Die Donaualtarme im unteren Teil der Lobau leiden zunehmend an Wassermangel und Verlandung. Im Schnitt ein bis fünf Millimeter Sedimente kommt in den Becken pro Jahr dazu, und das seit rund 100 Jahren. Schuld daran sind nicht allein trockene Sommer, es fehlt vor allem an frischem Wasser. Durch den Marchfeldschutzdamm wird das Gebiet bereits seit 1870 nicht mehr von Hochwassern überschwemmt, gleichzeitig sinkt durch die intensive Bewässerung im Marchfeld der Grundwasserspiegel.
„Die meisten Wasserbereiche sind nur noch zwischen zehn und vierzig Zentimeter tief“, berichtet Thomas Hein, Professor für Hydrobiologie und Wassermanagement an der Universität für Bodenkultur Wien. Die Wasserflächen verschwinden heute fast gänzlich unter Seerosenteppichen. „Vor allem durch Wasserpflanzen wächst das Ufer und es bilden sich Schlammaufladungen, die dann trocken fallen.“

In nächsten 20 Jahren könnten Gewässer verschwinden
Hydrobiologe Hein rechnet damit, dass diese Gewässer ohne künstliche Maßnahmen in den nächsten 20 Jahren komplett verschwinden werden. „Es braucht als erstes – und das sehr rasch – eine Wasserzuleitung“, so der Wissenschaftler. Ein Vorbild dafür gibt es bereits in direkter Nachbarschaft: Nur wenige hundert Meter nördlich, in der oberen Lobau, sind die Altarme auf Höhe von Groß-Enzersdorf (Bezirk Gänserndorf) gut gefüllt.
Doch auch das war nicht immer so. Erst im Mai 2021 ist frisches Donauwasser in die Obere Lobau eingeleitet worden. Die Wasserverbindung gibt es zwar bereits seit Jahren, lange war sie jedoch im Bereich Aspern verstopft, die Obere Lobau trocknete aus. Seit im Mai 2021 die Zuflussleitung wieder frei ist, sind auch die Becken bei Groß-Enzersdorf wieder gut gefüllt.
Forderung: Wasser soll in die untere Lobau weiterfließen
„Man kann es sich gar nicht vorstellen, aber diese Fischaufstiegshilfe war völlig vertrocknet“, erzählt der Groß-Enzersdorfer Umweltstadtrat Andreas Vanek (Grüne) gegenüber noe.ORF.at. Hinter ihm plätschert das Wasser wie in einem Gebirgsbach. Er wünscht sich, dass von der Wasserfülle im oberen Teil auch die untere Lobau profitiert. Doch ein Durchfluss sei derzeit aus wasserhygienischen Gründen nicht möglich, argumentiert die Stadt Wien, die das Wasser in der Lobau, sowohl auf wienerischem als auch auf niederösterreichischem Gebiet, verwaltet.
„Im Bereich der unteren Lobau gibt es fünf sehr wichtige Brunnen für die Wiener Wasserversorgung, die die Stadt Wien besonders an heißen Tagen mitversorgen“, erklärt der Wiener Klima- und Forstdirektor Andreas Januskovecz. Die Stadt fürchtet, dass Oberflächenwasser die Brunnen verschmutzen könnte. „Das Wasser kommt aus der Donau und könnte belastet sein“, so Januskovecz.

Zufluss in der oberen Lobau soll verdreifacht werden
Ob das Wasser tatsächlich eine Gefahr für die Brunnen darstellt, wird unter Umweltschützerinnen und -schützern bezweifelt. Neue Erkenntnisse soll dafür ein Trinkwasserbrunnen im Bereich der oberen Lobau liefern, der seit 2021 durch Oberflächenwasser aus der Lobau mitgespeist wird. „Bei diesem Brunnen in der oberen Lobau brauchen wir eine Zeit, um zu beobachten, ob hier die Hygiene gewährleistet ist“, so der Forstdirektor und verspricht: „Dann werden die weiteren Schritte in der unteren Lobau eingeleitet.“
Bis es so weit ist, werde es allerdings noch einige Jahre dauern. In der Zwischenzeit wird die Wasserzuleitung für die obere Lobau noch einmal erhöht. Ein Rohr im Bereich der Panozzalacke in Wien soll den Wasserdurchfluss ab dem Frühjahr verdreifachen. Januskovecz erwartet, dass bei dieser Menge ein Teil des Wassers versickert und über das Grundwasser auch in die untere Lobau weiterfließt. Verschmutzungen befürchtet er so nicht, denn das Wasser würde beim Versickern natürlich gereinigt.