Gericht

Prozess gegen Jugendheim-Geschäftsführer startet

Der ehemalige Geschäftsführer der Therapeutischen Gemeinschaften (TG) in Niederösterreich muss sich am Donnerstag am Landesgericht Wr. Neustadt wegen Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses verantworten. Ihm drohen bis zu drei Jahre Haft.

Angelastet werden dem Angeklagten sexuelle Übergriffe an einem jugendlichen Opfer. Entsprechende Angriffe sollen teils mehrmals wöchentlich stattgefunden haben, so die Anklage. Dabei ist sich der Beschuldigte Gerichtsangaben zufolge „seiner Stellung zunächst als Betreuer und später als Psychotherapeut und der emotionalen sowie psychischen Abhängigkeit des Opfers von ihm bewusst“ gewesen. Der Tatzeitraum wurde vom Landesgericht Wr. Neustadt mit Sommer 2009 bis Ende 2017 angegeben.

Die Causa beschäftigte die Ermittlungsbehörden über Jahre hinweg. Publik geworden waren die angeblichen Missstände in einer Jugend-Wohneinrichtung der TG im Dezember 2017. Wenig später wurde durch den damaligen Landesrat und heutigen Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl (SPÖ) eine Sonderkommission eingesetzt. In deren Endbericht wurden Versäumnisse aufseiten des Landes und der TG festgestellt – mehr dazu in Weitere Vorwürfe gegen Jugendheim (noe.ORF.at, 9.12.2017).

Weitere Ermittlungen eingestellt

Bei der Präsentation der Ergebnisse im März 2018 war von „gravierenden Missständen“ beim privaten Träger die Rede, genannt wurden etwa der Einsatz von nicht ausreichend qualifiziertem Personal und mangelnde Gegenleistung für die zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel des Landes. Details wurden allerdings nicht bekanntgegeben.

Ebenfalls im März 2018 waren drei TG-Standorte in den Bezirken Wr. Neustadt, Krems und Hollabrunn geräumt und insgesamt 16 Kinder und Jugendliche in anderen Einrichtungen untergebracht worden. Infolge der Schließung konnte die TG Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen und schlitterte in die Insolvenz.

Von der Anklagebehörde wurden mehrere Ermittlungsstränge eingestellt – mehr dazu in Jugendheime: Ermittlungen eingestellt (noe.ORF.at; 21.2.2022). Dazu zählten u.a. die Vorwürfe der Körperverletzung, des Quälens und Vernachlässigens wehrloser Personen, der Untreue sowie des Betrugs. Drei der Vereine forderten daraufhin Schadenersatz.