Wirtschaft

„Nachholeffekt“: Massiver Insolvenz-Anstieg

Die multiplen Krisen wirken sich immer stärker auf die Unternehmen in Niederösterreich aus. Laut Creditreform nahm die Zahl der Firmeninsolvenzen in den ersten drei Quartalen um fast das Eineinhalbfache zu – wenn auch ausgehend von niedrigem Niveau.

Um 138,8 Prozent sind die Insolvenzzahlen in Niederösterreich in den ersten drei Quartalen 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Das geht aus einer aktuellen Hochrechnung der Creditreform für noe.ORF.at hervor. In absoluten Zahlen ausgedrückt: 738 Unternehmen in Niederösterreich waren heuer im Zeitraum zwischen Jänner und September zahlungsunfähig.

Damit liegt Niederösterreich deutlich schlechter als der Bundesschnitt, wo sich die Zahl heuer im Vergleich zum Vorjahr „nur“ verdoppelt hat (+99,4 Prozent). „Niederösterreich ist hier ein gutes Beispiel für die aktuelle Situation, weil es nicht ganz so abhängig vom Tourismus ist wie etwa Salzburg oder Tirol“, sagt Creditreform-Geschäftsführer Gerhard Weinhofer. Stattdessen gibt es in Niederösterreich viel verarbeitende Industrie, wo die wirtschaftliche Verunsicherung stark zu spüren ist – mehr dazu in Konjunktur „unsicherer als je zuvor“ (noe.ORF.at; 28.8.2022).

„Nachholeffekt“ in allen Branchen

„Diese Zahlen klingen natürlich katastrophal“, so Weinhofer, Grund für Panik seien sie aber nicht. Immerhin gab es in den vergangenen beiden Pandemie-Jahren aufgrund der massiven Förderungen eine rekordverdächtig niedrige Zahl an Firmeninsolvenzen. Nach dem Auslaufen dieser Förderungen und der Nachforderung der gestundeten Summen komme es jetzt zu einem „Nachholeffekt“ in allen Branchen, erklärt der Experte.

Binnen kurzer Zeit sei man nun wieder auf dem Niveau vor der Pandemie und damit vor den staatlichen Förderungen angelangt – die hohen Energiepreise bzw. die allgemeine Teuerung hätten sich damit allerdings bislang nur bedingt ausgewirkt. Spürbar seien diese aber sehr wohl, genauso wie die nach wie vor andauernden Auswirkungen der Pandemie, etwa im Bereich von Lieferketten.

Die nächsten Monate könnten laut Weinhofer sehr wohl noch für zusätzliche Anstiege weit über das Vorpandemieniveau hinaus sorgen. Das hänge in erster Linie von den Energiepreisen, der Verfügbarkeit von Erdgas und den staatlichen Gegenmaßnahmen gegen die Energiekrise ab.

Wirtschaftsbund: „Lage ist dramatisch“

Alarm schlug am Freitag der niederösterreichische Wirtschaftsbund. „Die Lage ist in vielen Betrieben dramatisch und spitzt sich von Woche zu Woche zu“, wurde dessen Direktor Harald Servus in einer Aussendung zitiert. Unter anderem bei Bäckereibetrieben gehe es mitunter bereits um die Existenz. Die Bundesregierung stellte zuletzt entsprechende Hilfen für Unternehmen in Aussicht, die Verhandlungen dazu würden sich in der finalen Phase befinden – mehr dazu in Strompreis: Brunner kündigt weitere Hilfen an (noe.ORF.at, 6.9.2022).

Ein kräftiges Plus gibt es in Niederösterreich unterdessen auch bei den Privatinsolvenzen. Hierzulande sind diese laut Hochrechnung der Creditreform in den ersten drei Quartalen um 38,9 Prozent angestiegen. Auch das liegt deutlich über dem Bundesschnitt (+25,3 Prozent).