Missstände Landwirtschaft Kontrollen Behörde
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Chronik

Behörde prüft Mastbetriebe in Stichproben

Die Filmaufnahmen von sterbenden Tieren sowie Rindern in „Fäkalien-Seen“ in einem Landwirtschaftsbetrieb im Bezirk St. Pölten sorgen weiter für Entsetzen. Die Rufe nach strengeren Kontrollen werden lauter. Derzeit prüft die Behörde nur stichprobenartig.

Behördliche Kontrollen finden das ganze Jahr über statt, erklärt die zuständige Landesveterinärdirektorin Christina Riedl gegenüber noe.ORF.at. Generell erfolge das allerdings nur stichprobenartig. Immerhin gibt es in Niederösterreich derzeit mehr als 30.000 Betriebe (inkl. Kleinstbetriebe) mit Tierhaltung.

Das Gesetz schreibt der Behörde im Bereich Tierschutz derzeit nur vor, dass Amtstierärzte pro Jahr zwei Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe kontrollieren müssen. Im Vorjahr waren das in Niederösterreich 1.045 Betriebe. Heuer werden es ähnlich viele sein, schreibt Riedl in einer Stellungnahme.

Auswahl per Zufall und Risiko

Die Auswahl der Betriebe erfolgt durch die Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) repräsentativ nach Zufall und Risiko. Risikoparameter werden vom Land und von der AMA definiert – das betrifft etwa Verstöße in der Vergangenheit, Betriebsgröße oder die Haltung unterschiedlicher Tierarten. Die Risikoparameter für die Auswahl der Tierschutzkontrollen werden durch die dafür zuständige Abteilung definiert.

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Welche Betriebe kontrolliert werden, entscheidet die AGES per Zufall und Risiko

Sofern es keine Hinweise auf Missstände gibt, könnte es sein, dass ein Betrieb – von behördlicher Seite aus – auch erst nach 50 Jahren geprüft werde, sagt Riedl. In der Praxis erfolge das aber öfter, weil die meisten Landwirte auch an Markenprogrammen oder Gütesiegeln teilnehmen, die strengere Standards vorschreiben. Beim AMA-Gütesiegel oder auch beim Tiergesundheitsdienst erfolge eine Überprüfung zumindest einmal pro Jahr.

Die Auswahl der Betriebe erfolgt laut Riedl derzeit „nach objektiven Kriterien durch unabhängige Bundesstellen und wird nicht durch Kontrollorgane beeinflusst“. In den letzten Jahren sei die Auswahl immer mehr verfeinert worden. Dass Mängel im Zuge von Kontrollen gefunden werden spreche dafür, „dass die Kontrollen zielgerichtet erfolgen“. Es sei aber wichtig das System auch weiterhin anzupassen.

Waldhäusl will neues Kontrollsystem

Der für den Tierschutz zuständige Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) will auf die Missstände hingegen mit einem völlig neuen Kontrollsystem reagieren. Wie es am Donnerstag aus seinem Büro hieß, dürfe „kein Stein auf dem anderen“ bleiben, einiges müsse „komplett neu aufgestellt“ werden.

Konkret sollen Tierhaltungsbetriebe künftig mindestens zweimal jährlich überprüft werden. Lagen in der Vergangenheit Auffälligkeiten oder Anzeigen vor, soll viermal pro Jahr kontrolliert werden. Die Zustände in den Viehwirtschaftsbetrieben überwachen könnten neben Amtstierärzten auch andere Kontrollorgane. Zudem solle ein Vier-Augen-Prinzip etabliert werden. Eine Umsetzung des neuen Systems sei ab 2023 möglich.

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Laut den Plänen des Tierschutzlandesrates sollen künftig alle Betriebe mindestens zwei Mal pro Jahr kontrolliert werden

Sterbende Tiere und „Fäkalien-See“

Bekannt geworden waren die Zustände in dem Mastbetrieb am Dienstag. Ein vom Verein gegen Tierfabriken (VGT) veröffentlichtes Video zeigt sterbende Schafe, Rinder in Fäkalien, verwesende Tiere im Stall und Kadaver in Tonnen vor dem Gebäude. Der VGT hat nach eigenen Angaben Anzeigen bei der Bezirkshauptmannschaft (BH) und der Staatsanwaltschaft St. Pölten eingebracht – mehr dazu in Kadaver und „Gülle-Seen“: Mastbetrieb angezeigt (noe.ORF.at; 13.9.2022).

Bereits 2013 habe der VGT Anzeige gegen den Betrieb erstattet und ein Tierhalteverbot gefordert. Wie Bezirkshauptmann-Stellvertreter Christian Pehofer erklärte, prüfe die BH nun die Setzung weiterer Maßnahmen, wie die Erteilung eines Mängelbehebungsbescheides unter Androhung eines Tierhalteverbotes bzw. alternativ dazu den Ausspruch eines Tierhalteverbotes sowie die Einleitung von Verwaltungsstrafverfahren.