Firmenzentrale der EVN in Maria Enzersdorf
ORF.at/Michael Baldauf
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Wirtschaft

EVN erhöht Energiepreise deutlich

Der Energieversorger EVN kündigt für Strom- und Gaskunden erneut kräftige Preiserhöhungen an. Monatlich kann der Schritt für Haushalte Mehrkosten von mehr als 100 Euro ergeben. Ausgleichsmaßnahmen von Staat und EVN sollen gegensteuern.

Das Unternehmen, das sich zum Großteil im Besitz des Landes befindet, begründet den Schritt per 1. September mit Preissteigerungen auf den internationalen Großhandelsmärkten. Als Ausgleich kündigt die EVN abgesehen vom niederösterreichischen Strompreisrabatt einen eigenen Rabatt auf die Stromrechnung an.

In einer Aussendung führt die EVN mehrere Rechenbeispiele für Belastungen von Haushalten an: So bedeute die Erhöhung bei einem jährlichen Stromverbrauch von 2.000 Kilowattstunden (kWh) ein monatliches Plus um 32 Euro, bei einem Haushalt mit 3.500 kWh seien es pro Monat etwa 57 Euro mehr. Bei einem jährlichen Gasverbrauch von 8.000 kWh kommen für einen Haushalt demnach monatlich 58 Euro hinzu, bei 15.000 kWh sind es etwa 108 Euro, jeweils inklusive Umsatzsteuer. Ein Verbrauch von 8.000 Kilowattstunden entspricht in etwa einer Wohnung mit 80 Quadratmetern, 15.000 Kilowattstunden dem Verbrauch eines durchschnittlichen Einfamilienhauses.

Bezieht ein Haushalt also sowohl Strom als auch Gas von der EVN, können die zusätzlichen Belastungen pro Monat weit über 100 Euro ausmachen – die möglichen Ausgleichsmaßnahmen sind hier allerdings noch nicht eingerechnet. Wie hoch die Verteuerung generell pro Kilowattstunde ausfalle, konnte die EVN auf Anfrage nicht sagen, zu unterschiedlich seien die einzelnen Tarife der Kundinnen und Kunden.

Kunden mit „klassischem Tarif“ betroffen

Betroffen sind laut Firmenangaben etwa 50 Prozent der EVN-Haushaltskundinnen und -kunden – jene mit einem klassischen Tarif. "Alle anderen haben einen Floating-Tarif, der monatlich an die Energiepreisentwicklung angepasst wird, oder haben einen Tarif mit Preisgarantie gewählt“, wird Unternehmenssprecher Stefan Zach in der Aussendung zitiert.

Bereits im Vorfeld der Erhöhung hatte das Land Niederösterreich den sogenannten Strompreisrabatt angekündigt. Je nach Anzahl der Personen in einem Haushalt wird demnach eine bestimmte Menge an Kilowattstunden gefördert – mehr dazu in Niederösterreich führt „Strompreisrabatt“ ein (noe.ORF.at; 20.7.2022). Dazu kommen sollen von öffentlicher Seite etwa der Energiekostenzuschuss und der Klimabonus des Bundes.

Zusätzliche Rabatte bei Ersparnissen der EVN

Parallel zu den höheren Energiepreisen kündigt die EVN an, deren Auswirkungen durch weitere Begleitmaßnahmen abmildern zu wollen. Bis zu 17 Prozent der Stromkosten könnten sich die betroffenen Kunden dadurch zurückholen – konkret durch Maßnahmen, die sich auch für das Unternehmen positiv auswirken. Darunter fällt die Registrierung im Kundenportal, oder die Entscheidung für E-Mail-Rechnung bzw. Zahlung per Bankeinzug.

Die EVN plant, ab September in ihren Servicecenter das Personal aufzustocken. So sollen auch ältere Personen, die weniger internetaffin sind, bei diesen Schritten unterstützt werden. Zur Abfederung von Härtefällen wird ein Sozialfonds im Umfang von drei Millionen Euro eingerichtet.

