine Mutter spielen mit. Das ist schon eine Tradition als Kirchschlagerin. Und es ist eine schöne Gemeinschaft im Allgemeinen“, sagt Petra Czerwenka, die selbst seit 1980 dabei ist und auch heuer wieder auf der Bühne steht.
Milch und Gebäck: Sozialer Aspekt im Vordergrund
Vor 90 Jahren, als das Stück erstmals in Kirchschlag aufgeführt wurde, erhielten die Laiendarsteller eine Semmel und ein Glas Milch als Lohn. Auch heute noch gibt es für die Mitwirkenden nach jeder Aufführung Milch und Gebäck, denn die Einnahmen gehen nicht an die Mitwirkenden. Nach wie vor steht der soziale Aspekt im Vordergrund. „Heute spielen wir unser Spiel, damit wir für andere Bedürftige etwas geben können. Die gesamten Einnahmen werden sozialen Projekten zugewiesen“, erklärt Bürgermeister Josef Freiler (ÖVP).
Nach wie vor unverändert ist auch der Inhalt der aufgeführten Geschichte. Auch nach 2.000 Jahren habe dieser laut Regisseur und Bühnenbildner Manfred Waba nicht an Bedeutung verloren. „Ich denke, dass dieses Stück zeitgemäßer ist, als es je war. Es zu zeigen, ist so notwendig wie nie zuvor. Ich denke, dass wir damit viele Leute tief berühren werden“, so Waba bei den Proben gegenüber noe.ORF.at.
Zu sehen sind die Passionsspiele in Kirchschlag in der Buckligen Welt ab 14. August. Vorgesehen sind 23 Vorstellungen und vier Aufführungen an Schulen. Bis Ende Oktober wird immer an den Wochenenden gespielt.