Tiermast-Skandal um qualvoll sterbende Schafe, Rinder in Gülle-Seen
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Chronik

Nach Missständen: Kritik an Kontrollsystem

Die vom Verein gegen Tierfabriken (VGT) georteten Missstände in einem Mastbetrieb im Bezirk St. Pölten sorgen für Kritik. VGT, Grüne und SPÖ orten ein Behördenversagen. FPÖ-Tierschutzlandesrat Gottfried Waldhäusl will die Kontrollen auf neue Beine stellen.

Nach den Vorwürfen mangelnder Standards in der Tierhaltung gegen einen Bauernhof in Traismauer (Bezirk St. Pölten) durch den Verein gegen Tierfabriken werden nun Forderungen nach einer Änderung des Kontrollsystems laut. Am Dienstag hatte der VGT Bilder veröffentlicht, wo Kühe kniehoch in der Gülle stehen und Schafe neben Tierkadavern leben.

Helga Krismer, Landessprecherin der niederösterreichischen Grünen, ortet ein Behördenversagen und vermutet ein System des Schweigens und Wegschauens. Es könne nicht sein, „dass die zuständigen Behörden seit fast zehn Jahren über den Problembetrieb Bescheid wussten.“ Tatsächlich wurden gegen den Betrieb bereits 2013 Vorwürfe erhoben.

Der SPÖ-Tierschutzsprecher Dietmar Keck verlangt neben einem dichteren Kontrollnetzwerk eine regelmäßige Rotation von Betreuungstierärztinnen und -tierärzten, um zu verhindern, dass Betriebe ihre tierärztliche Betreuung selbst auswählen. Rotationen sollen spätestens nach ein bis zwei Jahren erfolgen. Zudem spricht Keck von Maßnahmen, die Betriebsbesichtigungen einfacher möglich machen. Generell brauche es aber mehr Amtstierärzte.

In ein ähnliches Horn wie Keck stieß am Mittwoch der VGT. Aus jahrzehntelanger Erfahrung zeige sich, dass das Kontrollsystem ineffektiv sei und einzelne Organe offenbar nicht willig seien oder es ihnen nicht möglich sei, ihren Auftrag im Sinne des Tierschutzes zu erfüllen. Hinsichtlich des Falles im Bezirk St. Pölten wurde erneut ein Tierhaltungsverbot gefordert.

Waldhäusl: Kontrollsystem auf neue Beine stellen

Tierschutzlandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) erklärte den Fall in Traismauer zur „Chefsache“ und besuchte nach Veröffentlichung der Bilder des VGT persönlich den Hof. Waldhäusl geht der SPÖ-Vorschlag nicht weit genug. Das Bundesgesetz sei eine „Farce“, er möchte das Kontrollsystem „auf komplett neue Beine“ stellen, hieß es gegenüber noe.ORF.at. Konkrete Maßnahmen nannte er aber noch nicht.

Laut der „EU-Transparenzdatenbank“ erhielt der Betreiber des Hofes im Jahr 2021 zudem über 8.800€ an EU-Fördermittel für den Tierschutz. Mit Geldern unterstützt werden jene Landwirte, die freiwillig Tierschutzverpflichtungen durchführen.

Ministerium fordert Bericht vom Land Niederösterreich

Bezüglich der eklatanten Missstände im Mastbetrieb hat das BMSGPK (Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Anm.) am Mittwochnachmittag das Land Niederösterreich beauftragt, einen Bericht zu den Vorkommnissen zu liefern. Das Tierschutzministerium arbeite laufend daran, in ganz Österreich ein hohes Tierschutzniveau sicherzustellen, hieß es. Länder und Behörden seien hier in der Pflicht, über sie laufe der Vollzug.

Insgesamt werden laut SPÖ nur rund zwei Prozent der Betriebe von Amtstierärztinnen und -ärzten begutachtet. Um den Tiergesundheitsdienst in Anspruch nehmen zu können, ist ein Betreuungsverhältnis mit einem Tierarzt Pflicht. Eine regelmäßigere Betreuung durch den Tiergesundheitsdienst (TGD) von Rindermastbetrieben, wie jenem in Traismauer, ist nur für AMA-Betriebe Pflicht. Der Hof in Traismauer hält das Gütesiegel derzeit nicht.

Alle anderen Betriebe würden lediglich gesetzlichen Vorgaben nachkommen. Laut Roman Janacek vom TGD beruht der Tiergesundheitsdienst auf dem Tierarzneimittelkontrollgesetz. „Betriebserhebungen sind eine Art Statuskontrolle. Stellt der TGD Auffälligkeiten fest, wird der Amtstierarzt herangezogen.“

Noch keine strafrechtlichen Ermittlungen

Strafrechtliche Ermittlungen in der Causa seien noch nicht angelaufen. Die Staatsanwaltschaft St. Pölten führe „noch kein Verfahren“, sagte Sprecher Leopold Bien am Mittwoch zur APA. Es liege noch keine Anzeige vor.