Feuerwehrleute und Freiwillige fahren beim Hochwasser 2002 mit Zillen zu Einsatzort in Grafenwörth
APA/Guenter R. Artinger
APA/Guenter R. Artinger
Chronik

20 Jahre Hochwasser: Einsatz ohne Atempause

Das Jahrhunderthochwasser 2002 hat in Niederösterreich zigtausende Helfer gefordert. Feuerwehr, Bundesheer, Polizei und Rettung sowie zahlreiche weitere Organisationen waren im Dauereinsatz. Unterstützung kam auch aus benachbarten Ländern.

Flugretter Michael Schneider war im August 2002 – am ersten Tag, als die Flut Niederösterreich traf – zufällig im Dienst und flog in die Hochwassergebiete, um Leute von den Dächern zu retten, die von den Fluten eingeschlossen waren. Einen derartigen Einsatz hatte er in dieser Dauer und Intensität noch nie zuvor trainiert.

Stromleitungen, Antennen und Dachvorsprünge erschwerten die Arbeit. „Was für den Piloten dazugekommen ist, war, dass sich das Wasser unten ständig bewegt hat. Somit war es schwierig, die Position zu halten“, erinnert er sich zurück.

Seilbergung eines Kleinkindes beim Hochwasser 2002
APA/Herbert Pfarrhofer
Flugretter brachten Menschen in Sicherheit, die von der Flut eingeschlossen waren

Schneider holte an diesem Tag dutzende Menschen von den Dächern – unter ihnen eine Familie mit einem Baby, für das es allerdings keinen Tragegurt gab. „Ich habe das Baby in einen Rucksack gepackt, dann den Vater geholt – solche Sachen bleiben in Erinnerung.“

Soldaten bauten Ersatzbrücken

Dramatische Momente spielten sich aber auch am Boden ab. Tausende Soldaten des Bundesheeres waren im Einsatz, um unter anderem zerstörte Infrastruktur wiederherzustellen, wie etwa die Kampbrücke in Thurnberg in der Gemeinde Krumau am Kamp (Bezirk Krems), wenige hundert Meter unterhalb der Staumauer.

„Der Staudamm Ottenstein hat ein Notsignal gegeben, dass das Hochwasser wieder überschlägt bzw. der Staudamm die Wassermassen nicht mehr bändigen kann“, erinnert sich Martin Müller, Gruppenkommandant der technischen Pionierkompanie Melk. „Wir haben um 3.00 Uhr in der Früh entschieden, dass wir die Brücke abbauen. Mit dem Warnsignal des Staudamms im Hintergrund war das eine sehr unangenehme Situation, zumal Zivilbevölkerung ebenfalls vor Ort war.“

Neben tausenden Feuerwehrleuten und Soldaten forderte das Hochwasser 2002 auch unzählige Einsatzkräfte von Polizei, Rettungsorganisationen, Tauchdienst, Akutteam Niederösterreich, Psychologen und Sozialarbeitern. Der Katastrophenhilfsdienst des niederösterreichischen Landesfeuerwehrverbandes mobilisierte innerhalb kürzester Zeit Kräfte und zusätzliches Gerät aus anderen Regionen.

