jüdischer Friedhof Klosterneuburg
ORF / Steindl
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Kultur

Mit Boden-Radar auf Gräbersuche

Der jüdische Friedhof in Klosterneuburg ist saniert. Nun liegt das Augenmerk des Komitees zur Erhaltung des Friedhofes auf der Erforschung der hebräischen Inschriften und dem Aufspüren weiterer Gräber mit Boden-Radarmessung.

Die 281 Grabsteine des jüdischen Friedhofes, den die kleine jüdische Gemeinde im 19. Jahrhundert errichten ließ, stehen nun wieder aufrecht und sicher, der Efeubewuchs wurde entfernt. Einige Leerstellen sind eingezäunt. Hier vermuten die Ehrenamtlichen Mitglieder des Komitees zur Erhaltung des Friedhofes weitere Grablegungen. Sie sollen mit Hilfe einer Bodenradarmessung aufgespürt werden. Sobald ein Gerät verfügbar ist, soll ein Geophysiker mit Bodenradar nach beerdigten Gebeinen, die keinen Grabstein (mehr) haben.

Die zweite große Aufgabe liegt in der Erforschung der hebräischen Inschriften auf den Grabsteinen. Deren Inhalt deckt sich nur selten mit den deutschen Texten, die ebenfalls in die Steine geschlagen sind. Hier geht es auch um das Herausfinden von Angehörigen und Hinterbliebenen, erklärt Heinz Schratt, der Obmann des Komitees.

Die Willkür der Namensgebung

Neben einem säkularen Namen hatten und haben die meisten Jüdinnen und Juden einen abweichenden hebräischen Namen. Oft gibt es Ähnlichkeiten – meist ein identischer Anfangsbuchstabe, wie zum Beispiel Moritz statt Moses, um etwa im Alltag nicht als Jüdin oder Jude erkennbar zu sein.

Der vollständige hebräische Name setzt sich aus dem Vornamen und einem Patronym zusammen, weshalb Nachnamen wie „Beinhacker“, „Erber“ oder „Fleischmann“ in der hebräischen Grabinschrift oft gar nicht ersichtlich sind. Dort wird lediglich der Name des Vaters vermerkt (z.B. Moses, Sohn des Menachem, statt Moritz Weiss).

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Die 281 Grabsteine des jüdischen Friedhofes stehen nun wieder aufrecht
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Die Sanierung ist abgeschlossen
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Eine große Aufgabe liegt nun in der Erforschung der hebräischen Inschriften auf den Grabsteinen
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Weitere Gräber sollen zudem mit Bodenradarmessgeräten aufgespürt werden
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Die kleine jüdische Gemeinde errichtete den Friedhof im 19. Jahrhundert

Geschichte des jüdischen Friedhofes in Klosterneuburg

Üblicherweise wurden verstorbene Klosterneuburger Juden und Jüdinnen am Friedhof in Wien Währing bestattet. Doch in der Cholera-Epidemie des Jahres 1873 – dem Jahr der Wiener Weltausstellung – war eine Überführung wegen der strikten Hygiene-Vorschriften nicht gestattet. Deshalb beschloss der Klosterneuburger Bethausverein den Ankauf eines Grundstücks zur Errichtung eines eigenen Friedhofs.

Heute ist das Areal im Besitz der Israelitischen Kultusgemeinde Wien. Nach den Aufzeichnungen der Kultusgemeinde sind hier etwa 650 Personen bestattet. Der Friedhof ist noch aktiv. Die bislang letzte Belegung fand 2007 statt (Cäcilie Lauber). Auf vielen Grabsteinen befinden sich kleine Steine, die bezeugen, dass es Nachkommen oder zumindest Menschen gibt, die sich an diese Personen erinnern.

Österreich seit zwölf Jahren um Erhaltung bemüht

Im Dezember 2010 wurde der Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich eingerichtet, um die im „Washingtoner Abkommen“ vereinbarte völkerrechtliche Verpflichtung Österreichs zur Restaurierung und Erhaltung bekannter und unbekannter jüdischer Friedhöfe in Österreich umzusetzen.

Insgesamt konnte der Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich (Friedhofsfonds) bislang 57 Sanierungsprojekte auf 16 jüdischen Friedhöfen im gesamten Bundesgebiet fördern und begleiten, schreibt der Fond auf Anfrage von noe.ORF.at.

Es wurden Fördermittel des Bundes in Höhe von rund 9,7 Millionen Euro bewilligt. Davon wurden 2,43 Millionen Euro für 19 Projekte auf acht jüdischen Friedhöfen in Niederösterreich aufgewendet. In Niederösterreich trägt zudem das Land 25 Prozent der anfallenden Sanierungskosten.