Unter „Immateriellem Kulturerbe“ versteht die UNESCO verschiedenste Künste, gesellschaftliche Praktiken, Bräuche, Feste, Naturwissen oder Handwerkstechniken, die von Menschen ausgeübt, weitergegeben und weiterentwickelt werden.
Niederösterreich hat diesbezüglich viel zu bieten – das beweisen auch die vier Neuzugänge aus dem Bundesland: die Weinviertler Kellerkultur, die Wallfahrt der Goldhauben- und Trachtengruppen des Mostviertels, die traditionelle Bewässerung in der Steinfeldgemeinde Theresienfeld (Bezirk Wiener Neustadt) und der Zunfttag der Fleischhauer- und hauerinnen sowie der Liebfrauenbruderschaft in Gars am Kamp (Bezirk Horn).
Die Weinviertler Kellerkultur
Mit der Weinviertler Kellerkultur hat sich eine spezielle Form des gesellschaftlichen Zusammenlebens entwickelt, heißt es von der UNESCO. Wesentlich ist das Zusammenkommen von Menschen in Presshäusern und Kellern. Die Traditionen reichen vom „Köllamaunn“ (Kellermann) über die „Köllastund“ (Kellerstunde) und die „Köllapartie“ (Kellerpartie) bis hin zur „Köllajausn“ (Kellerjause).
Wallfahrt der Goldhauben- und Trachtengruppen
Seit mehr als 60 Jahren findet am 15. August die jährliche Wallfahrt der Goldhauben- und Trachtengruppen des Mostviertels in einem jeweils anderen Ort der Gegend statt. Höhepunkt ist der feierliche Einzug der 1.000 Wallfahrer und Wallfahrerinnen in die Kirche mit anschließendem Festgottesdienst und Segnung der mitgebrachten Kräuter und der Wallfahrkerze. Die Wallfahrt gilt als wichtiges spirituelles wie auch soziales Ereignis.
Traditionelle Bewässerung in Theresienfeld
In der Steinfeldgemeinde Theresienfeld werden durch das künstlich angelegte Bewässerungssystem des sogenannten „Tirolerbaches“ bis heute Gärten und Hausäcker nach festen Regeln und Techniken bewässert. Ende Oktober wird das Wasser abgedreht, am ersten Aprilsonntag wieder aufgedreht. Die Wassergenossenschaft räumt, säubert und kontrolliert dabei die Anlage und überwacht die gerechte Wasserverteilung.
Zunfttag der Fleischhauer in Gars am Kamp
Trotz formeller Aufhebung der Zünfte werden in Gars am Kamp weiterhin kulturelle Praktiken wie der Zunfttag, die Ehrenkranz- und Ehrensiegelverleihungen, die Verleihung des Goldenen Ehrenrings und die Fronleichnamsprozession mit dem Vorantragen der Zunftfahne ausgeübt. Diese Praktiken sowie das bis heute weitergetragene Wissen um das Handwerk haben nach wie vor eine wichtige soziale, ökonomische und ökologische Bedeutung.