Fotostrecke mit 16 Bildern

Feuerwehrleute befüllen Sandsäcke in Grafenwörth beim Hochwasser 2002
APA/BAUER/BEZIRKSFEUERWEHRKOMMANDO
Feuerwehrleute aus allen Teilen Niederösterreichs halfen im Katastrophengebiet
Bundesheersoldaten beim Hochwasser 2002 mit geretteten Personen in Brunn am Felde
APA/Guenter R. Artinger
Zahlreiche Menschen waren in ihren Häusern von den Wassermassen eingeschlossen und mussten gerettet werden
Überflutete Straße in der Nähe von Oberwagram beim Hochwasser 2002
APA/FF Naarn
Auf der Straße ging teilweise nichts mehr
Überblick über das Hochwassergebiet im Bezirk Krems beim Hochwasser 2002
APA/Roland Schlager
Ganze Landstriche waren überflutet
Soldaten reichen Sandsäcke weiter in Grafenwörth beim Hochwasser 2002
APA/Herbert Pfarrhofer
Auch das Bundesheer war im Dauereinsatz
Soldaten errichten mobile Hochwasserschutzwände in Spitz beim Hochwasser 2002
APA/Herbert Pfarrhofer
In der Wachau wurde der mobile Hochwasserschutz aufgezogen
Feuerwehrleute auf Traktoranhänger in Grafenwörth beim Hochwasser 2002
APA/Guenter R. Artinger
Feuerwehrleute in Grafenwörth (Bezirk Tulln) auf dem Weg zum Einsatz
Flugretter
ORF
Die Flugretter erlebten einen Einsatz, den sie in dieser Dauer und Intensität noch nie trainiert hatten
Bewohner im Umland von Krems winken um Hilfe beim Hochwasser 2002
APA/Roland Schlager
Bewohner in einem Dorf im Umland von Krems winken um Hilfe
Ein Mann sitzt auf dem Balkon seines von Hochwasser eingeschlossenen Hauses beim Hochwasser 2002
APA/Roland Schlager
Ein Bild der Aussichtslosigkeit: Ein Mann wartet auf seinem Balkon auf die Rettung aus der Luft
Überschwemmungen am 8. August 2002 in Zöbing
APA/Herbert Pfarrhofer
Zöbing war einer der Orte, die beim Hochwasser 2002 am stärksten in Mitleidenschaft gezogen wurden
Landeshauptmann Erwin Pröll machte sich ein Bild von der Hochwassersituation in Gars am Kamp beim Hochwasser 2002
APA/Fotoprofis/Gerald Lechner
Der damalige Landeshauptmann, Erwin Pröll (ÖVP), machte sich in Gars am Kamp ein Bild von der Situation
Soldaten bauen Notbrücke über den Kamp beim Hochwasser 2002
APA/Barbara Gindl
Am Boden waren Bundesheersoldaten damit beschäftigt, zerstörte Infrastruktur wieder aufzubauen
Notbrücke über den Kamp beim Hochwasser 2002
APA/Guenter R. Artinger
Eine Brücke über den Kamp war etwa eingestürzt
Soldat regelt Verkehr bei Notbrücke über den Kamp beim Hochwasser 2002
APA/BMLV/HBF/Pusch
Binnen zweieinhalb Stunden wurde eine Notbrücke gebaut
Bundesheersoldaten beim Befüllen von Sandsäcken in Brunn am Felde beim Hochwasser 2002
APA/Guenter R. Artinger
Für die Einsatzkräfte gab es kaum eine Verschnaufpause

Mit Bundesheerhubschraubern wurden Menschen geborgen, die Pionierbataillone setzten Bergepanzer und Spezialfahrzeuge ein und bauten Ersatzbrücken, die ABC-Abwehrtruppe kümmerte sich um eine Wasseraufbereitungsanlage beim Krankenhaus Gmünd.

In Nieder- und Oberösterreich wurden 195.000 Sandsäcke verlegt. Die Aufräumarbeiten wurden von Feuerwehrleuten aus Wien, Tirol, dem Burgenland, der Steiermark sowie Bayern und Tschechien unterstützt.

Vor 20 Jahren: Jahrhunderthochwasser in Niederösterreich

Am 8. August jährt sich das Jahrhunderthochwasser, bei dem in Niederösterreich im Jahr 2002 knapp 11.000 Menschen gerettet werden mussten. In der Woche des Jahrestages berichtet „NÖ heute“ mit einem Schwerpunkt.

Eine Welle der Hilfsbereitschaft für die Betroffenen kam auch von der Zivilbevölkerung. „Trotz der Situation, dass wir viele materielle Werte verloren haben – die immateriellen Werte haben wir allerdings gewonnen, denn die Flutwelle hat gleichzeitig eine Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft ausgelöst“, so der damalige Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP).

Am 8. August 2002 war es in Niederösterreich zum Jahrhunderthochwasser gekommen. Der Donauraum und das Kamptal standen unter Wasser. Knapp 11.000 Menschen mussten befreit werden, in Summe entstanden Schäden in Höhe von 680 Millionen Euro – mehr dazu in 2002: Flut trifft Niederösterreich mit voller Härte (noe.ORF.at; 8.8.2022).