Gottfried Waldhäusl
ORF/Gernot Rohrhofer
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Politik

Waldhäusl-Prozess: Warten auf Urteil

Der im Februar gestartete Prozess gegen Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) rund um die umstrittene Asylunterkunft in Drasenhofen geht am Freitag ins Finale. Waldhäusl und einer Mitangeklagten wird Amtsmissbrauch vorgeworfen.

War die im November 2018 eröffnete Asylunterkunft in Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) – die mit Stacheldraht gesichert und von einem Hund bewacht worden sein soll – für die Minderjährigen geeignet oder nicht? Diese Frage stand seit Prozessbeginn Anfang Februar im Mittelpunkt der mehr als 20 Zeugenbefragungen.

Am neunten Prozesstag wurden drei weitere Zeugen befragt, für Freitagnachmittag sind die Schlussplädoyers sowie die Urteilsverkündung geplant. Die beiden Angeklagten hatten sich beim Start der Schöffenverhandlung im Februar nicht schuldig bekannt.

Laut Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) war das Quartier aus kinderrechtlicher Sicht und laut Staatsanwalt „im Sinne der gesetzlichen Grundversorgung“ nicht geeignet. Die mit Stacheldraht umzäunte Einrichtung habe den Jugendlichen das „Gefühl des Eingesperrtseins“ vermittelt. Mehrere Jugendliche hätten dadurch Traumatisierungen erlitten.

Urteil im Waldhäusl-Prozess erwartet

Im Prozess gegen Niederösterreichs Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) soll es am Freitag ein Urteil geben. Er soll mit einer umstrittenen Asylunterkunft, die mit einem Stacheldraht gesichert wurde, 14 jugendlichen Geflüchteten geschadet haben. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm bis zu fünf Jahre Haft.

Asylquartier für „problematische“ Personen

Die Flüchtlinge kamen am 26. November 2018 ins Quartier Drasenhofen. 16 Jugendliche – davon 14 mit laufenden und zwei mit rechtskräftig negativ abgeschlossenen Asylverfahren – waren dort untergebracht. Die örtlich zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger wurden laut WKStA nicht über die Verlegung verständigt, und es wurde auch keine diesbezügliche Zustimmung eingeholt.

Asylquartier Drasenhofen im Jahr 2018
APA/Helmut Fohringer
Im Prozess geht es um dieses umstrittene ehemalige Asylquartier in Drasenhofen

Laut den damaligen Plänen sollten dort „Unruhestifter“ untergebracht werden, die keine andere Einrichtung mehr zurückgenommen habe, betonte Waldhäusl damals. Die Jugendlichen seien etwa wegen Nötigung, schwerer Körperverletzung und Suchtgifthandel aufgefallen. Sie stünden jenen, die sich integrieren wollten, im Weg. Nach Beschwerden habe man entschieden, „problematische“ Personen in einem Quartier „mit einem besonderen Sicherheitskonzept“ unterzubringen.

Die Kinder- und Jugendanwaltschaft (KJA) bezeichnete die Unterkunft nach einem Lokalaugenschein am 30. November als nicht geeignet. Diesen Eindruck bestätigte deren Leiterin vor Gericht und sprach „von einer ganz wilden Unterkunft, wie ich es noch nie gesehen habe“. Auf Empfehlung der KJA und Anordnung von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wurden die Jugendlichen vier Tage nach Inbetriebnahme an einen anderen Standort verlegt.

„Gefängnis“ und „Abschiebecenter“

Beim Anblick des Objekts, des angebrachten Stacheldrahtzauns und der Überwachungskameras habe er „richtig Schiss bekommen und gezittert“, gab ein heute 21-jähriger Afghane bei einem Prozesstag Anfang September zu Protokoll. Zu seinen Begleitern habe er gesagt: „Da sind wir in einem Abschiebecenter.“ Ein Verlassen der Unterkunft „war uns nicht möglich, man durfte nicht hinaus“, betonte ein zweiter Zeuge. „Das war wie in einem Gefängnis.“

Gottfried Waldhäusl mit Anwalt Manfred Ainedter
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Landesrat Gottfried Waldhäusl (l.) und sein Anwalt Manfred Ainedter sind bisher zuversichtlich, dass es keine Verurteilung geben wird

Der für Integration zuständige Landesrat Waldhäusl bestritt diese Darstellung seit Prozessbeginn im Februar vehement. Die Jugendlichen hätten sich frei bewegen können, aber: „Mir war von Anfang an wichtig, dass dort nichts passiert.“ Im Eingangsbereich gab es allerdings einen „Bauzaun mit einem Stacheldraht drauf“ sowie einen Hund, damit niemand von außen eindringen könne, also zum Schutz der Jugendlichen.

Keine Einwände der Juristen

Er selbst sei „gelernter Bauer aus dem Waldviertel“ und kein Jurist: „Ohne rechtliche Abklärung der Fachabteilung hätte es von mir nie eine Zustimmung gegeben.“ Von den Juristen habe es aber keine Einwände gegeben. Sein Wunsch war eine Inbetriebnahme von Drasenhofen „so schnell wie möglich, möglichst noch im November“, sagte Waldhäusl und legte dazu Besprechungsnotizen seines Büroleiters vor.

Waldhäusls Aussage untermauerte die Betreiberin einer Tankstelle in Sehweite der Unterkunft. Sie berichtete von täglichen Besuchen von im Quartier untergebrachten Geflüchteten im Shop. Nach ihrer Wahrnehmung seien die Jugendlichen nicht einsperrt gewesen, vielmehr habe sogar eine Aufsicht gefehlt. „Die sind frei umhergegangen, die Burschen.“

Latente, aber keine akute Gefahr

Laut einer Sozialarbeiterin der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Mistelbach, die die Einrichtung 2018 überprüfte, habe damals eine latente, aber keine akute Kindeswohlgefährdung bestanden. „Die Grundbedürfnisse waren gesichert“, betonte die Zeugin. Gefehlt habe aber etwa ein Konzept für psychologische Betreuung. Die Hygiene im Quartier sei „nicht super sauber“ gewesen, es habe aber auch keine größeren Beanstandungen gegeben.

ABD0039_20181130 – DRASENHOFEN – …STERREICH: ++ THEMENBILD ++ ZU APA0286 VOM 30.11.2018 – Ein FlŸchtling und ein Security aufgenommen am Freitag, 30. November 2018, im Asyl-Quartier fŸr auffŠllige und unbegleitete MinderjŠhrige in Drasenhofen (Bezirk Mistelbach). – FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER
APA/Helmut Fohringer
Ob die jugendlichen Flüchtlinge das Quartier jederzeit verlassen konnten oder nicht, ist nach wie vor strittig

Zuversichtlich zeigte sich zuletzt auch Waldhäusl-Anwalt Manfred Ainedter. Aus seiner Sicht habe sich im Laufe des Prozesses „ganz gut herausgestellt“, dass von einem Amtsmissbrauch „keine Rede sein kann“. Die Unterkunft sei sauber und in Ordnung gewesen, so Ainedter. Und der Stacheldraht „war zwar nicht schön“, aber könne niemals die Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs rechtfertigen.

Neben Waldhäusl ist auch eine ehemalige Landesbedienstete angeklagt, die sich bisher ebenfalls nicht schuldig bekannte. Ihr wird neben Amtsmissbrauch auch Fälschung eines Beweismittels und Verleumdung vorgeworfen, weil sie im Ermittlungsverfahren eine E-Mail unvollständig vorgelegt und so den Verdacht auf ihren Vorgesetzten gelenkt haben soll. Im Falle einer Verurteilung drohen beiden bis zu fünf Jahre Haft.