Rudolf Striedinger und Ministerin Tanner bei der Angelobung
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Chronik

Striedinger: „Landesverteidigung stärken“

Seit Donnerstag ist Rudolf Striedinger offiziell Generalstabschef des österreichischen Bundesheeres. In seiner Amtszeit will er sich – auch wegen des Ukraine-Krieges – „auf die militärische Landesverteidigung konzentrieren und diese stärken“.

Bei einem militärischen Festakt in der Maria-Theresien-Kaserne in Wien wurde der Niederösterreicher am Donnerstag von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) mit der neuen Funktion betraut. Striedinger folgt General Robert Brieger nach, der seit Mai Vorsitzender des Militärausschusses der EU ist, und ist damit nun der mächtigste Mann im Heer.

Der 61-Jährige ist seit 20 Jahren in Führungspositionen des Bundesheeres. Von 2011 bis 2016 war er Militärkommandant in Niederösterreich, zuletzt Leiter der Generalstabsdirektion sowie stellvertretender Generalstabschef.

Mit seinen Auftritten im Tarnanzug als Co-Vorsitzender der Gecko-Kommission sorgte er für Gesprächsstoff. Nun startet Striedinger in einer komfortablen Situation in sein neues Amt, denn das Heeresbudget wurde erst kürzlich erhöht. Striedinger wohnt in Niederösterreich, ist verheiratet und Vater von sechs Kindern. Sein erstes Interview in seiner neuen Funktion gab er am Donnerstag in „Niederösterreich heute“.

Rudolf Striedinger und Thomas Birgfellner beim Interview
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„NÖ heute“-Moderator Thomas Birgfellner führte das erste Interview mit Rudolf Striedinger in seiner neuen Funktion als Generalstabschef

noe.ORF.at: Das Bundesheer bekommt mehr Geld. Inwiefern wird man das auch in Niederösterreich zu spüren bekommen, in den Kasernen und bei der Ausrüstung?

Rudolf Striedinger: Insbesondere durch die Verhandlungsführung unserer Bundesministerin haben wir nunmehr die Möglichkeit deutlich mehr finanzielle Mittel zu bekommen, die wir natürlich auch in Niederösterreich verwenden wollen. Das geht in erster Linie in die Mobilität der Truppen, in den Schutz der Soldaten, in die Waffenwirkung der Soldaten und auch in die Infrastruktur der Kasernen – nach dem Prinzip, das unsere Autarkie sichergestellt werden muss, unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit.

noe.ORF.at: Inwieweit hat der Krieg in der Ukraine die Verteidigungs- und Militärstrategie des Bundesheeres in Österreich verändert? Es gibt ja auch Befürchtungen, dass Österreich nicht mehr so sicher sein könnte, wie es früher war.

Striedinger: Die Fähigkeit des österreichischen Bundesheeres richtet sich unter anderem auch nach den Mitteln, die zur Verfügung gestellt werden. Die waren in den letzten Jahren rückläufig. Deswegen haben wir uns auf Kernkompetenzen und auf die aktuellen Aufgabenstellungen des Bundesheeres konzentriert. Der Krieg in der Ukraine hat sehr viel verändert wie wir wissen. Das führt automatisch auch dazu, dass wir uns wieder auf die militärische Landesverteidigung konzentrieren und diese stärken müssen.

noe.ORF.at: Aber wir sind nach wie vor sicher?

Striedinger: Absolut sicher, ja.

noe.ORF.at: Sie haben schon die Kernkompetenzen angesprochen. Das ist natürlich die Landesverteidigung. Das Bundesheer rückt aber auch aus, wenn es beispielsweise zu Naturkatastrophen kommt und hat viele, weitere Aufgaben. Was würden Sie sagen ist die Hauptaufgabe des österreichischen Bundesheeres, jetzt auch in Ihrer Amtszeit?

Striedinger: In meiner Amtszeit wird es die sein, dass wir die militärische Landesverteidigung wieder in den Vordergrund rücken, weil auch dafür die finanziellen Mitteln zur Verfügung gestellt werden. Natürlich – und das hat insbesondere auch die Pandemie gezeigt – hat das Bundesheer in den letzten zweieinhalb Jahren extrem viele Leistungen erbracht. Der positive Effekt dabei ist, dass der Vertrauensindex in das Bundesheer deutlich gestiegen ist. Die Bevölkerung signalisiert uns, dass sie wertschätzt, was wir tun. Wir müssen aber aufpassen, dass wir dabei unsere Kernkompetenz, die militärische Landesverteidigung, nicht verlieren.

noe.ORF.at: Welche Ziele haben sie in puncto Grundwehrdienst. Es gibt ja viele junge Männer, die sich für den Zivildienst entscheiden. Auf der anderen Seite gibt es immer mehr Jugendliche, die untauglich sind – mittlerweile ein Fünftel der Menschen, die zur Musterung kommen.

Striedinger: Die Stellung ist ein wertvolles Instrument, um zu unterscheiden, wer tauglich ist und wer nicht. Wir haben aber, um die Anzahl der Grundwehrdiener und Wehrpflichtigen zu erhöhen, die Teiltauglichkeit eingeführt. Das ist die eine Seite. Wir machen aber auch deutliche Schritte in Richtung Attraktivierung des Grundwehrdienstes, insbesondere um die Soldatinnen und Soldaten dazu zu motivieren, wieder verstärkt in die Miliz zu gehen.

Rudolf Striedinger
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Bei Verfehlungen innerhalb des Bundesheeres, etwa sexuellen Übergriffen, will Striedinger künftig härter durchgreifen

noe.ORF.at: Das Bundesheer war zuletzt negativ in den Schlagzeilen – aufgrund eines Soldaten, der sich in SS-Uniform beim Hitlergruß gezeigt haben soll. Was ist da Ihr Signal, um so etwas künftig zu verhindern?

Striedinger: Wir waren sehr überrascht, dass es nicht zu einer Entlassung dieses Unteroffiziers gekommen ist. Die Bundesministerin hat klar festgestellt, dass es hier eine Null-Toleranz-Politik innerhalb des Heeres gibt. Es gibt ja nicht nur diesbezüglich Verfehlungen, wir haben auch teilweise Probleme mit sexuellen Übergriffen. Da gibt es überhaupt gar kein Pardon. Da wird die Strenge und die Härte des strafrechtlichen Gesetzes, aber auch des Disziplinargesetzes in Zukunft wesentlich stärker in den Vordergrund rücken.

noe.ORF.at: Kommen wir noch zum Thema Corona – Sie sind ja auch Co-Chef der Gecko-Kommission. Die empfiehlt schon seit einigen Wochen das Tragen von FFP2-Masken. Der Gesundheitsminister hat sich gestern gegen eine FFP2-Maskenpflicht im Supermarkt und in Öffis ausgesprochen. Wie stehen Sie dazu?

Striedinger: Wir, in der Gecko-Kommission, haben beschlossen, dass wir die Empfehlung aussprechen werden, dass auf freiwilliger Basis die Bevölkerung vermehrt wieder FFP2-Masken tragen soll. Es ist aber so, dass wir noch weit davon entfernt sind, zu einer Verpflichtung greifen zu müssen. Derzeit zeigen die Zahlen wieder in die richtige Richtung.