Künftig zwei Anpassungen pro Jahr

In der Praxis soll die Preiserhöhung laut EVN aufgrund der staatlichen und firmeninternen Unterstützungsleistungen deutlich geringer ausfallen als oben beschrieben. Bei einem durchschnittlichen niederösterreichischen Haushalt mit vier Personen würden bei Strom- und Gasbezug in Summe monatliche Mehrkosten in Höhe von 18 Euro übrig bleiben. Künftig will der Energieversorger die Preise zweimal pro Jahr anpassen, jeweils per 1. April und per 1. Oktober.

Bereits Anfang des Jahres hatte die EVN die Preise für Energie erhöht. Im Jänner war der Strompreis für einen durchschnittlichen Haushalt um etwa zwölf Euro pro Monat gestiegen – mehr dazu in Strom wird ab Jänner deutlich teurer (noe.ORF.at; 23.11.2021). Einen Monat später wurden die Preise für Gaskunden erhöht, hier betrugen die Mehrkosten für einen durchschnittlichen Haushalt pro Monat etwa 20 Euro – mehr dazu in EVN: Gas wird ab Februar teurer (noe.ORF.at; 12.1.2022).

Auch bei Wien Energie, ebenfalls Mitglied der Energieallianz Austria, steigen die Preise parallel zu jenen der EVN. Hier werden ebenfalls Ausgleichsmaßnahmen angekündigt – mehr dazu in Preise bei Wien Energie steigen erneut (wien.ORF.at; 3.8.2022).

Kritik von SPÖ, FPÖ und Grünen

Von einem Preis-Irrsinn, der für niederösterreichische Familien nicht mehr finanzierbar sei, spricht SPÖ-Landesparteichef Franz Schnabl in einer Aussendung. Er fordert konkrete zusätzliche Schritte: So solle das sogenannte Merit-Order-Prinzip bundesweit ausgesetzt werden. „Ein Unternehmen wie die EVN, das überwiegend mit Wasserkraft arbeitet, kann den KundInnen nicht einfach den Wucherpreis von Gas verrechnen“, so Schnabl. Hier müsse Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) auf ihren Parteifreund, Bundeskanzler Karl Nehammer, einwirken.

Kein gutes Haar lässt auch die FPÖ Niederösterreich an den Ankündigungen der EVN. Sie spricht in einer Aussendung von „extremen Preiserhöhungen“, die „die Sozialkrise verschärfen“ und „immer mehr Haushalte an den Rand ihrer Existenz“ bringen würden. Der „Strompreisrabatt“ des Landes falle mit elf Cent pro Kilowattstunde zu gering aus, kritisiert Landesparteichef Udo Landbauer: "Das Geld ist noch nicht einmal da und schon wieder weg.“ Das Land als Mehrheitseigentümer der EVN hätte laut Landbauer im Vorfeld handeln und die Preissteigerungen verhindern müssen.

„Fassungslos“ zeigt sich in einer weiteren Aussendung auch Helga Krismer, Landessprecherin der Grünen. Der „Strompreisdeckel“ von Landeshauptfrau Mikl-Leitner seit „zerplatzt wie eine Seifenblase“. Die Maßnahme sei eine „PR-Show, die kaum Wirkung zeigen wird“, so Krismer. Sie verwies auf die eigene Position, 80 Prozent einer durchschnittlichen Strom- bzw. Gasrechnung zu deckeln, und forderte die Landesregierung zum Handeln auf.

ÖVP verweist auf „Strompreisrabatt“

Niederösterreich habe „als einziges Bundesland rasch und spürbar Maßnahmen für einen Teuerungsausgleich auf den Weg gebracht“, kontert ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner. Spätestens ab 1. September könne die Förderung beantragt werden, dann werde sie ab Oktober „für mindestens ein Jahr direkt gegenverrechnet“, so Ebner. Die Kritik der anderen Parteien weist die ÖVP zurück, offenbar werde bereits Wahlkampf geführt.