Käserei Gloggnitz
Einsatzdoku/Lechner
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Chronik

Rückruf von Käserei: Verdacht auf Listerien-Tote

Ein Produktrückruf der Käserei Gloggnitz (Bezirk Neunkirchen) wegen einer Listerien-Kontamination dürfte einen folgenschweren Hintergrund haben: Laut AGES gibt es den Verdacht eines Krankheitsausbruchs mit möglicherweise drei Toten.

Am Freitag wurden die Produkte Kajmak, Trinkjoghurt und Frischkäse der Käserei Gloggnitz wegen einer Kontamination mit Listeria monocytogenes zurückgerufen. Am Nachmittag wurde nun der Hintergrund bekannt: Laut AGES gibt es den Verdacht eines bundesländerübergreifenden Krankheitsausbruchs mit möglicherweise drei Todesfällen seit 2020.

Das Gesundheitsministerium hatte die AGES mit der Klärung beauftragt. Im Zuge der routinemäßig durchgeführten Clusteranalysen wurde festgestellt, dass acht der seit 2020 aufgetretene Erkrankungen auf einen identen Listerienstamm (L. monocytogenes SgIVb/ST1/CT6568) zurückzuführen sind. Die bisherigen Erhebungen deuten auf den Betrieb in Niederösterreich hin. Die zuständige Lebensmittelaufsicht leitete sofort entsprechende Maßnahmen ein, heißt es. Bereits ausgelieferte Produkte werden durch den Betrieb zurückgerufen, neu produzierte Produkte dürfen erst nach Vorliegen eines negativen Gutachtens auf Listerien und nach Freigabe durch die Lebensmittelaufsicht in Verkehr gebracht werden.

Wer die betroffenen Produkte Zuhause hat, soll sich bei der niederösterreichischen Lebensmittelaufsicht melden, hieß es auf Nachfrage bei der AGES. So könnten noch mehr aktuelle Proben auf eine mögliche Kontamination untersucht werden.

Betreiber weist Vorwürfe zurück, eigene Proben unauffällig

Der Betreiber wies die Vorwürfe auf Nachfrage von noe.ORF.at zurück. Ihm zufolge liege das Problem nicht bei seiner Käserei und dürfte einen anderen Ursprung haben. Der Rückruf der Produkte passiere nur „zur Sicherheit“, so der Betreiber gegenüber noe.ORF.at. Die Listerien seien in einem durch die Käserei belieferten Restaurant in Wien festgestellt worden, meinte er. Eigene Proben seien bisher unauffällig gewesen.

Laut AGES-Sprecher Werner Windhager traten alle Krankheits- und Todesfälle in Wien auf. Der lange Zeitraum der Untersuchung sei darauf zurückzuführen, dass sich die Quelle der Listerienerkrankung erst jetzt zurückverfolgen ließ.

Über weitere strafrechtliche Maßnahmen würde die Lebensmittelaufsicht entscheiden, vermutlich jene in Niederösterreich, da die Produkte von dort in den Verkehr gebracht wurden. Von dieser werde der Fall gegebenenfalls an die Strafrechtsbehörden übergeben.

Erhebungen durchgeführt, Proben entnommen

Im Auftrag des Gesundheitsministeriums „wurden durch die Lebensmittelaufsicht Erhebungen im betroffenen Betrieb durchgeführt und neben einer umfangreichen Betriebsbesichtigung auch Proben entnommen“, teilte Christina Riedl, Leiterin der Abteilung Veterinärangelegenheiten und Lebensmittelkontrolle des Landes Niederösterreich, auf Anfrage mit. Aufgrund der durchgeführten Erhebungen und neuer Informationen durch das Gesundheitsministerium habe die Abteilung Lebensmittelaufsicht am Donnerstag vorsorglich den Rückruf der möglichen betroffenen Produkte angeordnet.

Sollten sich Anhaltspunkte für ein mögliches strafrechtliches Verhalten in Verbindung mit der Käserei ergeben, würde die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt auf Basis einer Anzeige der Lebensmittelaufsicht oder von Amtswegen tätig werden, teilte Sprecherin Silke Pernsteiner. Aktuell laufe diesbezüglich kein Verfahren.

Gefährlich vor allem für Immungeschwächte

Listerien können Auslöser von Magen-Darm-Erkrankungen (Listeriose) und grippeähnlichen Symptomen sein. Bei bestimmten Personengruppen (Schwangere, kleinere Kinder, ältere Menschen und Immungeschwächte) können sehr ernste Krankheitsverläufe und Todesfälle auftreten. Im Vorjahr wurden laut AGES 38 laborbestätigte Fälle an das Epidemiologische Meldesystem (EMS) gemeldet. Innerhalb von 28 Tagen nach Diagnosestellung starben davon sieben Menschen (18,4 Prozent). Im Jahr davor waren es zwölf Todesopfer, 2019 fünf.