Stift Altenburg
Stift Altenburg/ Schewig Fotodesign
Stift Altenburg/ Schewig Fotodesign
Kultur

Allegro Vivo: Start mit grooviger Uraufführung

In der Barockbibliothek von Stift Altenburg (Bezirk Horn) ist am Sonntagabend das 44. Allegro Vivo Festival eröffnet worden. Zum Auftakt wurde ein grooviges, intensives und spektakuläres Auftragswerk geboten.

Der künstlerische Leiter Vahid Khadem-Missagh dirigierte die Academia Allegro Vivo mit Charisma und fungierte an der Geige gemeinsam mit dem Komponisten Daniel Schnyder (Saxofon) auch als Solist bei der Uraufführung von Schnyders Konzert für Violine, Tenorsaxofon und Streichorchester.

„Daniel Schnyder ist einer, der zwischen den Welten wandert. Es war mir ein Bedürfnis, ihm diesen Auftrag zu geben, weil er die Welt musikalisch von neuen Seiten beleuchtet. Diese Kombination Streichorchester, Violine und Saxophon Solo gab es bisher noch nicht“, freute sich der Festivalleiter nach der umjubelten Uraufführung.

„Den Mittelsatz habe ich während des Ukraine-Krieges geschrieben und ich nenne ihn auch ‚Prayer for Peace‘, und daher hat er – wenn auch ein wenig versteckt – einen Gospel-Charakter. Er ist ein musikalisches Stoßgebet, dass der Krieg vorbei gehen möge. Das hat sich während des Komponierens so ergeben, das war kein Plan. Das Zeitgeschehen fließt eben ein. Ich bin Schweizer, wohne in New York und konzertiere sehr viel im Nahen Osten. Daher habe ich auch Musik aus Jordanien und dem Libanon verarbeitet. Das ist eindeutig im ersten Satz zu hören“, erklärte Daniel Schnyder Teile dieses Werkes.

Khadem-Missagh: „Ein neues Momentum ist notwendig“

„Momentum“ lautet das diesjährige Festivalmotto, das den Augenblick als kraftvollen Aufbruch versteht, aber auch als Gelegenheit zum Innehalten, um neue Perspektiven zu gewinnen. „Wir leben in wirklich herausfordernden Zeiten. Die Welt ist im Umbruch. In diesen Zeiten brauchen wir neue Blickweisen. Und dafür brauchen wir neue Schwungkraft, ein neues Momentum. Wir müssen die Dinge von neuen Perspektiven aus beleuchten und so neue Lösungen finden. Einstein sagte: Probleme lassen nicht sich nicht mit der gleichen Sichtweise lösen, durch die sie geschaffen wurden“, erklärte Vahid Khadem-Missagh gegenüber noe.ORF.at.

Manchmal genügt es sogar, sich alte Sichtweisen zu vergegenwärtigen. So sind beim Festival etliche ukrainische wie auch russische Musiker beteiligt. Gerade Kunst und Kultur wurden und werden immer wieder als Hort der Völkerverständigung und des friedlichen Umgangs miteinander beschworen. Heute ist es oft so weit, dass daran erinnert werden muss. Bei Allegro Vivo ist man sich dessen jedenfalls sehr bewusst und lebt diese Idee seit Anbeginn.

Ein musikalisches Zeichen der Lebensfreude

Das Konzert begann mit Mozarts heiterem Divertimento in D-Dur KV 136, ein schönes Zeichen für helle Lebensfreude und Leichtigkeit – Begriffe, denen heutzutage geradezu etwas Utopisches anhaftet. Dann also das viersätzige Werk Daniel Schnyders. Das Orchester mutierte zu einer Big Band – besonders bemerkenswert, da doch nur Streicher mitwirkten. Sehr dynamisch, harmonisch fein strukturiert und rhythmisch pulsierend vorantreibend der erste Satz, dem ein Abschnitt mit weit ausschwingenden melodischen Linien folgt, in einen melancholischen Latin-Teil mit angedeuteter Funk-Passage mündend.

Den Ausklang bildete dann die elegische Kammersymphonie op.110a von Dmitri Schostakowitsch, komponiert als Mahnmal gegen die Schrecken des Kriegs und für die Opfer des Faschismus. Ein de facto selbsterklärendes Werk, basierend auf dem achten Streichquartett, eine Musik der Trauer über erlittene Gewalt, am Ende des letzten Satzes ganz langsam verklingend, ersterbend – und da ist er wieder, der Moment, in diesem Fall die sekundenlange Stille danach, der magische Moment des Nachklangs, des Begreifens, ehe der Applaus einsetzt. So viel kann Musik zur Klarheit beitragen und zur Aufklärung.

„Musik und Wort“ im Schüttkasten

Die nächste Festivalveranstaltung bringt schon am Dienstag „Musik und Wort“ in den Schüttkasten von Schloss Harmannsdorf, es erklingt Kammermusik von Mozart, Elisabeth Eschwé rezitiert Texte aus den Quellen der Hochreligionen. Am selben Abend laden Teilnehmer der Meisterkurse (zu denen über 500 Anmeldungen einlangten) zur Moonlight Serenade an den Horner Stadtsee.

Am 10. August stehen in der Altenburger Bibliothek Werke von Brahms, Prokofiev und Schumann auf dem Programm, es musiziert u.a. Elisabeth Leonskaja. Insgesamt 50 Konzerte an 25 Orten des Waldviertels werden bis 18. September geboten.