Chronik

Vorgetäuschte Impfungen: Drei bedingte Haftstrafen

Ein Prozess mit 15 Angeklagten um Coronavirus-Scheininjektionen im Landesimpfzentrum St. Pölten hat am Donnerstag mit bedingten Haftstrafen wegen Beweismittelfälschung für den Hauptangeklagten und zwei Vermittler geendet.

Vorgänge im Impfzentrum in der Landeshauptstadt wurden am Donnerstag am Landesgericht St. Pölten juristisch aufgearbeitet. Ein 58-Jähriger wurde – auch wegen Drogendelikten – zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Ein 43- und ein 48-Jähriger erhielten drei bzw. fünf Monate bedingt. Mehreren Nutznießern der Scheininjektionen wurde eine Diversion angeboten. Die Entscheidungen des Gerichts sind nicht rechtskräftig.

Der 58-jährige ehemalige Krankenpfleger soll seit Ende 2021 Injektionen vorgetäuscht und damit mehreren Personen zu gefälschten Nachweisen im elektronischen Impfpass verholfen haben. Der Wunsch „ist an mich herangetragen worden“, die 150 bis 200 Euro pro Scheininjektion „waren schon verlockend“, meinte der frühere Mitarbeiter des Impfzentrums, der sich schuldig bekannte. War ein Vermittler involviert, habe dieser 50 Euro erhalten.

Handzeichen als Erkennungsmerkmal in Impfzentrum

Als Erkennungsmerkmal im Impfzentrum diente ein Handzeichen oder ein auf den Handballen gezeichneter Kreis. Er habe das Serum in den Mistkübel gespritzt und die Personen mit der Nadel gestochen, erzählte der 58-Jährige. Mit einer Unterschrift bestätigte er eine erfolgte Injektion, die daraufhin in den elektronischen Impfpass eingetragen wurde. Der 58-Jährige war am 15. Jänner nach einem anonymen Hinweis mithilfe einer Videokamera auf frischer Tat ertappt worden, er hat inzwischen Job und Wohnung verloren. „Es tut mir leid“, meinten der Angeklagte ebenso wie die beiden mutmaßlichen Vermittler zu den Vorwürfen.

Beschuldigt waren insgesamt zehn männliche und fünf weibliche Angeklagte im Alter von 16 bis 58 Jahren. Zehn der zwölf Personen, die laut Staatsanwaltschaft zum Schein geimpft wurden, waren geständig. Als Grund wurde mehrheitlich Druck vom Arbeitgeber bzw. vom sozialen Umfeld genannt, manche gaben auch Angst vor Spritzen an. Bei einigen Personen ging es um zwei Termine. Neun Angeklagte erklärten sich mit einer Diversion im Ausmaß von 30 bis 50 Stunden an gemeinnützigen Leistungen bzw. Geldbußen in Höhe von 1.200 bis 4.000 Euro einverstanden. Bei einer Jugendlichen soll das Verfahren für eine Probezeit von einem Jahr zurückgestellt werden. Mehrere Angeklagte haben sich inzwischen tatsächlich impfen lassen.

Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab

Der Hauptbeschuldigte wurde auch wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften und Dealens mit Kokain verurteilt. Bewährungshilfe wurde angeordnet und die Weisung zur Drogenberatung erteilt. Er nahm das Urteil an. Ein 43-jähriger Wiener, der Bekannte und Verwandte für Scheinimpfungen vermittelt haben soll, erhielt drei Monate bedingt. Ein 48-Jähriger aus dem Bezirk St. Pölten bekam fünf Monate auf Bewährung. Die Männer erbaten Bedenkzeit. Die Staatsanwaltschaft gab jeweils keine Erklärung ab.

Ein Paar bekannte sich nicht schuldig. Ob die beiden Angeklagten tatsächlich oder nur zum Schein geimpft wurden, war laut Landesgericht St. Pölten in der am Donnerstag gezeigten Videoaufnahme nicht eindeutig. Deshalb wurde das Verfahren zur Einvernahme eines Zeugen und zur allfälligen Einholung eines Gutachtens ausgeschieden.

Dass keine Schuldsprüche zum Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten erfolgten, erklärte der Einzelrichter mit der jüngsten Judikatur des Obersten Gerichtshofes (OGH). Demnach setze Strafbarkeit eine Infektion voraus, und das sei im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall gewesen.