Verkehr

St. Pölten drängt weiter auf Bau von S34

Im Streit um die Traisental-Schnellstraße S34 erheben die Stadt St. Pölten und ein Strafrechtsexperte massive Vorwürfe gegen Ministerin Leonore Gewessler (Grüne). Sollte der S34 eine Absage erteilt werden, laufe Gewessler Gefahr, Amtsmissbrauch zu begehen.

Umwelt- und Verkehrsministerin Gewessler hatte im Dezember bekanntgegeben, dass die S34 nicht in geplanter Form, sondern redimensioniert kommen werde. Einen konkreten Plan gebe es bis heute nicht, Gewessler habe bisher keine Alternativen präsentiert, so die Kritik von St. Pöltens Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ).

„Wir wissen nicht, was ihre Alternativen sind, ob es überhaupt welche gibt oder ob das Ganze nur auf die lange Bank geschoben wird und sozusagen auch dem Gesetz nicht entsprochen wird. Und ob es einem jetzt passt, oder nicht: Gesetze sind einzuhalten“, so Stadler.

Stadler und Birklbauer
ORF
Bürgermeister Stadler und Jurist Alois Birklbauer bei der Pressekonferenz

„Keine ökologische, sondern rechtliche Entscheidung“

Seit 2010 sehe das Gesetz die S34 als Projekt vor, das umzusetzen ist, sobald die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen erfüllt sind. Mit der positiven Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und dem positiven naturschutzrechtlichen Bescheid seien diese Bedingungen bereits erfüllt, sagte der Universitätsprofessor für Strafrecht an der Universität Linz, Alois Birklbauer, in der Pressekonferenz. Dem Verfahren komme keine aufschiebende Wirkung mehr zu.

Auch beim niederösterreichischen Straßendienst hieß es vor wenigen Tagen dazu, Alternativen zu bisherigen Planungen der S34 seien keine bekannt – mehr dazu in S34: Gerichtsurteil stärkt Befürworter (noe.ORF.at; 19.10.2022). Bisher wurde dem Projekt aber offiziell keine Absage erteilt, es war immer von einer Redimensionierung die Rede.

„Wenn die S34 nicht gebaut werden soll, braucht es eine Änderung des Bundesstraßengesetzes. Das ist Aufgabe des Nationalrates und des Bundesrates. Das heißt, Ministerin Gewessler kann von dem Projekt nicht weg, es bräuchte dazu erst einen Gesetzesbeschluss“, so Birklbauer. Und weiter: „Das ist keine ökologische Entscheidung, sondern eine rechtliche. Wenn sie untätig bleibt, läuft sie Gefahr, Amtsmissbrauch zu begehen.“ Gewessler sei „als Beamtin verpflichtet (qua ihres Amtes, Anm.), entsprechend den Gesetzen zu handeln“, so der Universitätsprofessor.

Stadler: „Ausbau der S34 für Süden notwendig“

Laut Bürgermeister Stadler ist das Projekt ohne Zweifel notwendig für die Stadt: „Wir sind Landeshauptstadt geworden, und ich erwarte mir, dass die Verkehrsinfrastruktur nachziehen wird, sonst wird es die eigene Bevölkerung büßen.“ Sollte die S34 nicht gebaut werden, „werden die St. Pöltnerinnen und St. Pöltner den Verkehr noch stärker spüren“, so Stadler weiter.

S34 Bau
ASFINAG
Eine Visualisierung der S34 in ihrer alten Form, die nicht umgesetzt wird

Alle Flächenwidmungen, alle Bebauungspläne im Süden der Stadt seien darauf ausgerichtet, dass das Verkehrsnetz weiter ausgebaut wird. Als Konsequenz könne man im Fall einer Absage des Projekts hier keinen größeren Betrieb mehr ansiedeln und kein Wohnbauprojekt mehr realisieren, so der Bürgermeister bei der Pressekonferenz. Rund 200 Millionen Euro seien für das Projekt in St. Pölten bereits projektiert worden.

Ministerium: „S34 wird nicht in geplanter Form umgesetzt“

Aus dem Ministerium heißt es dazu in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber noe.ORF.at: „Die S34 wird nicht in der geplanten Form umgesetzt. Im letzten Dezember wurde ein neues ASFINAG-Bauprogramm beschlossen, das vorsieht, einzelne Straßenprojekte, die besonders schädlich für das Klima und die Umwelt sind, nicht mehr weiterzuverfolgen. Selbstverständlich wird hierbei immer auf Basis aller rechtlichen Grundlagen gehandelt.“

Das Ministerium sagt, dass es auch das Land Niederösterreich zu einer gemeinsamen Planung von Alternativen eingeladen habe. Die S34 sollte in der ersten Planung im Westen der Landeshauptstadt beginnen und bis Wilhelmsburg (Bezirk St. Pölten) führen. Entlang der geplanten Trasse gibt es seit Jahren Widerstand von Anrainerinnen und Anrainern sowie von Landwirtinnen und Landwirten. Das Projekt wurde bereits mehrfach evaluiert, Gegnerinnen und Befürworter liefern sich seit Jahren einen heftigen Schlagabtausch um den Bau.