Innerhalb weniger Tage fiel im nordwestlichen Waldviertel so viel Regen wie normalerweise in einem halben Jahr. Tausende Häuser entlang des Kamps und in der Wachau wurden überflutet, tausende Menschen verloren ihr Hab und Gut. 50.000 Feuerwehrmitglieder waren damals über mehrere Wochen freiwillig im Einsatz – mehr dazu in 20 Jahre Hochwasser: Einsatz ohne Atempause (noe.ORF.at; 5.8.2022).
20 Jahre später sei Niederösterreich gut gerüstet für Hochwasser-Katastrophen, so Landesfeuerwehrkommandant Dietmar Fahrafellner. „Wir haben viel investiert in Pumpen, sind gut vorbereitet auf lokale Wettereignisse wie Hagel und Starkregen“, so Fahrafellner Montagabend in einer Spezialausgabe der Fernsehsendung „NÖ heute“.
Die Klimakrise habe die Feuerwehr schon früh ernst genommen und bereits 2017 Mitglieder nach Portugal geschickt, um sie für Waldbrände schulen zu lassen. In Europa gelte die niederösterreichische Feuerwehr nun als „top“, wenn es um Katastropheneinsätze geht. Derzeit sind Florianis aus dem Bundesland etwa bei Waldbränden bei Bordeaux in Frankreich im Einsatz.
Freiwilligkeit: „Kraft der kleinen Einheiten“
All das machen Feuerwehrmänner und -frauen freiwillig. Freiwillige waren 2002 ohnehin eine wesentliche Säule – sowohl bei Organisationen, als auch Menschen, die einfach mit Schaufeln und Kübeln kamen, um aufzuräumen – mehr dazu in 20 Jahre Hochwasser: Welle der Hilfsbereitschaft (noe.ORF.at; 8.8.2022). „Das ist die Kraft der kleinen Einheiten, deswegen können die Freiwilligen so schnell helfen. Diese Kraft müssen wir uns bewahren“, so der für den Katastrophenschutz zuständige Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP).
Der Zusammenhalt sei noch immer so groß wie 2002, Pernkopf erinnerte etwa an den Waldbrand letzten Herbst im Rax-Gebiet sowie an die Starkregenereignisse, die einige Orte Niederösterreichs in den vergangenen Jahren fluteten. Auf die Folgen der Klimakrise versuche man sich bestmöglich vorzubereiten: Hitzetage hätten sich seit 2002 verzweifacht, die Zahl der Waldbrände verdreifacht, warnte Pernkopf. „Zudem machen wir die Feuerwehrhäuser Blackout-sicher. Eines muss klar sein: Die Kameraden der Feuerwehr brauchen die bestmögliche Ausrüstung.“
1,5 Milliarden für Schutzmaßnahmen seit 2002
2002 blieben 20.000 Tonnen Sperrmüll, 3.000 kaputte Kühlgeräte, zerstörte Straßen und Dämme, Schäden in der Infrastruktur und Landwirtschaft sowie verwüstete Häuser zurück – in Summe entstanden Schäden in der Höhe von 680 Millionen Euro. Damit solche Katastrophen Niederösterreich nicht mehr mit dieser Wucht treffen, habe das Land seitdem 1,5 Milliarden Euro in den Hochwasserschutz investiert, so Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP).
Niederösterreich heute
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Etwa auch in Grafenwörth (Bezirk Tulln), das 2002 schwer getroffen wurde. In Folge mussten Häusern auch abgerissen werden, erzählte Bürgermeister Alfred Riedl (ÖVP). Es folgten Schutzbauten am Kamp und an der Donau, beim nächsten Hochwasser 2013 hielt der Hochwasserschutz. „Da waren die Emotionen von 2002 dann wirklich mal weg“, so der Ortschef.
Kürzlich wurde etwa auch der Hochwasserschutz für Ybbs an der Donau (Bezirk Melk) fertiggebaut, in Krems wird der letzte Abschnitt bis 2025 gebaut – mehr dazu in Ganz Ybbs vor Donauhochwasser geschützt (noe.ORF.at; 19.6.2022) und Lücke bei Hochwasserschutz wird geschlossen (noe.ORF.at; 27.12.2021).
Hochwasserschutz bei Donau „zur Gänze“ fertigstellen
Trotzdem: „Wir können es nicht ausschließen, keiner kann sagen, wann das nächste Hochwasser kommt. Aber wir haben alles getan, um Menschen und Gemeinden soweit als möglich zu schützen“, so Mikl-Leitner anlässlich 20 Jahre Jahrhunderthochwasser. 300 Gemeinden seien durch Maßnahmen abgesichert.
Das Land werde auch weiter den Hochwasserschutz finanzieren und ausbauen. „Jetzt haben wir ein neues Ausbauprogramm mit dem wir weitere Gemeinden absichern wollen, dieses Programm planen wir gerade“, kündigte Mikl-Leitner an. Damit soll der Hochwasserschutz für Gemeinden entlang der Donau zur Gänze fertiggestellt werden.
Die Dämme und mobilen Schutzwände entlang der Donau nehmen dem Wasser jedoch Rückhaltebecken und Versickerungsflächen. In den vergangenen Jahren hat das Land deswegen begonnen, Bereiche bei manchen Flüssen zu renaturieren, etwa im Bezirk Krems, oder neue Rückhaltebecken zu bauen – mehr dazu in Sünden der Donauregulierung beseitigt (noe.ORF.at; 26.5.2021) und Triestingtal: 43 Millionen für Rückhaltebecken (noe.ORF.at; 22.6.2020).
Die Feuerwehrmänner und -frauen erleben bei Einsätzen bereits die Folgen der Klimakrise – vom Löschen eines Waldbrandes bis zum Auspumpen von Kellern. Ein wesentlicher Grund für Überschwemmungen nach Regenfällen ist die in Österreich voranschreitende Bodenversiegelung. Um die zu stoppen, werden immer wieder Baustopps ins Spiel gebracht, kürzlich etwa von Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Hagelversicherung.
Flächenwidmungen sollen bei Gemeinden bleiben
Angesprochen auf diesen Vorschlag sagte die Landeshauptfrau: „Wir haben in Niederösterreich schon viel getan. Wir haben den Umweltschutz in der Landesverfassung verankert, die Raumordnung neu gestaltet. Ganz wichtig ist der Energie- und Klimafahrplan mit hohen Zielen: Treibstoffemissionen wollen wir um 36 Prozent reduzieren, PV-Strom verzehnfachen, Windkraft verdoppeln.“ Insgesamt seien 300 Maßnahmen in diesem Fahrplan enthalten.
Die Hoheit über Bebauung und Widmungen in Gemeinden obliegt den Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen. Hier wird seit Jahren fehlende Kompetenz kritisiert, u.a. NEOS fordert, Flächenwidmungen auf eine höhere Ebene zu verlegen. Auf die Frage, weshalb es so schwierig sei, die Verbauung einzubremsen, sagte Alfred Riedl, Präsident des Österreichischen ÖVP-Gemeindebundes: „Einzubremsen ist ja nicht das Thema. Das Thema heißt, sinnvoll zu bebauen. Da gibt es eine Reihe an Altlasten, die wir mobilisieren können.“ Wegen der wachsenden Bevölkerung, sei es notwendig, zu bauen, so Riedl. „Wer, wenn nicht die lokale Gemeinschaft sagt zuerst, will ich oder will ich nicht bauen.“