Wissenschaft

Seibersdorfer Samen auf dem Weg ins All

Am Montag sind Pflanzensamen aus Seibersdorf (Bezirk Baden) ins All geschickt worden. Sie sollen in einigen Monaten zurück auf die Erde kommen und in einem Labor wachsen. Das Ziel sind widerstandsfähige und dem Klimawandel gewachsene Nutzpflanzen.

Am Montag startete der unbemannte Frachter vom NASA-Weltraumbahnhof „Wallops Flight Facility“ auf einer Insel vor dem US-Bundesstaat Virginia ins All. Der Absender sind die in Wien ansässige Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) und die Welternährungsorganisation FAO.

Unter den wissenschaftlichen Experimenten, die auf die Raumstation gebracht werden, sind auch Samen der Sorghumhirse sowie der in der Genetik häufig untersuchten Ackerschmalwand (Arabidopsis). Erstere wird als Nahrungsmittel für Mensch und Tier sowie zur Erzeugung von Bioethanol genutzt.

Die Samen stammen aus Seibersdorf und sollen nach mehreren Monaten im All wieder in Seibersdorf am „Joint FAO/IAEA Centre of Nuclear Techniques in Food and Agriculture“ zum Wachsen gebracht und untersucht werden, so die IAEA in einer Aussendung. Die Atomenergiebehörde unterhält seit 1962 Laboratorien für verschiedene nukleare Anwendungen in Niederösterreich.

Pflanzensamen in und außerhalb der Raumstation

Die IAEA und die FAO stoßen mit der Hilfe von radioaktiver Strahlung seit Jahrzehnten Veränderungen im Erbgut von Nutzpflanzen an. Erweisen sich solche Mutationen als vorteilhaft, kann man in der Folge auf neue Saatgut-Varianten zurückgreifen. Bis dato seien auf Basis dieser „Mutagenese“-Forschung über 3.400 Varianten in mehr als 210 Pflanzenarten entwickelt worden, die in mehr als 70 Ländern auch kommerziell eingesetzt werden, so die IAEA.

Diesen Ansatz verfolgt man nun auch mit den Samen aus den Seibersdorfer Laboratorien, die auf die ISS geschickt wurden. Sie werden den harschen Bedingungen unter erhöhter kosmischer Strahlung, niedrigen Temperaturen und bei reduzierter Erdanziehung drei bis vier Monate lang ausgesetzt – in- und außerhalb der Raumstation. Zurück auf der Erde werden sie dann gezüchtet und auf neue, vielversprechende Eigenschaften hin untersucht, die die Extrembedingungen im Erbgut hervorgebracht haben.

Experiment könne „Durchbrüche“ bringen

Die neuen Planzenvarianten „aus dem All“ könnten künftig dabei helfen, widerstandsfähigere Nutzpflanzen zur Anpassung an den Klimawandel hervorzubringen, heißt es. Es gehe aber auch darum, mehr darüber herauszufinden, wie sich die Weltraumbedingungen über längere Zeit auswirken können bzw. wie sich die Ergebnisse der erstmals seitens der IAEA und der FAO durchgeführten „Weltraum-Mutagenese“ von jenen auf der Erde unterscheiden.

Das Experiment könne „Durchbrüche“ bei der Anpassung an den Klimawandel und zur Verbesserung der Nahrungsmittelsicherheit bringen, so IAEA-Generaldirektor Rafael Mariano Grossi. Die Erkenntnisse werde man Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern frei zugänglich zur Verfügung stellen.